Berlin – Dieser Sommer fühlt sich an wie ein nasser Herbst – mit dramatischen Folgen für Berlins Sonnen-Geschäfte. Vier Betriebe erzählen BILD, wie der verregnete Juli ihre Existenz bedroht – und warum sie trotzdem nicht aufgeben.
„Konkrete Daten liegen für Berlin derzeit nicht vor. Fakt ist jedoch, dass der verregnete Sommer selbstverständlich Auswirkungen auf die Umsätze der Betriebe insbesondere in den Außenbereichen hat“, teilt der Hotel- und Gastronomieverband Berlin (DEHOGA Berlin) auf BILD-Nachfrage mit.
Und das merkt man – ob im Biergarten, im Freibad oder auf dem Bootssteg.
Orankesee-Terrassen kämpfen mit leerem Biergarten
In Alt-Hohenschönhausen hätte der Biergarten des griechischen Restaurants Orankesee-Terrassen in diesem Juli rappelvoll sein sollen – stattdessen sind die Stühle leer und die Tische nass. „Der Biergarten macht allein im Juli 20 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr“, sagt Gastronom Nikolaos Mavrogiannis (32).
Regnerische Leere im Biergarten der Orankesee-Terrassen Kellner – immerhin läuft der Restaurant-Betrieb für Nikolaos Mavrogiannis noch gut
Foto: Charles Yunck
Obwohl das Restaurant insgesamt auf Kurs liegt, ist die Stimmung gedrückt. „Juli ist für uns einer der wichtigsten Monate. Mit Sonne hätten wir 35 Prozent Plus gemacht. Jetzt sind es 7 Prozent Minus – das ist natürlich ärgerlich“, so Mavrogiannis.
Das Restaurant selbst läuft dank Social-Media-Marketing, Veranstaltungen und überdachter Restaurant-Terrasse aber stabil.
Strandbad Lübars: Ein Sommer wie abgesagt
Auch Georg Neu (36) klingt resigniert, wenn er über seinen ersten Sommer als Pächter des Strandbads Lübars spricht. „Es ist katastrophal. Wir haben Personal eingestellt, Ware eingekauft – und dann kommen 40 Leute am Tag, wenn es gut läuft.“
Es ist die erste Badesaison für Georg Neu als neuer Pächter des Strandbades Lübars – und die versinkt direkt im Dauerregen
Foto: Ufuk Ucta
Vom einst erhofften Hochsommergeschäft keine Spur. „Der Juli ist komplett ins Wasser gefallen. Die Einnahmen fehlen – aber eine Bilanz kann ich noch nicht ziehen.“
Besonders bitter: Das Restaurant im Bad leidet genauso. Ware verdirbt, weil niemand kommt.
Boote bleiben am Steg – „Kapitän Re“ auf der Insel der Jugend
Wo sonst Kanus übers Wasser gleiten, ist es diesen Sommer oft ruhig. „Kapitän Re“ (53), betreibt den Bootsverleih Kanuliebe auf der Insel der Jugend. Die Saison sollte eigentlich von Ostern bis Oktober laufen – aber: „Dieses Jahr ist für uns eine Katastrophe.“ Stornierungen, spontane Absagen, viele Tage, an denen er den Laden gar nicht erst öffnet.
Bonjour Sommer-Tristesse am Tretboot-Verleih Kanuliebe auf der Insel der Jugend
Foto: Charles Yunck
„Bei Dauerregen lohnt es sich einfach nicht. Es kommt ja niemand.“ Weil er das ganze Jahr Miete zahlt, nicht nur im Sommer, steigt das Minus weiter. „Wir haben dieselben Fixkosten wie andere Unternehmen. Aber unsere Einnahmen hängen allein von diesen wenigen Monaten ab.“
Freibad Weißensee: Null Gäste bei 17 Grad
Wenn es warm ist, kommen 600 Menschen am Tag. Doch diesen Juli stand das Strandbad Weißensee oft leer. „An verregneten Tagen sind es null, bei 17 Grad ebenfalls null“, sagt Betreiber Stefan Reinhardt. Unterm Strich fehlen ihm 50 Prozent der Besucher im Vergleich zum Vorjahr. Das Problem: Die Fixkosten laufen weiter – und die sind hoch.
Ganze 50 Prozent weniger Badegäste als letztes Jahr kommen diese Saison ins Strandbad Weißensee von Betreiber Stefan Reinhardt
Foto: Niels Starnick/BILD
Reinhardt zahlt monatlich eine fünfstellige Summe an Miete und Nebenkosten an die Berliner Bäderbetriebe. „Geld, das wir nicht einnehmen, müssen wir aus Privatvermögen oder über Kredite stemmen. Sonst wird uns der Vertrag gekündigt.“ Er hat noch fünf Wochen Zeit, das Minus aufzuholen. Sonst könnte es das letzte Jahr für ihn als Betreiber sein.