Liebe Leserin, lieber Leser,
heute
bräuchte ich von Ihnen eine qualifizierte Zweitmeinung: „Goldener
Spaten“ – klingt das für Sie wie eine Anerkennung oder
Beleidigung?
Der
Goldene Spaten ist ein Preis, der in diesem Jahr erstmals in Hamburg
verliehen wird. Anders als bei der Goldenen
Himbeere
oder dem Goldenen
Windbeutel handelt es sich jedoch nicht um einen Negativpreis. Der Goldene
Spaten ist als Ansporn und Auszeichnung gemeint. Dazu gleich mehr.
Zunächst
muss ich Ihnen von Umweltsenatorin Katharina Fegebank (Grüne)
berichten. Die trat gestern im Rathaus vor die Presse und verkündete:
Naturschutzgebiete machten inzwischen knapp mehr als zehn Prozent der
Landesfläche aus. Zehn Prozent, auf diesen Zielwert hatte sich der
Senat im April
2019
mit einer Volksinitiative namens „Hamburgs Grün erhalten“
geeinigt.
Damals sei das ein ambitioniertes Ziel gewesen, sagte die Senatorin.
Aber: Erfolg!
Eine
weniger erfreuliche Nachricht sei, dass rund 31 Prozent der
Landesfläche versiegelt sind, also gepflastert, asphaltiert oder
bebaut. Diesen Wert hat die Umweltbehörde ermittelt, indem sie
Luftaufnahmen anfertigen und diese automatisch mit einem neuen
technischen Verfahren auswerten ließ, das ab sofort einmal pro Jahr
zum Einsatz kommen soll.
Bekanntlich
haben Grünflächen gegenüber versiegelten Flächen einige Vorteile:
Sie sorgen an Hitzetagen für etwas Abkühlung, halten bei Starkregen
das Wasser zurück und bieten einen Lebensraum für Insekten und
andere Tiere. Nebenbei erhöhen sie oft die Aufenthalts- und
Lebensqualität der Menschen.
© ZON
Newsletter
Elbvertiefung – Der tägliche Newsletter für Hamburg
Vielen Dank! Wir haben Ihnen eine E-Mail geschickt.
Prüfen Sie Ihr Postfach und bestätigen Sie das Newsletter-Abonnement.
Deshalb
lobt die Umweltbehörde den Goldenen Spaten aus. Vergeben wird er an
denjenigen Bezirk, der in diesem Jahr die meisten Bodenflächen
entsiegelt. Noch bis zum 31. Oktober läuft der Wettbewerb, an dem
sich auch einzelne Stadtteile, Unternehmen und Privatpersonen
beteiligen können. Neben dem Goldenen Spaten wird auch die Goldene
Gießkanne verliehen. Mehr
Infos dazu hier.
Bleibt
nur ein Problem: Asphaltflächen sind pflegeleicht. Ein Park hingegen
braucht etwas Zuneigung, wenn er in Form bleiben soll. Die Bezirke
aber litten unter „massiver Unterfinanzierung“, sagte gestern
Sandro Kappe, der umweltpolitische Sprecher der CDU. Wenn der Senat
ernsthaft mehr Grünflächen in der Stadt wolle, müsse er den
Bezirken mehr Geld geben, um Grünanlagen zu pflegen.
Was
erwidert Umweltsenatorin Fegebank? „Das haben wir total im Blick!“
Sie wolle in den nächsten Haushaltsverhandlungen für mehr Geld
eintreten. Vielleicht hat sie dann eine Goldene Gießkanne zur Hand.
Ich
wünsche Ihnen einen schönen Tag!
Ihr
Oskar Piegsa
WAS HEUTE WICHTIG IST
© Christian Charisius/dpa
Bei
ihrem Besuch am Containerterminal Altenwerder hat
Bundeswirtschaftsministerin
Katherina Reiche (CDU) einen zu
langsamen Ausbau der Infrastruktur in Deutschland kritisiert.
