Russland weitet seinen Einfluss in Afrika aus. Der russische Energieminister Sergej Ziwilew kündigte bei einem Besuch in Niger Investitionen in den Uranabbau sowie eine vertiefte Kooperation im Bereich der zivilen Atomnutzung an. Damit positioniert sich Russland als neuer Partner des rohstoffreichen westafrikanischen Landes und ersetzt zunehmend Frankreich, das über Jahrzehnte hinweg ein maßgeblicher Akteur in der Region war.

Niger zählt zu den weltweit größten Uranproduzenten

„Unser Hauptziel ist der Uranabbau“, erklärte Ziwilew nach seinem Treffen mit dem nigrischen Präsidenten Abdourahamane Tiani am Montag in der Hauptstadt Niamey. Während des Besuchs unterzeichneten Vertreter des russischen Atomkonzerns Rosatom und des nigrischen Energieministeriums eine Absichtserklärung über die künftige Zusammenarbeit bei der zivilen Nutzung von Atomenergie. Geplant sind unter anderem der Bau von Atomkraftwerken, der Ausbau der Nuklearmedizin und die Ausbildung nigrischer Fachkräfte an russischen Universitäten.

Die russischen Aktivitäten stoßen auf ein machtpolitisches Vakuum, das durch den Rückzug Frankreichs entstanden ist. Niger zählt zu den weltweit größten Uranproduzenten und war bislang eine zentrale Bezugsquelle für den französischen Atomkonzern Orano. Nach einem Putsch im Juli 2023 entzog die neue Regierung dem Unternehmen jedoch die Lizenzen für wichtige Tagebaue, darunter Imouraren, eine der größten Uranlagerstätten der Welt. Vor wenigen Wochen wurde dann das gemeinsame Uran-Joint-Venture Somaïr verstaatlicht. Orano, das bis dahin 63,4 Prozent daran hielt, wurde de facto aus dem Geschäft gedrängt. Rosatom hat bereits Interesse angemeldet, die Ausbeutung der Uranminen zu übernehmen.

Nach Mali und Burkina Faso ist Niger das dritte Land der „Allianz der Sahelstaaten“ (AES), das eine atompolitische Kooperation mit Russland auf den Weg bringt. Die beiden anderen Länder der Allianz hatten bereits Mitte 2024 entsprechende Abkommen mit Moskau geschlossen. Hintergrund ist ein umfassender geopolitischer Kurswechsel: Seit den jeweiligen Staatsstreichen haben sich die AES-Staaten vom Westen – insbesondere von der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich – abgewendet und setzen zunehmend auf Russland und China als neue strategische Partner.

Ein außenpolitischer Meilenstein war das Treffen ihrer Außenminister Abdoulaye Diop (Mali), Karamoko Jean-Marie Traoré (Burkina Faso) und Bakary Yaou Sangaré (Niger) mit ihrem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow im April in Moskau. Dabei ging es um einen Ausbau der militärischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Die AES-Länder sind auf militärische Hilfe im Kampf gegen bewaffnete islamistische Gruppen sowie auf ökonomische Unterstützung angewiesen. Russland wiederum erhält Zugriff auf Rohstoffe – neben Uran auch auf die reichen Goldlagerstätten des Sahel – und kann besonders auf geostrategische Punktgewinne im Einflusskampf mit dem Westen hoffen.

In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich auch China als enger Partner zahlreicher afrikanischer Staaten etabliert. Allein im ersten Halbjahr 2024 betrug das Handelsvolumen zwischen der Volksrepublik und dem afrikanischen Kontinent rund 152 Milliarden Euro. Afrikanische Länder exportieren vor allem Rohstoffe, Mineralien und Agrarprodukte wie Avocados, während China im Gegenzug Maschinen, Elektronik und Textilien liefert.

Grafik: BLZ. Quelle: OEC, Weltbank und Statista

Im Jahr 2000 war China nur für wenige afrikanische Länder der wichtigste Handelspartner, darunter Sudan, Gambia, Benin und Dschibuti. Laut der Weltbank war China 20 Jahre später bereits für mehr als 30 afrikanische Staaten der wichtigste Warenlieferant.

Neuausrichtung der Kräfteverhältnisse in Afrika

Frankreich hat dagegen seit 2020 seine Truppen aus fast allen Staaten der Sahelzone abgezogen – unter dem Druck neuer Regierungen, die Paris eine zu große Einflussnahme vorwarfen. Das hat gravierende Folgen. So birgt Frankreichs Rückzug aus Niger etwa ein Risiko für die Energieversorgung Europas. Frankreich deckt mehr als 20 Prozent seines Uranbedarfs aus dem westafrikanischen Land – bei einer Atomstromquote von rund 65 Prozent. Die EU als Ganzes bezieht ein Viertel ihres Urans aus Niger. Ein vollständiger Ausfall der Lieferungen hätte daher weitreichende Folgen für die Stromproduktion in Europa.

Die Uran-Kooperation zwischen Russland und Niger ist somit ein weiterer Schritt in der Neuausrichtung der geopolitischen Kräfteverhältnisse in Afrika. Während Europa und insbesondere Frankreich an Einfluss verlieren, bauen Russland und China ihre Präsenz in der Region konsequent aus – wirtschaftlich, technologisch und militärisch.