Fußball

Zwei Euro Eintritt, eine Wurst, ein Bier und ehrlicher Fußball – Der Exer-Pokal in Pankow

Sa 02.08.25 | 12:48 Uhr | Von Ilja Behnisch

Szene vom Exer-Pokal 2024 (imago images/Sebastian Räppold)Bild: imago images/Sebastian Räppold

Von staubigen Plätzen in den 30ern bis zur Tesch-Arena im Sommer 2025 – warum der Exer-Pokal in Berlin-Pankow mehr ist als nur ein Amateurturnier. Von Ilja Behnisch

Wenn in Berlin von Fußballtradition die Rede ist, denken vermutlich viele erstmal an Hertha oder Union. Doch auch fernab der obersten Ligen gibt es Orte, an denen der Fußball seit vielen Jahren seine ganz eigene Geschichte erzählt. So wie der Exer-Pokal. Ein Turnier mit bewegter Geschichte und besonderer Bedeutung – für den Bezirk Pankow, den Berliner Amateurfußball und eine Fangemeinde, die sich alljährlich im Sommer an der Dunckerstraße versammelt.

Was heute als Vorbereitungsturnier zwischen Bezirks-, Landes- und Kreisliga-Teams stattfindet, begann bereits vor rund 90 Jahren. Auf staubigem Boden, wo einst die preußische Armee exerzierte. Im heutigen Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, früher einfach nur der „Exer“, wurden schon Anfang der 1930er-Jahre Fußballspiele unter diesem Namen ausgetragen. Ob diese frühen Wettbewerbe jedoch direkte Vorläufer des heutigen Exer-Pokals sind, lässt sich historisch nicht zweifelsfrei belegen. Klar ist: Die moderne Turniergeschichte begann 1951 – als Bezirksmeisterschaft vom Prenzlauer Berg, auf dem frisch eröffneten Jahn-Sportpark.


Mehr als ein Wettkampf

Nach einer mehrjährigen Pause wurde das Turnier in den Achtzigern von zwei Vereinen wiederbelebt, die es bis heute gemeinsam ausrichten: SG Nordring 1949 und SG Rotation Prenzlauer Berg. Seit 1999 findet es auf dem Tesch-Sportplatz statt, einem Fußballplatz, der sich eng an die Mietshauskulisse nahe des Humanplatzes schmiegt. Auch in diesem Jahr läuft das Turnier vom 18. Juli bis zum Finale am 9. August.

„Der Exer-Pokal ist mehr als ein sportlicher Wettkampf. Er ist gelebte Fußballkultur“, sagt Lars Gunder von der SG Nordring. Der erste Vorsitzende des Vereins verweist auf die generationsübergreifende Bedeutung des Turniers, das heute als Bezirkspokal von Pankow gilt. Dabei ist die Teilnahme bewusst auf zehn Teams begrenzt. Nicht nur aus logistischen Gründen, sondern auch als „bewusst gesetzter Rahmen“, so Gunder. Bewerben können sich alle Herrenmannschaften aus dem Bezirk, unabhängig von der Liga.

Das Turnierformat ist klassisch: zwei Gruppen à fünf Teams, vier Vorrundenspiele pro Mannschaft, anschließend Halbfinals, kleines und großes Finale. Die Spiele finden werktags abends statt, meist um 19 Uhr – in einem Rhythmus, der ideal in die Saisonvorbereitung der Teams passt. „Das ist was anderes als ein Freundschaftsspiel am Sonntagmorgen“, sagt Andreas Gräber von Rotation Prenzlauer Berg. „Hier stehen Zuschauer am Spielfeldrand, hier geht’s um was.“


Moderate Preise

Im Schnitt verfolgen rund 100 Menschen pro Spieltag das Geschehen. An lauen Sommerabenden oder zu den Finalspielen wird es eng rund um die Tesch-Arena, dann kommen schon mal 300 Zuschauer. „Das erleben wir bei Punktspielen nie. Über das gesamte Turnier verteilt kommen wir auf ungefähr 2.000 Zuschauer“, so Gräber.

Ein zentraler Bestandteil der Veranstaltung ist die ehrenamtliche Organisation. Die beiden ausrichtenden Vereine wechseln sich jährlich in der Hauptverantwortung ab. Seit dem Tod von Uwe Schmieglitz im Frühjahr 2025, der über Jahrzehnte die Seele des Turniers war, liegt das Projekt auf mehreren Schultern. „Uwe hat das Turnier gelebt“, sagt Gunder. „Sein Engagement, sein Humor, sein Organisationstalent – das hat den Exer-Pokal geprägt.“

Die Kostenstruktur ist bewusst niedrigschwellig gehalten: 80 Euro Startgeld pro Team, moderate Eintrittspreise (zwei Euro in der Vorrunde, drei Euro ab Halbfinale), ein einfaches Gastronomieangebot mit Bierwagen und Bratwurst. Dennoch gelingt es, 600 Euro Preisgeld für den Sieger und weitere Prämien für Platzierungen und den Torschützenkönig auszuschütten. Die Finanzierung ruht auf mehreren Schultern: Startgebühren, Standmieten, Getränkeumsatz – aber vor allem: das Publikum. „Was übrig bleibt, fließt zurück in den Sport“, betont Gunder.


Lokal und leidenschaftlich

Was den Exer-Pokal ausmacht, ist hingegen schwer in Zahlen zu fassen. Es ist diese Mischung aus Wettkampf und Nachbarschaft, aus Ehrgeiz und entspannter Kiezwärme. „Du kommst mit zwei Euro rein, kriegst ’ne Wurst, ’n Bier – und siehst ehrlichen Fußball“, bringt es Gräber auf den Punkt. Auch viele junge Leute haben das Format längst für sich entdeckt – in einer Zeit, in der Profi-Fußball oft schwer zugänglich wirkt.

Der Exer-Pokal ist vielleicht kein Spektakel wie das DFB-Pokalfinale, und doch ein Ereignis. Kein großes Turnier, und doch ein großes Gefühl. Und er zeigt: Auch im Schatten der ganz großen Stadien lebt der Fußball. Lokal und leidenschaftlich.

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.08.2025, 19:15 Uhr

Beitrag von Ilja Behnisch