Der Neubau des Rathauses schlägt schon jetzt hohe Wellen. Begriffe wie „50er Jahre Bahnhof“ machen die Runde, andere meinen „Prym bekommt ein eigenes Rathaus“. Solche Aussagen beziehen sich auf ein kursierendes Bild, das darstellt, wie die neue Fassade des Rathauses aussehen könnte. Auf den ersten Blick Nachkriegs-Industrie-Architektur. Auf den zweiten Blick ist das neue Rathaus zugleich präsent und nimmt sich hinter dem historischen Rathaus zurück, der Eingangsbereich ist einladend, die Fassade ist aus Holz, was man allerdings erst bei starker Vergrößerung des Bildes erkennt.

„Das kursierende Bild kann irreführend sein“, räumt Patrick Haas ein. Gleichwohl betont der Bürgermeister: „Die ganze Aufregung deswegen ist gar nicht nötig. So, wie Betrachter das Bild jetzt oberflächlich wahrnehmen, wird die Fassade des neuen Rathauses am Ende nicht aussehen.“ Dass die Fassadengestaltung des vermeintlichen „Siegerentwurfs“ auch Kritik aus den Reihen der Kommunalpolitik hervorruft, mögen Stadtverwaltung und Wiederaufbaugesellschaft nicht nachvollziehen.

Der Erste und Technische Beigeordnete Tobias Röhm führt aus: „Zunächst ist zu betonen, dass die Stadtverwaltung Beschlüsse umsetzt, die von der Kommunalpolitik gefasst worden sind. Das gilt für Abriss des alten Rathauses, für den Neubau und auch für den Wettbewerb, bei dem Architektenbüros Ideen für ein neues Rathaus eingeben konnten.“ Der städtische Pressesprecher Tobias Schneider ergänzt: „Alle Stadtratsfraktionen waren eingeladen, diesen Wettbewerb zu begleiten. CDU, Grüne und SPD sind dieser Einladung auch gefolgt und waren eng im Prozess eingebunden.“

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Von einem „Siegerentwurf“ könne ohnehin keine Rede sein, sagt Röhm. „Weil wir von einem Vorentwurf noch weit entfernt sind. Geschweige denn von einem Entwurf. Und einen Sieger gibt es auch noch nicht.“ Ralf Gies von Wiederaufbau Stolberg, der Kupferstädter Bau- und Projektmanagement GmbH, erklärt das Prozedere: „Stolberg hat einen Wettbewerb ausgerichtet, in dem Architektenbüros ausgearbeitete Ideen und Vorschläge für das neue Rathaus einbringen konnten.“ Eine Jury aus externen Fachleuten und sachlich wie fachlich qualifizierten internen Personen, die die Stolberger Bürger, Gegebenheiten und Verwaltung kennen, habe 14 dieser Wettbewerbseingaben bewertet (siehe Infokasten).

„Das Preisgericht hat nach einheitlichen Bewertungskriterien Punkte vergeben. Die drei punktbesten Architektenbüros sind noch im Rennen“, beschreibt Gies. „Bewertet wurden zum Beispiel nachhaltige Bauweise und vor allem das Innere des neuen Rathauses. Das Rathaus ist für die Bürger, und soll dementsprechend freundlich und einladend gestaltet sein“, erläutert Patrick Haas. „Moderne, effiziente und multifunktionale Arbeitsplätze waren auch Bewertungskriterien. Und natürlich städtebaulich auch das Äußere des Gebäudes“, ergänzt Gies.

Ein Vorschlag des punktbesten Büros im Wettbewerb ist diese begrünte Fassade an der Rückansicht des neuen Rathauses.  Foto: Büro Wittfoht

„Die drei punktbesten Architektenbüros kennen die Bewertungen der Jury. Sie wissen, wofür es Lob gab und wofür Kritik, und können darauf im weiteren Verfahren reagieren“, beschreibt Röhm. So äußert sich das Preisgericht zum punktbesten Vorschlag hinsichtlich der Fassade: „Eine Holzfassade prägt das äußere Erscheinungsbild. Die differenzierte Ausgestaltung wird kontrovers diskutiert.“ Und wie geht es nun weiter? „Die drei punktbesten Architektenbüros können jetzt in das Vergabeverordnung-Verfahren einsteigen. Diese Verordnung regelt die öffentliche Auftragsvergabe in der Bundesrepublik“, führt Röhm aus.

Die Bewertung der Bewerbungen erfolge anhand einer fixen Bewertungsmatrix und im durch die Vergabeverordnung geregelten Verfahren, an dessen Ende dann ein Sieger-Architektenbüro stehe. In der dritten Septemberwoche werde der finale Gewinner feststehen. „Dann wird das Architektenbüro beginnen, einen Vorentwurf zu erstellen. Diesem folgt der Entwurf“, sagt Tobias Röhm. „Diese finalen Planungsschritte werden selbstverständlich eng von der Stadtverwaltung und von der Kommunalpolitik begleitet, bevor es danach an die bauliche Umsetzung geht“, hebt der Erste und Technische Beigeordnete hervor.

Die Besetzung der Jury

– Prof. Dr.-Ing. Volker Droste, Vorsitzender des Preisgerichts, Fachbereich Architektur

– Prof. Dipl.-Ing. Christa Reicher, UNESCO-Lehrstuhl RWTH Aachen, Gestaltungsbeirat Stolberg, Städtebau und europäische Urbanistik

– Prof. Dr.-Ing. Jutta Albus, Hochschule Bochum, nachhaltiges Bauen

– Prof. Amandus Sattler, Architektur und nachhaltiges Bauen

– Björn Bodem, BDLA-Landesverbandvorsitzender Niedersachsen und Bremen, Landschaftsarchitektur

– Patrick Haas, Bürgermeister Stolberg

– Tobias Röhm, Erster und Technischer Beigeordneter

– Michael Ramacher, Beigeordneter

– Ralf Glantschnig, Kämmerer

– Wilfried Sterck, Geschäftsführer Wiederaufbaugesellschaft Stolberg

– Dina Graetz, Vorsitzende Bau- und Vergabeausschuss.

Als stellvertretende Preisrichter waren bei der Preisgerichtssitzung anwesend: Martin Hennig, Dr. Franz Josef Ingermann, Sabine Beumer, Arndt Bleimann, Stephan Bracht, Prof. Burkhard Wegener, Beate Burhoff und Marcus Hille.