Wacken (Schleswig-Holstein) – Was für ein SCHLAMMassel – für Metal-Fans aber das Mekka. Bis Samstag war die 2098-Seelen-Gemeinde Wacken ein riesiges Festivalgelände voller Energie, lauter Gitarren-Riffs und endloser Matsch-Partys.
Auf dem Wacken Open Air treffen sich Menschen aus allen Lebensbereichen mit ganz normalen Jobs. BILD hat die Festival-Besucher gefragt, wie ihr wahres Leben aussieht.
Ronja (23) und Emilie (22) sind durch ihre Trinkhelme immer gut versorgt
Foto: Olaf Selchow
Dresdnerinnen wollten Schlamm beim Wacken
Ronja Scheinpflug (23) und Emilie Schuricht (22) aus Dresden (Sachsen) arbeiten als Mediendesignerinnen: „Auf der Arbeit feiern uns alle für unser Hobby und haben uns schlammige Wacken gewünscht. Die Tätigkeit am Computer ist eher ruhig. Ganz anders Wacken: Hier trinken wir pro Tag bis zu 4 Liter Bier. Unsere Trinkhelme haben wir mit Apfelwein gefüllt – man kann nicht den ganzen Tag Bier trinken.“
Osiris im OP-Hemd in Wacken. Mal etwas anderes als ein Band-Shirt
Foto: Olaf Selchow
Im OP bei der Arbeit: Chirurg Osiris Elfenbein (32) ist Fan von Guns N’ Roses
Foto: privat
Mit OP-Kittel zum Festival
Osiris Elfenbein (32) aus Heidelberg (Baden-Württemberg) arbeitet als Allgemeinchirurg: „Normalerweise mache ich im OP chirurgische Eingriffe bei Wunden durch Brände. Ich möchte mich auf Wiederherstellungs- und Schönheitschirurgie spezialisieren. Gestern um 2 Uhr bin ich in Wacken angekommen. Vorher habe ich zu Hause meinen alten OP-Kittel gefunden und eingesteckt. Ansonsten habe ich nur Guns-N’-Roses-Shirts. Wegen der Band bin ich in Wacken.“
Ifa-Chef Leif Lindner (53) ist treuer Wacken-Besucher. Seit 2013 ist er jedes Jahr dabei
Foto: Olaf Selchow
Und hier ganz förmlich im Anzug bei der Eröffnungs-Pressekonferenz der Ifa im letzten Jahr
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„Die Musik ist für mich die totale Entspannung“
Leif Lindner (53) ist Geschäftsführer der Innovation for all (Ifa)-Messe: „Ich habe weltweit mit Journalisten, Politikern und Ausstellern zu tun. Da ist Anzug angesagt. Hier in Wacken kann ich meine Kutte tragen. Ich komme seit 2013 jedes Jahr her, das ist meine Leidenschaft. Manche denken: Wie kann der vier Wochen vor der Ifa auf ein Festival gehen? Wenn die Organisation läuft, ist alles in Ordnung. Die Musik ist laut, aber für mich totale Entspannung.“
Marcel Nettekoven (30) aus Schleswig-Holstein genießt sein erstes Mal Wacken
Foto: Olaf Selchow
Auch auf der Arbeit als Kfz-Mechaniker hört er Heavy Metal
Foto: Privat
Volle Metal-Dröhnung für Autoschrauber
Marcel Nettekoven (30), Kfz-Mechaniker aus Rendsburg (Schleswig-Holstein): „Ich bin Kfz-Mechaniker. Bei der Arbeit hören meine Kollegen und ich auch Heavy Metal – das mögen alle. Ich bin auch Fan von lauten Motoren, mein Hobby und mein Job passen also gut zusammen. Es ist mein erstes Mal Wacken. Meine Freundin war schon zehnmal hier und hat mich dieses Mal mitgenommen. Wir geben uns die volle Dröhnung, bleiben von Sonntag bis Sonntag.“
Melina arbeitet in einem sozialen Beruf, kümmert sich dort um Menschen mit Behinderung
Foto: Olaf Selchow
„Im Job trage ich einen Kittel“
Melina Friese (21) aus Schloß Holte-Stukenbrock (NRW) arbeitet in der Heilerziehungspflege: „Bei der Arbeit kümmere ich mich um Menschen mit Behinderung. Um die Morgenroutine, aber auch um psychische Probleme. Da sehe ich nicht so aus wie in Wacken! Im Job trage ich einen blauen Kittel. Für mein Make-up heute habe ich 40 bis 50 Minuten gebraucht. Das habe ich alles allein und freihand gemacht.“