In Hamburg dürfte die Ministerin damit offene Türen einrennen, denn
fast zeitgleich forderten
SPD
und Grüne, die Bundesregierung möge sich in der Finanzierung der
deutschen Seehäfen stärker einbringen. Mindestens 500 Millionen
Euro pro Jahr seien geboten, teilten die Regierungsfraktionen in der
Hamburgischen Bürgerschaft mit. Zuletzt lag der jährliche Zuschuss
des Bundes zu den Seehäfen bei rund 38,3 Millionen Euro.
Das Bundesverkehrsministerium hatte Anfang des Monats bereits
zusätzliche 400 Millionen Euro angekündigt, allerdings gestreckt
über vier Jahre. Außerdem soll dieses Geld nicht allein den
Seehäfen nützen, sondern auch den Binnenhäfen.
Die
Hamburger Polizei will eine Analyse-Software
des amerikanischen Unternehmens Palantir nicht
standardmäßig nutzen. Das sagte gestern ein Sprecher der
Innenbehörde. Das Programm namens Gotham wurde eigens für
Sicherheitsbehörden entwickelt und soll in der Lage sein, Millionen
Daten aus verschiedenen Quellen auszuwerten. Baden-Württemberg,
Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen wollen die Software nutzen.
Kritiker monieren, dass diese Länder sich in ihrer
Sicherheitsinfrastruktur von einem US-Unternehmen abhängig machten,
dessen Gründer, Peter Thiel, ein früher Unterstützer Donald Trumps
war und sich kritisch über die liberale Demokratie äußerte.
Ein
neues Zentrum
für Visuelle Medien soll den kritischen Umgang mit digitalen Bildern
schulen. Das
gaben gestern die Deichtorhallen bekannt, die das Zentrum zu Beginn
des Jahres 2028 eröffnen wollen. Das Ziel sei, dass Schulklassen,
Studierende und weitere Zielgruppen dort ihre Fähigkeiten schulen,
Bilder zu deuten und Manipulationen zu erkennen. Maßgeblich
finanziert wird das Vorhaben von der Zeit Stiftung Bucerius. Die
Leitung übernimmt Nadine Henrich, Kuratorin am Haus der
Photographie. Lesen Sie hier
ein Interview mit Henrich aus dem vergangenen Jahr (Z+).
In aller Kürze
• Die Krimiautorin
Doris
Gercke ist tot.
Die Erfinderin von Bella Block aus der gleichnamigen ZDF-Fernsehserie
starb im Alter von 88 Jahren •
Der
Regisseur Fatih
Akin will seinen Kinofilm „Amrum“ erstmals auf dem Filmfest
Hamburg
zeigen,
das vom 25. September bis 4. Oktober läuft
•
Aus den Polizeimeldungen: Nach den Schüssen
auf das Gebäude des Buchgroßhändlers Libri in Ottensen
sind Täter und Motiv weiter unklar. Zeugenaussagen deuten auf eine
Tatzeit in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag. Und: In der Schützenstraße
in Bahrenfeld hat am Montagabend eine Gewerbehalle
gebrannt
THEMA DES TAGES
© Reilika Landen/plainpicture
„Die
Essenslieferbranche ist ein Labor für Arbeit ohne Rechte“
Der
Marktführer Lieferando entlässt 2.000 Fahrerinnen und Fahrer –
und lagert sein Geschäft stärker auf Subunternehmen aus. Hamburg
ist davon besonders betroffen. Lesen Sie hier einen
Auszug aus einem Interview mit dem Lieferando-Fahrer Matthias
Weidner, geführt von der ZEIT:Hamburg-Redakteurin Annika Lasarzik.
DIE
ZEIT: Herr Weidner, warum sind Sie
Lieferando-Fahrer geworden?
Matthias
Weidner: Ich habe 2015 bei Foodora in
München angefangen, das ist ein Lieferdienst, der 2019 von
Lieferando aufgekauft wurde. Nach meinem Studium war ich eine Weile
arbeitssuchend, dann sah ich einen TV-Beitrag über Essenskuriere.
Ich fand die Vorstellung cool, immer draußen in Bewegung zu sein.
Dass man per App Aufträge bekommt und von A nach B fährt, hatte für
mich fast etwas Spielerisches. Und ich konnte mir die Schichten
flexibel legen. Als ich dann für einen Job im Diversity Management
einer Hochschule in den Norden zog, habe ich immer am Wochenende in
Hamburg weiter Essen ausgeliefert. Das war ein guter Ausgleich zur
Arbeit am PC.
