„Da bist du mal für den Traum von Gleichheit und Kameradschaft angetreten – und nun?“ Das fragt sich Wilma, Mitte 40, Lausitzerin, Arbeiterin, Mutter und einst Bewohnerin der DDR, die es seit rund 10 Jahren nicht mehr gibt. Das Braunkohlekraftwerk arbeitet nicht mehr. Und Wilmas Ehe und ihre Kameradschaften – zerbrechen auch gerade. Strukturwandel auf allen Ebenen.
Mit wertlosen Zertifikaten zum Arbeitsamt
Die Frau im Wiener Arbeitsamt ist mit Wilmas gesammelten Zertifikaten überfordert. Seit der Wiedervereinigung hat sie eine Fortbildung nach der anderen gemacht. Genützt hat es ihr nichts. Zuletzt war sie einfach Elektrofachverkäuferin. „Nichts, wofür ich mal angetreten bin“, erklärt Wilma. „Na, da fragen Sie mich mal“, stöhnt die österreichische Beamtin.
Wilma ist mit dem Bus in Wien gelandet, weil ein alter Bekannter ihr vorgegaukelt hat, man könne dort ein neues Leben beginnen. Nur mit einer Tasche ist sie angekommen, wohnt vorübergehend in einer Gartenlaube und muss sich ernsthaft fragen, wer sie eigentlich ist: „Eigentlich bin ich eine Mischung aus Elektriker, Schlosser und Maschinist, mit Führungsqualität noch aus Brigadezeiten“, fasst sie zusammen. Da hätte sie sich doch als Frau auch was leichteres aussuchen können, kriegt sie zu hören.
Die Zeit ist jetzt eine andere, auch das Frauenbild. Nur eins ist klar: „Wilma will mehr“. Der ursprüngliche Arbeitstitel war „Die Abenteuer der Lausitzerin Wilma“, verriet die Regisseurin Maren-Kea Freese auf dem Neisse Filmfestival, wo ihr Film mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde. Und wie ein amüsantes Abenteuer erzählt sie den Film auch. Man weiß nie, wohin die Geschichte steuert – und was noch alles in der Hauptfigur steckt. Fritzi Haberlandt zieht sich die Rolle so selbstverständlich an, wie Wilma ihren blauen Werksanzug.
Film würdigt werktätige Frauen in der DDR
Immer wieder entstehen feine, tragikomische Brüche, wenn Freese ihre Hauptfigur auf neue Milieus loslässt. Etwa beim Vorstellungsgespräch in der Künstler-WG, wo sie mal über die „spannende“ Revolution in Ostdeutschland erzählen soll. Wilma erklärt trocken, vorher hätte sie auch ein Leben gehabt. Oder in der bürgerlichen Wiener Vorstadt, wo sie als Schwarzarbeiterin die Elektrik erledigt. Wilma findet überall eine Steckdose zum Reparieren. Und der marode Charme von Wien kommt ihr persönlich entgegen. Dass sie niemandem die Ohren volljammert, stellt sie am WG-Küchentisch auch gleich klar. Ihr Motto: „Selbst ist die Frau.“ Sie bekommt den Zuschlag für das Zimmer.