Mickey Wittmüß (29) machen der Regen und der Matsch nichts aus
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Als Mitarbeiterin eines Kletterparks ist sie zwar auch immer in der Natur, dafür aber in luftiger Höhe
Foto: Privat
„Wacken muss matschig sein“
Mickey Wittmüß (29) arbeitet als Mitarbeiterin im Kletterpark Hanerau-Hademarschen (Schleswig-Holstein): „Ich mag Adrenalin. Bei meiner Arbeit im Kletterpark gibt es das vor allem, wenn ich im Winter selbst an den Plattformen in 18 Meter Höhe baue. Sonst kann es sehr ruhig sein, zum Beispiel, wenn ich einen Kindergeburtstag organisiere. Ich habe dort seit sechs Jahren meinen Traumjob gefunden. Wacken ist dieses Jahr super. Es muss genauso sein: Entweder richtig heiß oder so matschig und regnerisch wie jetzt.“
Rewe-Marktleiter Noah versucht mit seiner Pony-Motiv-Hose seine ‚Pferde-Phobie‘ zu therapieren
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1. Mal Wacken für Supermarkt-Chef
Noah Masloff (24) aus Marburg ist Marktleiter bei Rewe: „Der Inhaber ist auch Metalhead, deshalb hat er bisher immer alles erlaubt. Letztes Jahr war ich auf 16 Konzerten, dieses Jahr zum ersten Mal Wacken. Im Mitarbeiterradio läuft morgens auch Metal, ansonsten ist mein Job viel Organisieren und Arbeit hinter den Kulissen. Mein Outfit ist von meinen Kollegen inspiriert: Ich habe Angst vor Pferden, deshalb ist das für mich jetzt ein bisschen Therapie.“
Als Hommage an seine Freundin „Entchen“ trägt Finn ein gelbes Quietscheenten-Outfit
Foto: Olaf Selchow
Finn Keller (23) aus Marburg (Hessen) arbeitet als Fliesenleger: „Während der Arbeit höre ich Metal auf Vollgas. Meine Kollegen sagen, das wäre Satanik-Musik. Ich höre es aber trotzdem. In Wacken bin ich jetzt das dritte Mal, und wettertechnisch bin ich auch schon abgehärtet. Mein Outfit ist an meine Freundin angelehnt. Das ist jetzt ein bisschen peinlich: Ihr Kosename ist ‚Entchen‘, und so ist sie immer dabei.“
Tatiana Decker (23) ist bereits das dritte Mal in Wacken. Die Gummistiefel sind fester Bestandteil der Festival-Garderobe
Foto: Olaf Selchow
Auch bei ihrem Job als Physiotherapeutin trägt Tatiana konsequent Band-Shirts. Hier massiert sie Gäste auf dem Campingplatz von Wacken
Foto: Privat
„Totales Kontrastprogramm“
Tatiana Decker (23), Physiotherapeutin aus Lahr im Schwarzwald: „Bei meiner Arbeit als Physiotherapeutin falle ich durch die Haare und Bandshirts auf. Das ist ein totales Kontrastprogramm. Die Patienten verbinden meinen Job mit Entspannung – mit meinem Hobby aber nicht. Manche ältere Patienten sind abgeneigt. Wenn ich Gruppen leite, lasse ich auch immer Metal- oder Rockmusik laufen. Manche Männer finden das gut. Andere gar nicht. Da muss ich auch mal einen Schlager laufen lassen.“
Wacken-Wikinger Andreas Greim (49), genannt Greimi, hat eins der interessantesten Outfits auf dem Festival
Foto: Michael Engelberg
BILD-Reporterin Isabel Pfannkuche im Gespräch mit einem Metal-Fan, der extra aus Belgien nach Wacken reiste
Foto: Olaf Selchow
Der „Wacken-Wikinger Greimi (49) erlebt den Wacken-Wahnsinn zum 22. Mal: „Wacken ist immer mein Jahresurlaub, egal, für welche Firma ich tätig bin. Das ist ganz klar. Hier bin ich auch nicht allein, habe 85.000 Leute hinter mir. Im wahren Leben arbeite ich in der Produktion einer Firma.“
BILD-Reporter bekehrt: Vom Wacken-Frischling zum Metaller
Quelle: BILD02.08.2025