ZEIT:
Sie haben dann einen der ersten Betriebsräte in der Lieferbranche
mitgegründet. Warum?
Weidner:
Es gab von Anfang an Dinge, die mich gestört haben. Wir mussten
unsere Arbeitsmittel – also Rad und Handy – selbst stellen,
bekamen aber keine Verschleißpauschale. Reparaturen, etwa neue
Bremsbeläge, zahlten wir aus eigener Tasche. Schichten wurden über
ein Onlinesystem vergeben, aber ohne Garantie. Fahrer wurden in drei
Leistungskategorien eingeteilt. Die Besten durften sich zuerst
Stunden sichern. Manche blockten dann massenhaft Schichten und
verkauften sie per WhatsApp weiter, was weder kontrolliert noch
unterbunden wurde. So entstand eine Art Schwarzmarkt für Arbeit.
Einen direkten Draht zur Geschäftsführung gab es nicht, Beschwerden
versandeten oft. Deshalb brauchten wir eine Vertretung.
ZEIT:
Wurden die Arbeitsbedingungen nach der Übernahme durch Lieferando
besser?
Weidner:
Teilweise. Lieferando hat den Arbeitsschutz ernster genommen. Vorher
haben manche freiwillig 12, 14 Stunden am Tag gearbeitet, ohne Pause.
Das wurde jetzt deutlich strikter gehandhabt. Es gab
Festanstellungen, keine Scheinselbstständigkeit. Ich dachte damals:
Jetzt sind wir im sicheren Hafen, der Markt hat sich konsolidiert,
und ein Unternehmen mit klaren Standards hat sich durchgesetzt. Umso
bitterer war es zu sehen, dass ausgerechnet Lieferando sich nun von
seinen einst besseren Standards verabschiedet.
Wie
sich die Arbeitssituation inzwischen
entwickelt hat, lesen
Sie weiter in der ungekürzten Fassung auf zeit.de.
DER SATZ
© Carlos Barquero/Getty Images
„Manchmal
bewirken Maßnahmen, die etwa der Staat oder eine Schule ergreift,
genau das Gegenteil. Prävention kann Radikalisierung fördern.“
Warum
radikalisieren sich junge Menschen heute schneller als früher?
Darüber spricht der Islamismus-Experte Michael Kiefer. Er sagt,
welche Rolle soziale Medien spielen – und welche Fehler in Schulen
passieren. Lesen
Sie hier ein Interview mit Kiefer.
DARAUF KÖNNEN SIE SICH FREUEN
In
der Botschaft der Wildtiere findet am Sonnabend eine Lernwerkstatt
statt: Welche Tiere haben welche Spur hinterlassen? Zu welchem Vogel
gehört welcher Gesang? Kinder können an verschiedenen Stationen
diese und andere Fragen zu heimischen Wildtieren erforschen,
beantworten und anschließend ein Zertifikat erhalten. Überhaupt
kann man in der Dauerausstellung die wild lebenden Tiere in der
Großstadt entdecken – und lernen, wie man sie schützen kann.
Wildtierrätsel
in der Botschaft der Wildtiere, 2.8., 10 bis 13
Uhr, Lucy-Borchardt-Straße 2, weitere
Infos hier
MEINE STADT
Sommer in Entenwerder © Christian Senkel
HAMBURGER SCHNACK
Im
ICE nach Hamburg, kurz vor dem Ziel: „Liebe Fahrgäste, wir stehen
hier außerplanmäßig vor dem Hamburger Hauptbahnhof, weil unser
Gleis noch blockiert ist. Der Grund dafür ist, dass im Hamburger
Hauptbahnhof alle Züge verspätet sind – bis auf uns. Aber das hat
sich damit jetzt auch erledigt. Über ihre Anschlussmöglichkeiten
werde ich Sie informieren …“
Gehört
von Björn Platz
Das war
die Elbvertiefung, der tägliche Hamburg-Newsletter der ZEIT. Wenn Sie
möchten, dass er täglich um 6 Uhr in Ihrem Postfach landet, können Sie
ihn hier kostenlos abonnieren.