Die Handelsgespräche in Stockholm enden ohne finale Einigung. Beide Seiten zeigten sich optimistisch, dass der US-Präsident eine Verlängerung der Verhandlungsfrist durchwinkt. Doch schon bald könnte der Streit zwischen den beiden Ländern wieder auflodern.

US-Finanzminister Scott Bessent und Chinas Vizepremierminister He Liefing trafen sich in den vergangenen Tagen zu Verhandlungsgesprächen in Stockholm. US-Finanzminister Scott Bessent und Chinas Vizepremierminister He Liefing trafen sich in den vergangenen Tagen zu Verhandlungsgesprächen in Stockholm.

Imago / Dai Tianfang / www.imago-images.de

US-Präsident Donald Trump soll über eine Verlängerung der Zollpause zwischen China und den USA entscheiden. Das sagte US-Finanzminister Scott Bessent am Dienstagabend nach dem Ende der dritten Verhandlungsrunde in Stockholm. Zuvor hatte Chinas Unterhändler Li Chenggang betont, China und die USA setzten sich für eine weitere Aussetzung der Strafzölle ein.

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Laut Bessent gibt es noch einige verbleibende Fragen, diese seien aber «klein». Eine Verlängerung um weitere 90 Tage sei eine Möglichkeit, räumte Bessent ein. Die letzte Entscheidung liege bei US-Präsident Donald Trump. Dieser soll am Mittwoch über den Verlauf der Gespräche informiert werden. «Wir werden es genehmigen oder nicht», sagte Trump am Dienstagabend vor dem Rückflug aus Schottland in die USA. Aber das Verhandlungsergebnis sei «wahrscheinlich ziemlich gut».

Die USA erheben derzeit einen zusätzlichen Zoll von 30 Prozent auf die meisten chinesischen Einfuhren, China schlägt zehn Prozent auf US-Importe auf. Ohne Einigung würde die Schonfrist am 12. August enden und die gegenseitigen Strafzölle wieder auf mehr als 100 Prozent steigen.

Die Delegationen unter Führung des chinesischen Vizeministerpräsidenten He Lifeng und des US-Finanzministers Scott Bessent hatten am Montag und Dienstag in Stockholm verhandelt. Dabei dürfte es vor allem um Chinas hohen Exportüberschuss, die US-Tech-Beschränkungen und Pekings Exportkontrollen bei seltenen Erden gegangen sein. Es war im Vorfeld erwartet worden, dass sich die beiden Seiten auf eine Verlängerung der Zollpause einigen.

Heftige Sanktionen, wenn China weiterhin russisches Öl kauft

US-Finanzminister Bessent hat China nach eigenen Angaben in beiden Gesprächen auch vor dem weiteren Kauf von russischem Öl gewarnt. Andernfalls müsse Peking mit hohen Zöllen rechnen.

Trump hatte Dienstagabend noch einmal betont, Moskau habe «zehn Tage ab heute», um Fortschritte für einen Waffenstillstand in der Ukraine zu erreichen. Andernfalls wollen die USA Sanktionen gegen die Handelspartner Moskaus verhängen. Er hatte am Sonntag die ursprüngliche Frist von zunächst 50 Tagen verkürzt. Mitte Juli hatte Trump Sekundärsanktionen in Form von Strafzöllen von 100 Prozent für Unterstützer Russlands angekündigt. Diese würden insbesondere China und Indien treffen.

Der bilaterale Handel zwischen den beiden Nachbarländern China und Russland ist seit 2021 um mehr als 70 Prozent gestiegen. China importierte 2024 Waren im Wert von fast 135 Milliarden US-Dollar aus Russland, allen voran Öl und Gas. Peking spricht von einer normalen Handelsbeziehung.

