Gala, Fener & Besiktas im Fokus
©TM/IMAGO
In den vergangenen Jahren haben die vier großen türkischen Vereine – Galatasaray, Fenerbahce, Besiktas und Trabzonspor – immer wieder mit spektakulären Transfers, Rekordablösen und -gehältern für Aufsehen gesorgt. Im Sommer 2025 ist das nicht anders: Meister Galatasaray zahlt Leroy Sané (29) ein Nettogehalt von 9 Millionen Euro und für Victor Osimhen (26) eine Ablöse von 75 Millionen Euro. Fener verpflichtete Jhon Durán (21) mit einem Jahresgehalt von 20 Mio. Euro und BJK zahlte inklusive Boni 30 Mio. Euro für Orkun Kökçü (24). Dabei hieß es doch immer, die türkischen Klubs hätten riesige Schuldenberge – warum geben sie also derart viel aus? Und woher kommt das Geld?
Die Antwort liegt im Sommer 2022. Galatasaray beendete damals die Süper Lig auf dem 13. Platz – eine der schlechtesten Saisons der Vereinsgeschichte. Fenerbahce wartete seit 2014 auf einen Titelgewinn und Besiktas kämpfte mit einer schweren finanziellen Krise. Trabzonspor nutzte damals die Gunst der Stunde und holte den ersten Titel seit 40 Jahren. Diese Entwicklung führte dazu, dass vor allem Galatasaray und Fenerbahce einen radikalen Umbruch und eine aggressive Transferpolitik einleiteten. Im Sommer 2022 wurde Dursun Özbek erneut zum Präsidenten von Galatasaray gewählt und ernannte Erden Timur zum Verantwortlichen für den Fußballbereich – ein entscheidender Schritt.
Timur war zwischen 2022 und 2024 stellvertretender Vorsitzender von Galatasaray Sportif AŞ. In einem Interview sagte er damals: „Es wird sechs große Ligen in Europa geben – und die Türkei wird dazugehören. Dann können Galatasaray, Fenerbahce und Besiktas auch die Champions League gewinnen.“ Unter seiner Führung setzten die Löwen wieder verstärkt auf internationale Stars – was auch die Lokalrivalen beeinflusste. In der Folge stiegen Ablösen und Gehälter in der Süper Lig rapide an. Galatasaray verpflichtete mit Okan Buruk einen neuen Trainer und holte internationale Stars wie Mauro Icardi (32), Dries Mertens (38), Lucas Torreira (29) und Juan Mata (37). Fener wiederum setzte auf Jorge Jesus als Trainer und brasilianische Spieler. Die Rivalität spitzte sich zu, ihre Kaderwerte stiegen rasant und übertrafen bald deutlich den Rest der Liga. Dieser Trend hielt in den Folgejahren an.
Im Sommer 2023 verpflichtete Galatasaray Spieler wie Wilfried Zaha (32), Hakim Ziyech (32), Davinson Sánchez (29) und Tetê (25) und überschritt damit erstmals seit der Einführung der Marktwerte im Jahr 2004 eine Kaderbewertung von 250 Millionen Euro. Fenerbahce antwortete mit Cengiz Ünder (28), Fred (32), Sebastian Szymański (26) und Edin Džeko (39). 2024 führte Galas erfolgreiche Titelverteidigung dazu, dass Fener José Mourinho als Trainer engagierte. 2025 erreichte der Transfermarkt dann endgültig eine neue Dimension. Osimhen und Durán sind in Sachen Ablöse und Gehalt die mit Abstand teuersten Spieler der Süper-Lig-Geschichte.
Doch auch über die 20 Mio. für den Kolumbianer und die inkl. Boni 22 Mio. Euro für den Nigerianer hinaus locken die großen Istanbuler Klubs ihre Neuzugänge mit Top-Gehältern. Für Spieler wie den gerade nach Leihe als festen Zugang vorgestellten Milan Škriniar (30) und Marco Asensio (29), dessen Wechsel noch nicht abgeschlossen ist, sind laut Berichten je 9 Mio. bis 10 Mio. Euro geplant. Besiktas zahlt Tammy Abraham (27) 7 Mio. Euro jährlich, Rafa Silva (32) 6 Mio. und Kökçü 5 Mio. Euro. Dabei handelt es sich um Nettobeträge, die aufgrund von Steuern und Abgaben natürlich noch einmal anwachsen.
Trotz Schuldenlast: Woher haben Galatasaray & Co. Geld?
