Deutschlands Rezession war in den vergangenen zwei Jahren deutlich tiefer als bislang angenommen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Mittwoch bekannt gab, sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 erheblich stärker als zunächst vermeldet – statt eines Minus von 0,3 Prozent ging die Wirtschaftsleistung tatsächlich um 0,9 Prozent zurück. Auch für 2024 wurde der Rückgang nachträglich nach unten korrigiert, von 0,2 Prozent auf 0,5 Prozent.

Was bedeuten diese Korrekturen konkret? In sozialen Netzwerken kursieren zurzeit Vorwürfe, die ursprünglichen Zahlen seien möglicherweise „geschönt“ oder zugunsten des ehemaligen Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) manipuliert worden – schließlich hatte er in seinen Frühjahrsprojektionen stets eine bessere wirtschaftliche Lage prognostiziert.

Manipulationsvorwürfe lassen sich nicht bestätigen

Für solche Vorwürfe gibt es jedoch keinerlei Belege. Revisionen von Wirtschaftsdaten sind international üblich und erfolgen regelmäßig nach wissenschaftlich standardisierten Methoden, sobald neuere, genauere Informationen verfügbar sind. Die BIP-Zahlen für 2023 wurden erstmals im Sommer 2024 veröffentlicht und jetzt, im Juli 2025, erstmals korrigiert. Solche Anpassungen dienen ausschließlich der Genauigkeit und Transparenz.

Habecks optimistischere Prognosen basierten auf dem damaligen Kenntnisstand. Die jüngsten Korrekturen zeigen vielmehr, wie unsicher wirtschaftliche Prognosen generell sind – und wie wichtig es ist, politische Entscheidungen stets an aktuellen Erkenntnissen auszurichten. Gäbe es tatsächlich politische Einflussnahme, wären die Zahlen vermutlich nicht nach unten korrigiert worden.

Das eigentliche Problem ist jedoch ein anderes: Die jetzt korrigierten Daten erhöhen erheblich die Wahrscheinlichkeit eines dritten Rezessionsjahres in Folge – eine Situation, die Deutschland spürbar von anderen großen Industrienationen unterscheidet. Japan und das Vereinigte Königreich erlebten zwar zeitweise wirtschaftliche Rückgänge, konnten sich aber wieder stabilisieren. Innerhalb der EU gab es ebenfalls Rezessionen: Österreich verzeichnete 2023 und 2024 wirtschaftliche Rückgänge, allerdings weniger stark als Deutschland. Irland rutschte 2023 tief in die Rezession, erholte sich aber bereits 2024.

Neue BIP-Daten: Internationaler Vergleich zeigt dramatische Lage

Deutschland steht damit im internationalen Vergleich besonders schlecht da – im Gegensatz etwa zu den USA oder China, die laut aktuellen Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) 2025 mit deutlichem Wachstum rechnen können. Für die USA erwartet der IWF ein Wachstum von rund 1,9 Prozent, für China sogar etwa 4,8 Prozent.

Im gleichen Zeitraum schrumpfte die deutsche Wirtschaft laut Destatis erneut um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Während der IWF für Deutschland ein Nullwachstum prognostiziert, setzt die Bundesregierung noch auf ein leichtes Plus von 0,3 Prozent. Doch die Erfahrungen der letzten Jahre mahnen hier deutlich zur Vorsicht.

Massive Einbrüche in der energieintensiven Industrie und bei Autos

Die anhaltende Rezession lässt sich vor allem auf massive Einbrüche in der energieintensiven Industrie – etwa in der Chemie- und Stahlbranche –, in der Automobilindustrie und in der Bauwirtschaft zurückführen. Unternehmen wie BASF und Thyssenkrupp haben ihre Produktion deutlich reduziert. Gleichzeitig warnten führende Automobilhersteller wie VW und Mercedes-Benz mehrfach vor sinkenden Absatzzahlen und weiteren möglichen Werksschließungen. Die Bauwirtschaft kämpft zudem mit hohen Finanzierungskosten und einem starken Rückgang der Neubauaufträge.

Diese Herausforderungen werden zusätzlich verschärft durch nach wie vor relativ hohe Energiepreise, anhaltende Lieferkettenprobleme und wachsenden internationalen Wettbewerbsdruck. Solange diese strukturellen Schwierigkeiten nicht überwunden sind, bleibt die Gefahr groß, dass Deutschland auch 2025 nicht aus der Rezession herausfindet.

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