Am 14. Oktober beendet Microsoft den Support für Windows 10. Das bedeutet, es werden keine Updates mehr bereitgestellt und auftretende Sicherheitslücken werden nicht mehr geschlossen. Für einen Teil der Windows-Nutzer lässt sich das Problem leicht lösen, sie können Windows 11 installieren und es geht nahtlos, abgesehen von einigen Neuheiten, weiter.
Anders ist das bei Menschen, die einen Computer haben, der nicht für Windows 11 geeignet ist. Geht es nach Microsoft, ist die Lösung der Kauf eines neuen Gerätes. Es gibt aber eine andere Möglichkeit, man nutzt das freie Betriebssystem Linux.
Wir sprachen dazu mit Michael Röhrig, Mitglied der Leipziger Linux User Group. Michael und der Autor kennen sich seit Jahren und haben das Du auch im Gespräch beibehalten.
Michael, sag erst einmal ein paar Worte zu Dir.
Ich bin 317ppm geboren (Nerd-Witz) und nutze seit Win95b-Zeiten Linux als einfacher Anwender. Ich arbeite als Aufnahmeleiter in Leipzig, ja, und das war’s schon.
Ich sagte es ja eingangs, Du bist Mitglied der Leipziger Linux User Group, ihr seid, kurz gesagt, eine Gruppe von Menschen, die sich mit Linux beschäftigen. Sprechen wir zuerst kurz über Linux, viele Menschen haben da Bedenken. Muss man, um Linux zu nutzen, so eine Art Informatiker oder Nerd sein oder kann man das als ganz normaler Mensch nutzen?
Das kann jeder, der einen Computer hat, nutzen und jeder, der Spaß daran hat, endlich was Richtiges auf seinem Rechner laufen zu haben. Linux ist einfach zu installieren und läuft auch auf alter Hardware. Zahlreiche Leute werden ja jetzt diese Meldung bekommen haben, dass auf ihrem Rechner der Support endet. Unter Umständen wurde der Rechner schon von Microsoft aus der Ferne geprüft, ob die Hardware-Voraussetzungen erfüllt sind, um Windows 11 benutzen zu können.
Wenn das nicht gegeben ist, dann empfiehlt Microsoft eiskalt, greife in Deine Hosentasche, kaufe Dir einen neuen Rechner. Das betrifft nicht wenige Leute, die sich während der Corona-Pandemie einen Rechner gekauft haben. Einige Händler haben damals zum Teil veraltete Hardware für viel Geld an den Mann gebracht. Die wäre unter normalen Umständen damals gar nicht mehr so zu verkaufen gewesen. Der Bedarf war halt da und riesengroß.
Wie kompliziert ist es denn, einen Rechner auf Linux umzustellen?
Im Prinzip ist die Frage falsch gestellt, denn es ist nicht kompliziert, sondern es ist ein Vorgang, für den man etwa 20 Minuten Zeit braucht. Wenn man die investieren möchte und der Rechner sowieso nicht Windows 11 unterstützt, sollte man es auf jeden Fall versuchen und die 20 Minuten investieren. Was ich dazu brauche, ist ein USB-Stick mit mindestens 4 Gigabyte Speicherplatz. Wenn persönliche Daten auf dem Rechner sind, die nicht in die Cloud geschickt wurden, dann sollte man diese Daten auf eine externe Festplatte oder ein anderes Medium speichern. Dann kann Linux installiert werden!
Ist die Installation selbsterklärend, also wird man da durchgeführt?
Die Installation ist weitestgehend selbsterklärend. Man muss sich allerdings vorher ein paar Gedanken machen, was will beziehungsweise was brauche ich. Es gibt zahlreiche Anbieter unterschiedlicher Linux Distributionen. Diese lassen einem dann auch unterschiedliche Freiheiten, im Gegensatz zu Microsoft, wo es nur einen Anbieter und eine Möglichkeit gibt.
Das Linux-Biotop scheint für den Windows-Nutzer unübersichtlich zu sein, da gibt es SUSE, Ubuntu, Mint und weitere. Was braucht der normale Nutzer, der im Netz surft, Videos schaut, E-Mails und vielleicht noch Texte schreibt und Tabellenkalkulation macht?
Diese Distributionen und andere würden das alles erfüllen können. Das ist wirklich nicht das Thema, die Distros kann jeder benutzen und auch installieren. Die Frage ist natürlich, wie komme ich da dran? Dafür brauchen wir entweder einen anderen Rechner oder wir setzen uns noch mal an den Windows Rechner, um dort die entsprechende Distribution herunterzuladen.
Lass uns das einfach am Beispiel von Linux Mint vormachen. Du gehst einfach auf die Seite und suchst dann den Downloadbereich. Dort werden verschiedene Angebote gemacht und da beginnt die Freiheit bereits. Man kann zwischen drei Desktopoberflächen wählen, also dem Look &Feel. Hätte ich es gern sachlich oder ich hätte es gern einfach oder ich hätte es gern, verspielt, funktional oder operativ, damit ich besser arbeiten kann.
Ich würde den Nutzern, die umsteigen wollen, XFCE als Desktopoberfläche empfehlen. Den Unterschied der verschiedenen Desktopoberflächen kann man sich so vorstellen, wie den Unterschied zwischen Samsung-Handys und anderen Android-Handys. Die haben unterschiedliche Oberflächen, aber es sind alles Android-Handys. Bei Mint sind es Cinnamon, Mint Mate und XFCE. Meine Empfehlung wäre, man kann später immer noch wechseln, also XFCE.
