Kiel. Gerade einmal die erste von sechs Wochen der großen Ferien ist vorüber – und die Kieler Kommunalpolitik befindet sich bereits tief in der Sommerpause. Viele Ratsleute entspannen offenbar beim Plantschen vor heimischen und fernen Stränden oder beim Wandern in den Bergen. Selbst beim Wacken-Open-Air soll eine Kieler Mandatsträgerin gesehen worden sein. Mehr Kontrastprogramm geht nicht.

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Alle wollen – verdientermaßen – den Kopf freibekommen. Das ist allein daran zu erkennen, wie dünn die politischen Reaktionen auf den Haushaltsentwurf für 2026 ausgefallen sind. Kämmerer Christian Zierau hatte das Werk in dieser Woche vorgelegt. Nur die Fraktionen von CDU und SSW kommentierten die tiefroten Zahlen, bei allen anderen herrscht Funkstille, die Kooperationspartner von Grünen und SPD inbegriffen.

CDU Kiel zum Haushalt: Kämmerer plant zu optimistisch

Das ist bemerkenswert, denn genau aus der grün-roten Ecke kamen zuletzt Forderungen nach mehr Führung in Richtung Verwaltungsspitze auf, nachdem Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) im Mai die Haushaltssperre für die Stadt Kiel verhängt hatte. Die Ratsmehrheit aus Grünen und SPD selbst will die politische Führung wohl erst im September wieder aufnehmen, scheint es.

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Dabei wäre schon interessant, ob die dominanten Fraktionen überhaupt Ideen haben, um die Stadt aus der Finanzmisere zu führen. Die Christdemokraten nutzten zumindest die Gelegenheit, die Etatplanung für die nächsten Jahre als viel zu optimistisch zu brandmarken. Tatsächlich hatte der Kämmerer den Versuch angekündigt, den Haushaltsausgleich bis zum Jahr 2029 zu schaffen – obwohl nach aktueller Prognose dann noch ein Defizit von 66,6 Millionen Euro zu erwarten ist.

Er hoffe, „dass es nicht die erste Aufgabe des neuen Oberbürgermeisters sein wird, wieder eine Haushaltssperre verhängen zu müssen“, unkte CDU-Ratsherr Ralph Roick mit Blick auf die OB-Wahl im November und die Amtsübernahme des Wahlsiegers im April 2026. Erwartungsgemäß ließ Roick auch das CDU-Lieblingsthema nicht links liegen: „Wer sich angesichts dieser schlechten Zahlen ernsthaft noch an das Milliardenprojekt Stadtbahn klammert, handelt finanzpolitisch fahrlässig.“

Viele Gebühren in Kiel lange nicht erhöht

Befürworter der geplanten Stadtbahn würden entgegnen: Ergebnis- und Investitionshaushalt haben nur bedingt miteinander zu tun. Aber auch der SSW machte seine politische Position noch einmal deutlich: „Wer ernsthaft meint, durch ständiges Drehen an der Gebührenschraube den Haushalt sanieren zu können, verkennt die soziale Realität vieler Menschen in Kiel“, sagte Fraktionschef Marcel Schmidt.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Etliche Gebühren sind in Kiel seit vielen Jahren nicht angepasst worden – das wiederum kann angesichts der Haushaltslage als fahrlässig bezeichnet werden. Bis September müssen die Fraktionen sich mit dem Haushalt befassen. Denn jetzt zählt es wirklich, wie Kämmerer Christian Zierau diese Woche treffend formulierte. Die Sommerpause darf also nicht zu lang ausfallen.

KN