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Saskia Calden, 47, lebt im Berchtesgadener Land und schreibt unter Pseudonym. Mit ihren Thrillern gehört sie zu den erfolgreichsten Selfpublisherinnen im deutschsprachigen Raum. © Kilian Pfeiffer
Wenn Bestsellerautorin Saskia Calden schreibt, dann tut sie es allein. Am Schreibtisch in ihrer Wohnung, irgendwo im Berchtesgadener Land, ganz ohne Glamour. Was nach romantischem Schriftstellerklischee klingt, ist in ihrem Fall vor allem eines: tägliche, harte Arbeit, sagt sie. „Ich schaffe zwei Seiten pro Tag.” Viel mehr sei nicht drin. Dafür aber täglich, acht Monate lang, pro Roman.
Berchtesgadener Land – Aktuell sorgt Band drei der Reihe von Autorin Saskia Calden, um die Ermittlerin Evelyn Holm für Aufsehen in den E-Book-Charts: „Das geheime Zeichen“ führt in die Abgründe eines elitären Künstlerclubs, in dem das falsche Symbol tödlich enden kann. Ein mysteriöses Skelett, eine alte Kette, ein Symbol, das Holm bereits aus einem früheren Fall kennt. Und mittendrin eine junge Frau, Viola, deren künstlerischer Traum in einem Geflecht aus Macht und Angst zu zerbrechen droht.
Ein düsterer, beklemmender Plot, geboren, wie so oft bei Calden, aus dem inneren Druck, eine neue Geschichte zu schaffen. „Ich muss vorausdenken, immer Ideen sammeln. Es warten viele Leser auf den nächsten Teil“, sagt sie im Gespräch. Der vierte Band ist bereits in Planung, erscheinen soll er im Februar.
Keine klassische Verlagsveröffentlichung, aber trotzdem erfolgreich
Saskia Calden ist ein Pseudonym. Ihren echten Namen möchte die Autorin nicht veröffentlicht sehen. Nicht, weil sie sich schämt, sondern aus Schutz. „Ich bekomme viele Mails, manche sind harmlos, manche nicht. Es muss nicht jeder wissen, wer ich bin und wo ich wohne.“ Früher veröffentlichte sie Fachbücher, auch einen Erotikroman hat sie in vergangenen Zeiten geschrieben. Doch der Thriller ist das Genre, das sie nie mehr losließ. Calden ist 47 Jahre alt, Mediengestalterin von Beruf. Seit mehr als 20 Jahren ist sie selbstständig. Schreiben sei immer schon leicht gewesen, sagt sie, zumindest das Formulieren. Nicht aber der Weg dahin. „Das Schreiben des Buches selbst ist zermürbend“, weiß die Autorin. „Es ist viel Frust dabei, viel Zweifel. Und ständig die Angst, die Leser zu enttäuschen.“ Dass sie mit dieser Angst nicht allein ist, weiß sie aus zahlreichen Gesprächen mit Kolleginnen. „Der Austausch ist wichtig.” Auch, um mental gesund zu bleiben.
Bekannt wurde Saskia Calden nicht durch klassische Verlagsveröffentlichung. Ihren ersten Thriller „Der stille Feind“ brachte sie im Alleingang auf den Markt: Covergestaltung, Buchsatz, Blogger-Netzwerk, alles selbst gemacht. Als ausgebildete Mediengestalterin hatte sie das nötige Werkzeug. Nach dem zähen Schweigen diverser Literaturagenturen wagte sie den Schritt ins Selfpublishing, und landete einen Überraschungserfolg.
