Er wollte eigentlich im Schatten bleiben und ganz diskret „Christus und Frankreich dienen“, wie Pierre-Édouard Stérin selbst es einmal ausdrückte. Was der französische Milliardär meinte, war die Strategie, sein Geld dafür einzusetzen, um seine wertekonservativen, identitären und libertären Ansichten in der französischen Öffentlichkeit maximal zu verbreiten und zu unterstützen.

In die Schlagzeilen kam der Unternehmer zuletzt aber doch immer wieder. Bereits im vergangenen Jahr veröffentlichte die französische Zeitung „L‘Humanité“ ein Dokument über sein bis dahin geheim gehaltenes Projekt „Périclès“. Es sah bis 2032 Gesamtinvestitionen von 150 Millionen Euro unter anderem für die Finanzierung und Ausbildung rechtsextremer Parteien vor, um diese an die Macht zu bringen.

Pierre-Édouard Stérin: Vermeintliche Kredite an das rechtsextreme Rassemblement National

Darüber hinaus wurde öffentlich, dass die Justiz wegen des Verdachts ermittelt, dass Stérin durch die Vergabe vermeintlicher Kredite in Wahlkämpfen 2020 und 2021 an Politikerinnen und Politiker des rechtsextremen Rassemblement National (RN) gegen das französische Gesetz zur Parteienfinanzierung verstoßen hat, weil das Geld mutmaßlich nicht zurückgezahlt wurde. Berichten zufolge geht es um 1,8 Millionen Euro. Zu Anhörungen in der Nationalversammlung durch einen Untersuchungsausschuss erschien Stérin nicht. Er begründete dies mit Sicherheitsbedenken, schließlich erhalte er Morddrohungen.

Er hätte extra nach Paris anreisen müssen, denn der Geschäftsmann bezeichnet sich zwar als „Patriot“, zog aber aus Steuergründen nach Belgien, als Präsident François Hollande 2013 eine Reichensteuer einführte. Das „gesparte“ Geld, ließ er wissen, könne er gezielter für seine „philantropischen“ Projekte einsetzen. Der Vergleich mit US-Milliardären wie Elon Musk und Peter Thiel drängt sich auf. Zwar wurde Stérin, der als zurückhaltend und fast schüchtern gilt, nicht im Tech-Bereich reich, sondern durch seine Firma Smartbox, einen Anbieter von Erlebnisgeschenken. Aber wie Musk und Thiel will der 51-Jährige einen Kulturkampf ausfechten.

Galaabend im Casion von Paris

Der praktizierende Katholik und fünffache Vater steht für einen resoluten Abbau des Staates, er lehnt Immigration, das Recht auf Abtreibung oder auf die gleichgeschlechtliche Ehe ab. Ideologisch liegt er auf einer Linie mit Vincent Bolloré, einem französischen Milliardär, der über die Kontrolle von Medien aktiv Einfluss auf Debatten nimmt.

Stérins Versuch einer Übernahme des liberalen Magazins „Marianne“ scheiterte am erbitterten Widerstand der Redaktion. Stattdessen finanziert er mehrere Online-Medien, die rechtsextreme Positionen oder konservative Werte verbreiten. Erst im Juni organisierten er und Bolloré im Casino von Paris einen Galaabend mit der Crème de la Crème der französischen Rechtsextremen wie RN-Chef Jordan Bardella oder Marion Maréchal, der Nichte von Marine Le Pen.

Stérin sieht für sich kaum Berührungspunkte zum RN

Stérin selbst versicherte in seinen wenigen Stellungnahmen, er stehe in Kontakt zu Politikern verschiedener Couleur. Abgesehen vom Thema Migration habe er wenige Berührungspunkte mit dem RN, der für einen starken Sozialstaat eintrete, er hingegen für dessen Abbau.

Zugleich handelt es sich beim Geschäftsführer seines Investitionsfonds Otium, François Durvye, um einen Berater Le Pens und Bardellas. Auch zielte das Projekt „Périclès“ laut der Zeitung „L‘Humanité“ explizit darauf ab, bei den Kommunalwahlen 2026 mindestens 300 RN-Kandidaten zum Sieg zu verhelfen und bis zu 1000 Personen als Politiker, Experten oder Technokraten vorzubereiten, um im Fall eines Siegs der Rechtsextremen bei der Präsidentschaftswahl 2027 Ministerien und Behörden zu besetzen.

  • Birgit Holzer

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