Jette Nietzard will nicht erneut für das Amt der Co-Bundessprecherin der Grünen Jugend kandidieren. Das teilte die 26-Jährige in einer Videobotschaft bei Instagram mit. Eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger für das Führungsamt der Grünen Jugend soll beim Bundeskongress der Jugendorganisation Mitte Oktober gewählt werden. Bis dahin will Nietzard im Amt bleiben.

Seit Oktober 2024 im Amt

„Ich habe die letzten neun Monate versucht, eine linke Hoffnung, eine linke Stimme in den Grünen zu sein“, sagte sie in dem Video. Das sei „nicht immer auf Gegenliebe gestoßen“. Deshalb ziehe sie nun die Konsequenzen. Parteimitglied und auch Mitglied der Grünen Jugend wolle sie weiterhin bleiben.

Gemeinsam mit ihrem Co-Bundessprecher Jakob Blasel ist Nietzard im Oktober 2024 gewählt worden. Der vorige Vorstand war zuvor geschlossen zurückgetreten und hatte angekündigt, die Partei zu verlassen. Grund für diesen Schritt sei eine Entfremdung von den Grünen gewesen, bei denen es „mittelfristig keine Mehrheiten (…) für eine
klassenorientierte Politik gibt“, hieß es.

Die Beziehung zwischen Jugendorganisation und Partei blieb auch unter Führung von Nietzard und Blasel angespannt. Mit ihrem Auftreten in den sozialen Medien hatte Nietzard während ihrer Amtszeit mehrfach für Kritik gesorgt – auch aus den Reihen der Grünen. Zugleich schlugen ihr öffentliche Anfeindungen entgegen.

Kritik aus der eigenen Partei

Ein Bild von ihr in einem Pullover mit dem Kürzel „ACAB“, das Nietzard auf ihrem privaten Instagram-Kanal teilte, löste im Mai heftige Kritik aus. „ACAB“ steht für „All Cops Are Bastards“. Auch innerhalb der Grünen zeigten viele Unverständnis. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried
Kretschmann forderte Nietzard gar zum Parteiaustritt auf. „Ich verstehe
überhaupt nicht, was die bei uns will“, sagte der Grünenpolitiker.

© Lea Dohle

Newsletter
Was jetzt? – Der tägliche Morgenüberblick

Vielen Dank! Wir haben Ihnen eine E-Mail geschickt.

Prüfen Sie Ihr Postfach und bestätigen Sie das Newsletter-Abonnement.

Grünenchef Felix Banaszak bezeichnete Nietzards Beurteilung der Polizei als „inakzeptabel“. Bei den Grünen sei
falsch, wer nicht kapiere, dass die Polizei auch Grünen-Werte
verteidige, sagte Cem Özdemir, der die Nachfolge von Kretschmann antreten will.

Anfang Juni entschuldigte Nietzard sich dann für ein von ihr hochgeladenes
Video zum Gazakrieg. In einer bereits geänderten
Version hatte sie Medienberichten zufolge geäußert, seit dem 7.
Oktober 2023 seien „über 50.000 Palästinenser:innen und 1.200 Israelis
bei militärischen Operationen umgekommen“. Nietzard entschuldigte sich. Es sei „nicht
deutlich genug geworden, dass der 7. Oktober ein antisemitischer
Terroranschlag war“, räumte die Grüne Jugend in einem Transparenzhinweis ein.

„Dann ziehe ich eben die Konsequenzen“

In dem knapp dreiminütigen Video kritisierte Nietzard den parteiinternen Umgang mit ihrer Person. „Mal wurde ich in Fraktionssitzungen ausgebuht, mal wurde ich von
Realo-Spitzenpersonal angeschrien, oder von Ministerpräsidenten oder
solchen, die es werden wollten, wurde mein Rücktritt gefordert“, sagte sie in Anspielung auf Kretschmann und Özdemir.

„Ganz ehrlich, das sollte nicht der Alltag von
der Grünen-Jugend-Sprecherin sein“, ergänzt sie. Seit einiger Zeit sei klar, dass sie
„in diesem Bundesvorstand“ der Partei keine Zukunft haben könne. Die 26-Jährige wies auf ständige Anfeindungen hin, unter denen „einfach keine gute Politik entstehen“ könne. 

„Wenn die Parteispitze es nicht schafft, dass diese Anfeindungen enden,
dann ziehe ich eben die Konsequenzen für meinen Jugendverband“, schloss Nietzard. Auch Co-Bundessprecher Blasel macht der Partei nach Nietzards angekündigtem Rückzug Vorwürfe. „Kritik gehört zur Auseinandersetzung. Rechten Schmutzkampagnen Feuer geben aber absolut nicht“, schrieb Blasel auf Instagram.

Statt einer inhaltlichen Auseinandersetzung „haben Menschen aus der eigenen Partei lieber öffentlich auf eine
Einzelperson eingedroschen“. Er habe großen Respekt vor Nietzards Schritt. „Die persönlichen
Anfeindungen, die sie aus den eigenen Reihen erlebt hat, standen der
politischen Auseinandersetzung im Weg“, sagte Basel. Der Bundessprecher fordert eine Aufarbeitung der „unsouveränen Reaktionen“ und „toxischen Empörung“.

Mehr zum Thema

Jette Nietzard:
Betreff: Die wütende junge Frau

Z+ (abopflichtiger Inhalt);

Jette Nietzard:
Jette und die Pullizisten

Z+ (abopflichtiger Inhalt);

Jette Nietzard:
Hinter jedem Aufreger steht eine Debatte, die verschwiegen wird