Ernährung und Gesundheit –

Softdrinks, Fischstäbli und Süssigkeiten könnten Lungenkrebs auslösen

Publiziert heute um 15:35 UhrJunge isst knuspriges Fingerfood auf einem Teller.

Beliebt, aber ungesund: Laut der Studie besteht ein höheres Lungenkrebsrisiko bei regelmässigem Konsum von hochverarbeiteten Lebensmitteln.

Foto: Getty Images

Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.BotTalkIn Kürze:

  • Eine Studie zeigt ein 41 Prozent höheres Lungenkrebsrisiko bei regelmässigem Konsum von hochverarbeiteten Lebensmitteln.
  • Chinesische Forschende analysierten Ernährungsdaten von über 100’000 Studienteilnehmenden.
  • Das Verdickungsmittel Carrageen sowie die Chemikalie Acrolein könnten mögliche Auslöser sein.

Hochverarbeitete Lebensmittel und ihre Inhaltsstoffe stehen seit längerem im Verdacht, unsere Gesundheit negativ zu beeinflussen. So stellten Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen künstlichen Süssstoffen und Depressionen her und fanden Hinweise darauf, dass Chips, Fast Food und Softdrinks Schäden im Gehirn anrichten. Eine neue Studie legt nahe, dass auch die Lunge unter dem Konsum des Fixfertigessens leiden könnte. Menschen, die besonders hochverarbeitete Lebensmittel zu sich nehmen, haben demnach ein um 41 Prozent erhöhtes Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken.

Für die in der Fachzeitschrift «Thorax» publizierte Untersuchung analysierten chinesische Forscher die Daten von mehr als 100’000 Personen, die Teil einer über mehrere Jahre laufenden US-Studie zur Früherkennung verschiedener Krebsarten waren und zusätzlich einen Fragebogen zu ihren Ernährungsgewohnheiten ausgefüllt hatten. Die Teilnehmenden suchten Kanran Wang und seine Kollegen dann nach Lungenkrebsdiagnosen ab. Sie fanden 1706 Fälle.

Das Durchschnittsalter der untersuchten Personen zu Beginn der Studie lag bei 62,5 Jahren. Im Mittel nahmen diese Menschen täglich fast drei Portionen hochverarbeiteter Lebensmittel («ultra-processed foods», UPF) zu sich – in erster Linie Softdrinks und Wurstwaren.

Hochverarbeitete Lebensmittel als unterschätztes Lungenkrebsrisiko

Die Studie zeigt, dass ein Zusammenhang zwischen dem Konsum von hochverarbeiteten Lebensmitteln und Lungenkrebs besteht, sie kann aber noch nicht nachweisen, dass die Fertiggerichte tatsächlich die Auslöser der Krankheit waren, wie der Ernährungswissenschaftler David Katz die Ergebnisse gegenüber CNN kommentiert. Eine Kausalität lasse sich mit der Untersuchung also nicht beweisen. Sie lege aber sehr nahe, dass der Verzehr zu einem höheren Lungenkrebsrisiko beitragen könne.

Lungenkrebs wird bislang vor allem mit dem Rauchen in Verbindung gebracht. Deshalb stellte sich für die Forscher die Frage, ob Menschen, die besonders häufig zu Zigaretten griffen, auch vermehrt dem Fast Food zugeneigt sind – und damit die Studienergebnisse verzerrten. Deshalb wurde berücksichtigt, ob ein Teilnehmer rauchte oder nicht. Die Autoren stellten dabei fest, dass der Zusammenhang zwischen dem Verzehr hochverarbeiteter Lebensmittel und dem Lungenkrebsrisiko bei Nichtrauchern stärker war.

Carrageen, Acrolein und Co.: Verschiedene Stoffe kommen als Auslöser von Krebs infrage

Warum der Konsum von Fertiggerichten mit einem erhöhten Lungenkrebsrisiko einhergeht, wurde von Wang und seinen Mitarbeitenden nicht direkt untersucht. Die Wissenschaftler stellen aber eine Reihe von Hypothesen über die möglichen Ursachen auf.

Einteilung in vier Kategorien gemäss der Nova-Klassifikation:

1. Nicht bis wenig verarbeitet

Die Produkte werden zum Beispiel zerkleinert, getrocknet, gemahlen, geröstet, gekocht oder pasteurisiert. Dazu gehören Obst, Gemüse, Nüsse, Pilze, Fleisch, Fisch, Eier, Milch, Wasser, Tee, Kaffee.

Sie sollten den Hauptbestandteil der Nahrung ausmachen.

2. Verarbeitete Zutaten

Die Produkte entstehen zum Beispiel durch Raffinieren, Pressen oder Zerkleinern.

Dazu gehören pflanzliche Öle, Butter, Salz oder Zucker. Sie werden nicht allein verzehrt, sondern dienen dazu, den Geschmack und die Konsistenz der Lebensmittel der 1. Kategorie zu verändern, und werden daher nur in kleinen Mengen konsumiert.

3. Verarbeitete Lebensmittel

Die Produkte bestehen meist aus drei bis vier Zutaten der ersten beiden Kategorien. Sie werden zum Beispiel durch Räuchern oder Pökeln konserviert, gekocht oder durch Gärprozesse hergestellt.

Dazu gehören frisch gebackenes Brot, Käse oder Konserven von Gemüse, Obst oder Fisch.

Sie sollten in kleineren Mengen einzeln oder kombiniert verzehrt werden.

4. Hochverarbeitete Lebensmittel

Die Produkte werden industriell produziert und enthalten beispielsweise Farbstoffe, Aromen, Geschmacksverstärker und Substanzen, die etwa das Volumen oder die Konsistenz verändern.

Dazu gehören Fertigprodukte wie Tiefkühlpizza, -lasagne, Guetsli und andere Süsswaren, Fleischprodukte wie Wurst und Schinken, manche Milchprodukte, viele vegane oder vegetarische Fleisch- und Milchersatzprodukte, Frühstückscerealien, Riegel, Süssgetränke.

Sie sollten kaum konsumiert werden. (afo)

So könne es sein, dass verbreitete Inhaltsstoffe wie das Verdickungsmittel Carrageen, das bereits als Auslöser von Krebs vermutet wird, auch in der Lunge Schaden anrichten. Ausserdem könnten Rückstände aus dem Herstellungsprozess, etwa die auch im Zigarettenrauch vorhandene Chemikalie Acrolein, nach dem Verzehr im Körper eine verhängnisvolle Wirkung entfalten.

Die grösste Stärke ihrer Studie sei die hohe Zahl der Teilnehmenden und die standardisierte Beobachtung über einen längeren Zeitraum, schreiben die Autoren im Fazit. Sie räumen aber auch Schwächen ihres Forschungsdesigns ein. Es seien deshalb weitere Untersuchungen nötig, um einen Kausalzusammenhang zwischen dem Konsum von hochverarbeiteten Lebensmitteln zu belegen und dessen Mechanismen zu verstehen. Sollten die Ergebnisse jedoch weiteren Studien standhalten, könnte vielen Menschen Lungenkrebs erspart bleiben, wenn sie Softdrinks, Süssigkeiten oder Fast Food von ihrem Speiseplan verbannen.

Hochverarbeitete Lebensmittel im Fokus

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EinloggenOliver Schneider ist promovierter Historiker sowie News-Redaktor und Sitemanager am Digital Desk von Tamedia. Er schreibt über aktuelle Entwicklungen in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Technologie.

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