Stuttgart – Die Anklage war schwerwiegend. Bestand hatte davon am Ende fast nichts. Jetzt stellt sich die Frage: War der „Ballweg-Prozess“ politisch motiviert – angetrieben von einer grünen Staatssekretärin?
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„Querdenken“-Chef Michael Ballweg (50) ist in Stuttgart vom Vorwurf des versuchten Betruges freigesprochen worden. Am Ende blieben drei Fälle versuchter Steuerhinterziehung: 3000 Euro auf Bewährung, mehr war nicht übrig vom millionenschweren Vorwurf.
Das Gericht urteilte: Es gibt keinen Beweis, dass Ballweg, der monatelang im Knast schmoren musste, das Geld seiner Anhänger veruntreut hat. Er ist ein freier Mann, die massiven Vorwürfe der Staatsanwaltschaft haben sich in Luft aufgelöst. Insgesamt 9 Monate saß Ballweg im Terrorknast Stuttgart-Stammheim in U-Haft. Laut Ballwegs Pflichtverteidiger Dr. Reinhard Löffler (71) handelte es sich bei der vorsätzlichen Steuerhinterziehung um 19,53 Euro: „Das sind nicht mal Peanuts, nicht mal ein Mückenschiss.“ Laut Gerichtssprecher ging es aber bei der versuchten Steuerhinterziehung um etwas mehr als 2000 Euro.
Beschwerden von Böhmermann-Zuschauern
Nach dem Urteil kam die Frage auf: Hatte die Politik Druck auf die Staatsanwaltschaft ausgeübt, um dem umstrittenen Ballweg eins auszuwischen?
Laut dem Online-Portal „Apollo-News“ sollen Hinweise auf mögliche Straftaten gegen Ballweg aus dem baden-württembergischen Finanzministerium gekommen sein – konkret von der damaligen Grünen-Staatssekretärin Gisela Splett und anderen. Der Auslöser: Zuschauerbeschwerden nach einer Sendung von Satiriker Jan Böhmermann.
Ballweg-Anwalt schaltet auf Attacke
Das Ministerium nennt dies auf BILD-Nachfrage „Alltagsgeschäft“. Die Hausspitze sei „zu keinem Zeitpunkt näher mit diesem Fall“ befasst gewesen.
Doch Ballweg-Anwalt Dr. Reinhard Löffler (71, CDU) schaltet nach dem Urteil auf Attacke: „Es ist leichter, in einem Gulasch die Augenfarbe des Ochsen zu erkennen, als in den Aussagen der Zeugen eine Betrugsabsicht des Angeklagten.“ Soll heißen: Hier hätte jemand erst gar nicht vor Gericht stehen dürfen.
Staatsanwälte sind weisungsgebunden
BILD klärt die wichtigsten Fragen zur Prozesspleite des Jahres:
► Warum ist Ballweg so umstritten? Der selbst ernannte „Rebell“ gründete zur Corona-Zeit die Querdenken-Bewegung. Deren Anhänger demonstrierten immer wieder öffentlich gegen die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus. Dabei gab es auch Angriffe auf Polizisten und Journalisten. Der Verfassungsschutz nahm die Szene in den Blick. Der Verfassungsschutz gab als Grund an: verfassungsfeindliche Ansichten, Verschwörungsideologien und antisemitische Tendenzen.
► Können Politiker Einfluss auf die Justiz nehmen? Grundsätzlich haben Staatsanwälte in Deutschland den Anweisungen des jeweiligen Justizministers Folge zu leisten. Der Deutsche Richterbund sieht genau darin einen Verstoß gegen europarechtliche Vorgaben und forderte in der Vergangenheit (ohne Bezug zum Ballweg-Prozess) „inhaltliche Beschränkungen der Weisungsbefugnis“.
► Gibt es Belege, dass das Justizministerium seinen Einfluss geltend machte? Der Ballweg-Anwalt Dr. Löffler – wie Baden-Württembergs Justizministerin Marion Gentges (53) CDU-Mitglied – sieht dafür keine Indizien. Beim Finanzministerium gebe es Hinweise auf Sympathien für die Anklage, aber ebenfalls keine Belege für direkte Einmischung. Das wahrscheinlichste Szenario: Die damalige Anti-Ballweg-Stimmung in Politik und Medien veranlasste die Verantwortlichen dazu, besondere Härte zeigen zu wollen. Das Resultat sei die völlig überzogene U-Haft gewesen.
► Warum verteidigte ausgerechnet ein CDU-Politiker den „Querdenker“? Dr. Löffler zu BILD: „Das ist mein Job und Herr Ballweg ein netter Mensch.“ Mit dem CDU-Kreisvorstand in Stuttgart liege er deshalb im Clinch: „Die haben mich zu einem regelrechten Jakobinertribunal vorgeladen, bei einem Italiener in Zuffenhausen.“ Der Vorwurf: „So einen“ zu verteidigen, schade der CDU.