Diese Datei lade ich mir auf die Festplatte runter, das ist ein sogenanntes ISO-Image. Das erkennt man nach dem Download daran, dass dann eine Datei mit der Endung „.iso“ hat.
Mit der Datei kann ich aber noch nichts anfangen.
Jetzt müssen wir diese ISO-Datei auf einen USB-Stick schieben. Dafür benötigen wir halt den genannten 4 GB USB-Stick. Und ein Tool, das das übernimmt, das wäre balenaEtcher. Wir suchen im Internet einfach die Seite balenaEtcher (den Download gibt es auch bei Heise, Chip und auf anderen Seiten. Anm. d. Red.) und das installieren wir.
Die Software ist auch für Windows gedacht, das Programm ist selbsterklärend und in drei Schritten, USB-Stick auswählen, ISO-Image auswählen und Transfer, wird der Stick bootfähig gemacht. Dann zeigt es an, wenn der Transfer auf den USB-Stick abgeschlossen ist, im Prinzip war es das schon.
Muss ich an meinem Rechner etwas machen, damit der von dem USB-Stick startet?
Das können wir dadurch überprüfen, dass wir es einfach mal versuchen. Rechner ausschalten, USB-Stick einstecken und Rechner starten. In den meisten Fällen erscheint ein Menü, das einen auf ganz einfache Art und Weise durch die Installation führt. Und wir gehen einfach hin und sagen immer weiter und bestätigen, was dort steht. Wenn nicht, also der Rechner startet im Windows, dann müssen wir dem Rechner das beibringen.
Manchmal ist der Start von USB ausgeschaltet, aus Sicherheitsgründen, aber da gibt es natürlich auch Wege, dies im BIOS einzustellen. Anleitungen dazu gibt es in der Bedienungsanleitung des Rechners, auf der Herstellerseite oder im Internet, überwiegend funktioniert es mit Drücken der Tasten F2, F8, F10 oder F12 während des Neustarts. Für die Festlegung der Startreihenfolge gibt es, wenn man nicht weiterkommt, zahlreiche Tutorials im Netz.
Linux ist installiert, wie bekomme ich meine alten Daten auf den Rechner?
Wir stecken einfach das Sicherungsmedium in den Rechner. Es öffnet sich ein Dialogfenster, das sagt, dass hier ein Gerät, sprich der USB-Stick oder die externe Festplatte, erkannt wurde. Wir öffnen das und können dann die Dateien oder Dateiverzeichnisse in das entsprechende Verzeichnis, welches genauso aussieht wie bei Windows, also Dateien, Dokumente, Bilder, Musik und so weiter verschieben. Dann können wir ganz normal loslegen.
Ist Software vorinstalliert?
Die Grundanwendung wie eine Office-Suite, ein Browser, ein E-Mail-Programm, ein paar kleine Spiele, die sind eins zu eins, zu dem, was man von Windows kennt. Wenn ich meine Daten rübergeschoben habe, klicke ich einfach mal eine Datei an. Also irgendein Word-Dokument oder eine Excel-Datei, was auch immer. Dann sollte sich die Datei in dem Programm öffnen, das dazu imstande ist. Und dann kann ich sofort weiterarbeiten.
Dann hat man einen arbeitsfähigen Rechner?
Dann hat man einen arbeitsfähigen Rechner und die 20 Minuten sind meist noch nicht rum. Wie ich am Anfang gesagt habe.
Kann ich Linux auch erst einmal ausprobieren, bevor ich das auf einem Rechner installiere?
Ja, beim Start vom USB-Stick werde ich gefragt, ob ich installieren oder testen will. Dabei muss man beachten, dass der Test bei einigen Distributionen nur in der englischen Version möglich ist. Auch läuft der Rechner weitaus langsamer, als bei einem installierten Betriebssystem. Das liegt daran, dass das Betriebssystem auf dem langsamen USB-Stick liegt.
Es wird manchmal gesagt: Linux ist gut, aber für Gaming nicht geeignet. Stimmt das?
Der bekannteste und erfolgreichste und mittlerweile auch größte Gaming-Marktplatz Steam läuft unter Linux. Und zunehmend stellen die Hersteller oder alle namhaften Hersteller auch ihre Spiele für Linux zur Verfügung. Gaming unter Linux ist meist kein Problem, für einige Games, die direkt von Microsoft hergestellt werden, muss man aber über Umwege gehen. Es gibt spezielle Distributionen, die nur für Gaming ausgelegt sind. Wenn ich also dort meinen Schwerpunkt sehe, dann ist das natürlich eine Möglichkeit, wie ich aus meiner Hardware das Maximale heraushole.
Wenn ich mal Hilfe brauche, wo bekomme ich die?
Für Support steht jede Linux-User-Group bereit, die helfen immer gern. Es gibt auch, wenn wir jetzt von Leipzig sprechen, noch die Dezentrale und das Bündnis Privatsphäre. Ansonsten gibt es im Internet Communitys wie ubuntuusers und das Linux Mint Forum. Auch auf END OF 10 findet man eine Liste von Initiativen, die bei der Umstellung helfen können.
Ich denke, wir haben das meiste behandelt. Michael, ich danke Dir für das Gespräch.
Fazit: Bei alter Hardware, auf der Windows 11 nicht genutzt werden kann, ist die Installation von einer Linux-Distribution eine Möglichkeit, diese weiterzunutzen. Am Ende muss jeder das selbst entscheiden.