Doch ohne den Handel mit der Volksrepublik könnte Putin seinen Krieg gegen die Ukraine wohl kaum so lange durchhalten. Westliche Politiker sehen es zudem als erwiesen an, dass chinesische Unternehmen Russland mit sogenannten Dual-Use-Gütern versorgen, die auch militärisch genutzt werden können.

Chinas Chefdiplomat Wang Yi hatte bei seinem Besuch in Brüssel Anfang Juli erneut bestritten, dass Peking den Krieg Russlands materiell, finanziell oder militärisch unterstütze. Allerdings soll er im Gespräch mit seiner EU-Amtskollegin Kaja Kallas auch betont haben: China wolle nicht, dass Russland den Krieg verliere, aus Sorge, dass die USA dann ihre volle Aufmerksamkeit auf die Volksrepublik richteten. Das berichtete die Hongkonger Zeitung «South China Morning Post» unter Berufung auf EU-Insider.

Details zum Inhalt der Handelsgespräche nicht bekannt

Weitere Details zum Inhalt der Handelsgespräche in Stockholm und dazu, wo die Differenzen liegen, wurden zunächst nicht bekannt. Nach Informationen der «South China Morning Post» wollte die chinesische Seite bei den Verhandlungen in Stockholm auch das Streitthema Fentanyl thematisieren. Die USA werfen China vor, Vorprodukte der tödlichen Droge zu exportieren. Sie hatten deshalb bereits Anfang März Strafzölle in Höhe von 10 Prozent auf chinesische Importe verhängt. Diese sind trotz der im Mai vereinbarten Zollpause weiter in Kraft.

Bei den ersten Handelsgesprächen Mitte Mai in Genf hatten sich beide Seiten auf eine deutliche Absenkung der hohen gegenseitigen Strafzölle für 90 Tage geeinigt. Zuvor war der von US-Präsident Trump angezettelte Zollstreit eskaliert. In der Zwischenzeit hatten die USA Strafzölle von 145 Prozent auf chinesische Importe aufgeschlagen. Peking seinerseits verhängte als Reaktion Vergeltungszölle von 125 Prozent auf US-Einfuhren.

Die Einigung von Genf sieht vor, dass Peking seine Zölle auf US-Importe auf 10 Prozent absenkt. Die USA reduzierten die Aufschläge auf die meisten chinesischen Einfuhren auf 30 Prozent. Diese werden allerdings zusätzlich auf bereits zuvor geltende Zölle aufgeschlagen, etwa die 100 Prozent für E-Auto-Exporte aus China. Damit verhängen die USA auf die meisten Importe aus China nach wie vor deutlich höhere Zölle als auf Einfuhren aus der EU.

Bei der zweiten Verhandlungsrunde in London einigten sich die beiden Seiten zudem darauf, dass China wieder mehr seltene Erden und Permanentmagnete an die USA liefert und die USA im Gegenzug ihre Exportbeschränkungen bei Flugzeugmotoren und Chips lockern.

Beobachter berichten über ein neues Selbstbewusstsein der chinesischen Seite, seit die Exportkontrollen bei seltenen Erden und Permanentmagneten selbst die Amerikaner einknicken liessen. Beim China-EU-Gipfel vergangene Woche in Peking jedenfalls kam China den Europäern bei den entscheidenden Streitpunkten kaum entgegen.

Trump will Xi besuchen

Die jüngsten Töne aus den USA gegenüber China waren zuletzt merklich freundlicher als noch zu Beginn des Zollkriegs. Man wolle ein mögliches Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping nicht gefährden, vermuten Beobachter. Dieses könnte Ende Oktober oder Anfang November stattfinden.

Auf seiner Plattform Truth Social bezeichnete Trump die Information als «fake news», dass er ein Gipfeltreffen mit Xi anstrebe. «Das ist nicht richtig, ich strebe nichts an», betonte er. Allerdings werde «ich vielleicht nach China reisen, aber nur auf Einladung von Präsident Xi, die mir ausgesprochen wurde. Sonst habe ich kein Interesse!»