Das Wunder von Genf: Alan Roura bringt zum Ocean Race Europe ein Schweizer Nationalteam an den Start. So zumindest betitelt der 32-Jährige selbst sein Team, das er nach der Vendée Globe bei intensiven Ausscheidungen auf dem Genfer See und vor Lorient auserkoren hat. Vier Männer und drei Frauen gehören zu dem Projekt.
Bei der Schweizer „Nati“ des Ocean Racing zählen außer Roura auch noch die Schweizer Simon Koster und Elodie Mettraux zum Kreis der Initiatoren. Unterstützt werden sie zum Ocean Race Europe vom Neuseeländer Conrad Colman als Co-Skipper. Der Name der Kampagane ist indes ganz unschweizerisch. Als Team Amaala sind sie Botschafter des saudi-arabischen Tourismusprojektes am Roten Meer.
Obwohl gerade 32 Jahre alt, kann Alan Roura bereits auf eine zwölfjährige Offshore-Karriere und drei Vendée-Globe-Teilnahmen zurückblicken. Mit 20 Jahren segelte Roura beim Mini Transat unter 84 Teilnehmern auf Platz 11.
Seine Offshore-Karriere nahm danach rasant Fahrt auf. Der Schweizer wechselte in die Class40 und nur zwei Jahre später in die Imoca-Klasse. Mit 23 Jahren war er bei dem Solo-Weltrennen 2016 der jüngste Starter, setzte als Zwölfter ein Ausrufezeichen in einer arg gebeutelten Vendée Globe, bei der nur 18 von 29 gestarteten Seglern das Ziel erreichten.
Auf und ab in der Karriere
Und Roura knüfte an die Erfolge an. 2019 brach er den Solo-Nordatlantik-Rekord, bevor er 2020 bei seiner zweiten Vendée Globe auf den 17. Platz von 33 gestarteten Booten kam. 2022 kaufte er von Alex Thomson die letzte Hugo Boss. Allerdings blieb er damit hinter den Hoffnungen und Erwartungen zurück. 84 Tage brauchte er für die Weltrunde, musste sich mit Platz 17 zufrieden geben.
Alan Roura ist der Initiator des Schweizer Nationalteams © Jean-Louis Carli / Aléa
Doch schon zum Start der vergangenen Vendée Globe verkündete er weitere Pläne: Beim Teamsegeln zum Ocean Race wolle er unbedingt dabei sein, obwohl er bisher überwiegend Erfahrung im Shorthanded-Segeln gesammelt hat.
Schweizer Taschenmesser
Für das Team hat er Simon Koster an Bord geholt, seinen Schweizer Kumpel vom Transat Jacques Vabre, dem Zweihand-Atlantik-Rennen von 2023. Auch Koster kommt vom Mini. Bei drei Mini-Transats (2013, 2015, 2017) wurde er zweimal Dritter. In der Class40 fuhr er mit dem Rösti Sailing Team und einer der ersten Class40 mit Scow-Bug von 2019 bis 2023 Erfolge ein.
Simon Koster ist eng mit Lennart Burke und Melwin Fink befreundet, berät das Duo hier online zur Routenplanung © Next Generation
Der 36-Jährige ist ein Multi-Talent, quasi das Schweizer Taschenmesser unter den Seglern, mit besonderer Affinität zur Technik. Er pflegt eine gute Freundschaft zu den jungen Deutschen Lennart Burke und Melwin Fink. Zuletzt war er als Navigator beim Caribbean600 dabei und als Onshore-Router für den Round-Denmark-Rekordversuch gebucht.
Mit Notrigg ins Ziel
Ein besonderer Coup ist Alan Roura mit der Verpflichtung von Conrad Colman gelungen. Auch der Neuseeländer startete im Mini 6.50 – beim Mini Transat 2006, bevor er in die Class40 umstieg. 2015 bestritt er erstmals in der Imoca-Klasse das Barcelona World Race (Doublehanded), segelte 2016 seine erste Vendée Globe – mit einem einmaligen Finale.
Coleman schaffte es bis ins Ziel nach Les Sables d’Olonne – allerdings mit Notrigg. Auf Höhe von Portugal ging ihm als Zehntplatziertem der Mast verloren. Er stellte einen Ersatzmast, schaffte die verbliebenen 740 Seemeilen innerhalb von 14 Tagen mit seinen letzten Lebensmittelrationen und kam als 16. ins Ziel.
Der Neuseeländer Conrad Coleman verstärkt das Team © Vincent Curutchet
Bei diesem Rennen war er der erste Segler, der die Vendée Globe ohne Einsatz von fossilen Energiequellen bewältigte. Seine zweite Vendée-Globe-Teilnahme in 2024/25 beendete er mit einem Non-Foiler auf Platz 21. Coleman ist immer für kreative Lösungen in kritischen Situationen auf See bekannt.
Breite Basis
Neben den drei Imoca-erfahrenen Skippern hat das Schweizer Team mehrere junge Nachwuchstalente mit verschiedenen Hintergründen an Bord geholt. So möchte das Team eine breite Basis aufbauen und während der Etappen im Ocean Race Europe die Crew durchrotieren.
Offshore-Erfahrung bringt Félix Oberle mit. Der Späteinsteiger in den Segelsport startete seine Offshore-Karriere im Mini 6.50, mit dem er seine erste Mini-Transat 2023 als Vierter beendete.
Ein breit aufgestelltes Team stellen die Schweizer zum Ocean Race © Jean-Louis Carli / Aléa
Ohne Offshore-, aber mit viel Foiling-Erfahrung kommt Jessica Berthoud ins Team. Sie ist den olympischen Nacra 17, Flying Phantom und GC32- sowie M2-Katamarane gesegelt. Danach wechselte sie in den 69F und schaffte es auch in die Trials für den Women’s America’s Cup, wo sie schließlich aber nicht zum Wettkampfteam gehörte.
Bunter Strauß an Erfahrungen
Eine weitere junge Seglerin ist die 23-jährige Lucie de Gennes. Die vom Genfer See stammende Französin kommt aus der olympischen 470er-Klasse, wurde in diesem Jahr EM-Dritte und WM-Sechste.
Dagegen bringt die 25-jährige Rebecca Gmuer mit Schweizer und Neuseeländer Pass Offshore-Erfahrung von der TP52 und diversen RORC-Rennen in das Team ein.
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