2025 überstieg die Gesamtschuld der vier großen Klubs 1,14 Milliarden Euro. Allein die Netto-Transferausgaben der letzten fünf Jahre summieren sich auf über 261 Mio. Euro. Doch nur ein Teil der Transfers wurde durch Ticketverkäufe, Fanartikel und Sponsoring finanziert – der Rest durch Bankkredite oder persönliche Mittel der Vereinspräsidenten. Das erhöhte die Schulden und vertiefte die finanzielle Krise. Wie steuern die Vereine dagegen?
Galatasaray profitiert vom Florya-Projekt: Aus der Neubebauung des alten Trainingsgeländes sollen 500 Mio. bis 600 Mio. Euro erlöst und alle Bankschulden getilgt sowie die Transfers samt der Osimhen-Ablöse finanziert werden. Mit einer ersten 50-Mio.-Euro-Tranche wurde ein Teil der Schulden bei der Bankenvereinigung bezahlt. Der Verein bekommt den Rest des Geldes in den nächsten Jahren. Trikotsponsoring mit einem doppelt so hohen Volumen wie zuvor – 80 Mio. Euro von der Pasifik Holding –, die Champions League und globale Partnerschaften bringen zusätzliche Mittel. Präsident Özbek bezeichnete die Situation als „historisch“.
Wichtig zu erwähnen: Ein wesentlicher Teil der Liquidität basiert auf Prognosen und Überschreibungen von Vermögenswerten. Das bedeutet, dass ein Teil der Mittel zum Zeitpunkt der Schuldenfälligkeit zwar als gesichert gilt, jedoch noch nicht vollständig eingegangen ist. Diese Praxis wird teilweise kritisch betrachtet, da der Verein bereits jetzt zukünftige Einnahmen verplant.
Fenerbahces Präsident Ali Koç unterstützt den Verein durch sein Netzwerk in der Wirtschaft. Als einer der reichsten Unternehmer der Türkei sorgt Koç durch Eigenmittel und lukrative Sponsorenverträge – etwa mit Adidas und der US-Marke Chobani – für hohe Einnahmen. Letztere soll in den nächsten zehn Jahren etwa für Einnahmen in Höhe von 120 Mio. Euro sorgen. Auch die Fenerium-Shops bringen wichtige kommerzielle Erlöse.
Bei Besiktas steht das Dikilitaş-Projekt im Fokus, bei dem auf vereinseigenem Gelände im gleichnamigen Stadtteil ein Immobilienentwicklungsprojekt realisiert wird. Die erwarteten 150 Mio. bis 200 Mio. Euro Nettoeinnahmen bei einem prognostizierten Umsatz von 400 Mio. Euro sollen zur Schuldenreduzierung beitragen. Aufgrund von Rekordschulden in Höhe von rund 360 Mio. Euro Stand Mitte Juni sind dem Klub zuvor sehr hohe Zinskosten entstanden. Einnahmen aus Stadionflächen, Sponsoring und Fanartikeln sind weitere wichtige Quellen.
Trabzonspor bleibt unter den anatolischen Vereinen der umsatzstärkste Klub. Projekte wie die Kartal- und Akyazı-Anlagen, lokale Kooperationen und starke Fanbindung bringen wichtige Mittel.
Fan-Druck und Transferwahn in der türkischen Süper Lig
Ein weiterer Faktor bei der Frage, wie der Transferrausch zustande kommt, ist der hohe Erwartungsdruck der Fans. Die Verpflichtung großer Namen hat Begehrlichkeiten geweckt. Inzwischen wird in jeder Transferphase nach neuen Stars verlangt – das zwingt die Verantwortlichen zum Handeln. Statt auf Talente zu setzen, dominiert der Griff zu bekannten Namen. Seitdem auch saudische Klubs 2023 aggressiv auf dem Transfermarkt agieren, verlieren türkische Vereine zusätzliche Zielspieler, die auf dem westeuropäischen Markt womöglich nicht mehr so große Zugkraft haben. Ohne den Einfluss von Al-Hilal und Co. könnten heute noch mehr Stars in der Süper Lig spielen.
Der türkische Fußball wird jedes Jahr teurer und härter umkämpft – vor allem zwischen Galatasaray und Fenerbahce. Ihre Rivalität prägt auch die Strategien der übrigen Vereine. Platz eins und zwei scheinen fest in ihrer Hand. Die spektakulären Transfers begeistern Fans, doch die finanzielle Nachhaltigkeit ist fraglich. Für langfristigen Erfolg müssten die Klubs auf junge Talente setzen und diese gewinnbringend nach Europa verkaufen. Doch derzeit dominiert das Gegenteil: Weniger Jugendarbeit, mehr teure Stars für kurzfristigen Erfolg.