Kiel. Die finanzielle Lage der Landeshauptstadt Kiel wird immer prekärer. Die Zeiten der üppigen Überschüsse scheinen endgültig vorbei zu sein. Das zeigt der Haushaltsentwurf für das Jahr 2026, den Christian Zierau jetzt vorgelegt hat. Kiels Kämmerer rechnet im kommenden Jahr mit einem Minus von knapp 104 Millionen Euro.
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Das Defizit ergibt sich daraus, dass die geplanten Einnahmen der Stadt Kiel von 1,479 Milliarden Euro geringer ausfallen als die Ausgaben von 1,583 Milliarden Euro. Noch im März 2025 war Zierau von einem Defizit ausgegangen, das gerade einmal 40 Millionen Euro betrug. Das hätte sich laut der mittelfristigen Finanzplanung bis 2028 sogar auf null reduzieren sollen.
Kämmerer von Kiel: Haushaltssperre wirkt
Daraus wird nichts. Zierau geht davon aus, dass die Defizite der kommenden Jahre viel höher ausfallen als zuletzt angenommen. Demnach steht selbst 2029 noch ein Fehlbetrag von 66,6 Millionen Euro an. Grund laut Verwaltung: Die Ausgaben gehen durch die Decke. Deshalb verhängte Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) bereits im Mai eine Haushaltssperre.
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Das erwartete Defizit für 2025 hatte sich in den ersten Monaten dieses Jahres auf fast 164 Millionen Euro verdoppelt. Das immerhin fällt nun – zwei Monate später – im aktuellen Haushaltsentwurf um 25 Millionen Euro geringer aus. Zumindest ein Teil dieser Verbesserung gehe auf die Haushaltssperre zurück, erklärt Zierau dazu.
Ein hoher einstelliger Millionenbetrag sei unter anderem dadurch eingespart worden, dass vier Wochen lang kein neues Personal eingestellt wurde. Zudem werden bis zur Aufhebung der Sperre voraussichtlich im Herbst keine Mitarbeiter befördert. Die Förderungen für Fahrräder und Firmenfitness bleiben ausgesetzt. Das gilt auch für das Programm „Kiel gemeinsam gestalten“, das den Stadtteilen eigene kleine Projekte ermöglichen soll.
Stadt Kiel: Kreditschulden steigen 2026 auf 770 Millionen
Allerdings ist auch eine Menge Bewegung in den Etats. So war befürchtet worden, dass der aktuelle Haushalt durch nachträgliche Pensionsrückstellungen zusätzlich belastet werden könnte. Das ist nicht der Fall, da sie einem Landeserlass zufolge dem Rechnungsabschluss des vergangenen Jahres zugewiesen werden sollen. Deshalb fällt der eigentlich längst abgeschlossene Haushalt 2024 um knapp 69 Millionen Euro schlechter aus.
Im Haushaltsentwurf 2026 sieht Zierau damit wieder ein aufgelaufenes Defizit von 327,3 Millionen vor, nachdem es 2023 komplett abgebaut worden war. Dabei handelt es sich um Kassenkredite, in etwa vergleichbar mit dem Dispo eines überzogenen, privaten Girokontos. Zugleich steigen die langfristigen Schulden aus Krediten für Investitionen auf gut 770 Millionen.
Unter historisch schwierigen Rahmenbedingungen investieren wir weiter in alle Bereiche des urbanen Lebens und in den sozialen Zusammenhalt.
Ulf Kämpfer (SPD)
Oberbürgermeister von Kiel
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Knapp 180 Millionen Euro sollen 2025 investiert werden, etwa in die Schulen (56 Millionen), Infrastruktur und Verkehrsflächen (25 Millionen) sowie in den Städtebau (21 Millionen). Dafür will die Stadt Kiel Kredite in Höhe von 143 Millionen aufnehmen. „Unter historisch schwierigen Rahmenbedingungen investieren wir weiter in alle Bereiche des urbanen Lebens und in den sozialen Zusammenhalt“, sagt Ulf Kämpfer.
Zierau will Kiels Haushaltsausgleich bis 2029 schaffen
„Der Bund und das Land Schleswig-Holstein sind aufgefordert, schnell wirksame Maßnahmen zur Sicherung der Leistungsfähigkeit ihrer Kommunen auf den Weg zu bringen“, fordert der Oberbürgermeister. Zuletzt bestätigte der „Kommunale Finanzreport“ der Bertelsmann-Stiftung, dass Kreise, Städte und Gemeinden zu viele Aufgaben bekommen, aber zu wenig Geld dafür.
Kämmerer Zierau erwartet Entlastungen durch Bund und Land, will aber weiter Ausgaben einschränken und zusätzliche Einnahmen generieren, um die Defizite noch zu drücken. Sein Ziel ist es demnach, dadurch den Haushaltsausgleich doch noch bis 2029 zu schaffen – ein Jahr später als zuletzt angekündigt. Den Sommer über beraten die Ratsfraktionen seinen Entwurf, um im Oktober einen Beschluss zu fassen. Der Kämmerer sagt, er hoffe, dass dabei nicht neue Wünsche aufkommen, die Geld kosten.
KN