Außenminister Johann Wadephul (CDU) hat Israel eindringlich aufgefordert, sich klar von einer Politik der Vertreibung und Annexion zu distanzieren.
Wadephul ist am Donnerstag zu einem zweitägigen Besuch in Israel eingetroffen, der ihn auch in das Westjordanland führen wird. Am Abend hat Wadephul zuerst seinen israelischen Amtskollegen Gideon Sa’ar, dann Premierminister Benjamin Netanjahu (75) und später Staatspräsident Jitzchak Herzog (64) getroffen.
Der Besuch begann mit Aufruhr in Teilen der Presse vor Ort – der dürfte auch für Verwirrung bei Wadephuls Gesprächspartnern gesorgt haben.
Außenminister Wadephul traf auch seinen israelischen Amtskollegen Gideon Sa’ar (58)
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Denn: Vor seinem Abflug hatte der Außenminister eindringlich dazu aufgerufen, an der Perspektive einer Zwei-Staaten-Lösung festzuhalten – eine Position, die Deutschland seit Jahrzehnten vertritt. ABER: Vor Ort wurde vor allem der letzte Satz wahrgenommen, zunächst mit Entsetzen: „Auf einseitige Schritte wird auch Deutschland gezwungen sein, zu reagieren.“ Heißt das: Wadephul will demnächst doch einen Palästinenserstaat anerkennen?
Die Reaktion folgte prompt: Aus dem Außenministerium von Gideon Sa’ar kamen ungewöhnlich harte und klare Worte. Sa’ar erklärte, dass „ein palästinensischer Staat aus dem einfachen Grund nicht gegründet werden“ könne, „dass Israel nicht in der Lage sein wird, seine eigene Sicherheit aufzugeben“.
Die Missverständnisse wurden später ausgeräumt: Natürlich wollte der Minister aus Berlin nicht mit baldiger Anerkennung drohen. Wadephul reagierte norddeutsch-unaufgeregt. Er scheint auch weiterhin Raum für eine Einigung zu sehen.
Der Außenminister betonte, dass sich die humanitäre Lage in Gaza „fundamental“ verbessern müsse. Deutschland hat sich zuletzt zunehmend kritisch zu Israels Vorgehen im Gazastreifen geäußert. Die Bundesregierung fordert deutlich mehr humanitäre Hilfslieferungen, drängt zugleich die Hamas-Terroristen zum Niederlegen der Waffen und zur Freilassung der Geiseln.
Wadephul sagte am Donnerstagabend in Jerusalem: „Wir brauchen Klarheit auch von Israel, dass keine Politik der Vertreibung und keine Politik der aktiven Annexion betrieben wird.“ Er beschrieb die Lage im Gazastreifen als humanitäre Katastrophe, die jede Vorstellung übersteige.
Zwei-Staaten-Lösung „der einzige Weg“
Die Bundesregierung hat sich nicht Frankreich, Großbritannien und Kanada angeschlossen, die im September einen palästinensischen Staat anerkennen wollen. Wadephul betont: „Deutschland hat eine andere Position. Wir sehen eine Anerkennung eines palästinensischen Staates eher am Ende eines Verhandlungsprozesses, der allerdings bald beginnen muss.“