Die Evelyn-Holm-Reihe von Saskia Calden: „Der Puppenwald“, „Die falsche Patientin“ und der nun erschienene dritte Band „Das geheime Zeichen“ haben sich hunderttausendfach als E-Books verkauft. © Evelyn Holm
„Ich glaube nicht an Glück, sondern an Wahrscheinlichkeiten.“ Ein Satz, der viel über ihre Herangehensweise verrät. Sichtbarkeit ist das zentrale Schlagwort. Saskia Calden weiß, wie Algorithmen im Internet funktionieren, und wie man Leser erreicht. Sie betreibt einen Newsletter, ist aktiv auf Instagram und weiteren Social Media-Seiten, pflegt ihre Community. Dort posten viele ihre Bücher, schildern ihre Leseerlebnisse, erwarten immerzu Nachschub. „Wenn ein neuer Band erscheint, steigen auch die Verkäufe der älteren. Das schiebt alles nach oben.“
Seitdem steht sie bei Amazon Publishing unter Vertrag. Auch das war kein geradliniger Schritt. „Zuerst habe ich das Angebot abgelehnt. Viele hatten mir abgeraten, mich zu binden.“ Heute erreicht sie über die Plattform Zehntausende. Nur im stationären Buchhandel ist sie kaum präsent. Das Taschenbuch ist zwar bestellbar, „aber im Laden findet man mich in der Regel nicht“. Die Bestsellerlisten hingegen kennt sie von oben: „Der Puppenwald“, ein düsterer Thriller über ein entführtes Mädchen, das zur „lebenden Puppe“ werden soll, stand wochenlang auf Platz eins der E-Book-Charts, hat allein knapp 10000 Bewertungen.
Vor dem ersten Satz steht ein Szenenplan
„Ich lese selbst kaum Bücher”, sagt Saskia Calden im Gespräch. „Vielleicht fünf im Jahr, und das auch nicht zur Unterhaltung“, sagt Calden. Sie liest, um sich zu strukturieren, um sich in Schreibstimmung zu bringen. Ihre Romane entstehen nie aus dem Bauch heraus, sondern folgen einem exakten Plan. Vor dem ersten Satz stehen: ein vollständiger Szenenplan mit 50 bis 60 Kapiteln, ausgearbeitete Figurenprofile, klarer Spannungsbogen. Und dann schreibt sie: chronologisch, Strang für Strang. Opferperspektive. Ermittlerperspektive. Am Ende werden die Fäden verwoben. „Ich plotte sehr genau. Ich möchte den Leser genau dorthin führen, wo ich ihn haben will.“ Das, sagt sie, sei das eigentliche Handwerk. Dafür analysiert sie Romane anderer Autorinnen, seziert Dramaturgie, testet Twists. Ihre Bücher werden mehrfach durchlektoriert: Inhaltslektorat, Stillektorat, Korrektorat. „Ich will Qualität liefern. Auch wenn ich am liebsten am Plot feile. Das Schreiben ist für mich der anstrengendste Teil.“
Auch moderne Werkzeuge kommen zum Einsatz. „Ich verwende ChatGPT, aber nicht fürs Schreiben“, betont sie. „Nur um bestimmte Begriffe zu finden, etwa wenn es darum geht, dem Leser Motivation oder psychologische Beweggründe näherzubringen.“ Texte generieren lasse sie sich nicht. „Die KI schreibt einfach nicht schön.“ Saskia Calden ist kein Medienstar, und sie hat auch kein Interesse daran, einer zu werden. Hin und wieder nimmt sie an Videoschalten teil, etwa im Austausch mit Content Creators. Ihr Name wächst vor allem online. Im Schatten der klassischen Literaturwelt hat sie sich eine eigene Bühne gebaut. Sie weiß: Jedes Buch ist wieder eine Wette auf die Gunst des Publikums. „Man weiß nie, ob es ankommt.“
Nächster Teil in Arbeit
Doch Saskia Calden denkt längst weiter. Der vierte Band der Emily-Holm-Reihe ist bereits in Arbeit, das Manuskript muss im September abgegeben werden, erscheinen soll der neue Thriller im Februar, wenn sich nicht doch noch etwas verschiebt. Inhaltlich knüpft er an das Erfolgsrezept der Vorgänger an: zwei scheinbar getrennte Schicksale, die durch ein verstörendes Detail miteinander verknüpft sind. Diesmal gerät eine Frau ins Wanken, als ihr ein Fremder auflauert, ihr Nachrichten schickt und ein geflochtenes Armband vor die Tür legt, mit beunruhigenden Hinweisen auf ihren Ehemann. Parallel dazu wird eine Studentin vermisst, und wenig später taucht in einem Waldstück eine Frauenleiche auf. Kommissarin Evelyn Holm erkennt das Muster: Auch hier taucht das rätselhafte Armband auf.
Ein neuer Fall, ein neuer Albtraum, und wie immer bei Calden: eine Geschichte, die von Anfang an auf psychologische Spannung setzt und ihre Leser dorthin führt, wo sie nicht hinwollen, aber am Ende dann doch unbedingt weiterlesen müssen. (kp)
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