Entsetzen über Geiselvideos
Zehntausende Israelis fordern Geisel-Deal
03.08.2025, 04:19 Uhr
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Ein Propaganda-Video der islamistischen Hamas zeigt eine bis auf die Knochen abgemagerte Geisel und schockiert die Menschen in Israel. Erneut gehen Zehntausende auf die Straßen. Scharfe Kritik kommt auch vom israelischen Präsidenten Herzog.
Bei einer Massendemonstration in Israel haben die Teilnehmer die Freilassung aller Geiseln aus dem umkämpften Gazastreifen gefordert. Die islamistische Hamas benutze die Geiseln als „lebende Hungerexperimente“, zitierte die „Times of Israel“ den Bruder des im Gazastreifen festgehaltenen Evjatar David. In einem zuvor veröffentlichten Propaganda-Video der Hamas ist der bis auf die Knochen abgemagerte 24-Jährige in einem engen Tunnel zu sehen, wie er sein eigenes Grab schaufelt.
„Beenden Sie diesen Alptraum, der seit 666 Tagen andauert. Unterzeichnen Sie ein umfassendes Abkommen, das alle 50 Geiseln zurückbringt und die Kämpfe beendet“, forderte das Forum der Angehörigen der Geiseln an die Regierung gewandt und sprach von 60.000 Teilnehmern in Tel Aviv. Der „Times of Israel“ zufolge gingen Menschen auch in anderen Orten Israels auf die Straße. Die Zeitung sprach von einer der höchsten Teilnehmerzahlen der vergangenen Wochen.
Evjatars Bruder forderte laut „Times of Israel“ die israelische Regierung sowie die Staats- und Regierungschefs der Welt, insbesondere US-Präsident Donald Trump, auf, die Freilassung der Geiseln „mit allen erforderlichen Mitteln“ zu erreichen. Nach israelischer Darstellung befinden sich noch 50 Geiseln in der Gewalt der Hamas und anderer Gruppen. Mindestens 20 von ihnen sollen noch am Leben sein.
Witkoff trifft Angehörige der Geiseln
Unterdessen kam der US-Sondergesandte Witkoff in Tel Aviv mit Angehörigen israelischer Geiseln zusammen. Witkoff wurde unter Applaus und „Bringt sie jetzt nach Hause“-Rufen auf dem als „Platz der Geiseln“ bekannten Platz in Tel Aviv von Hunderten Menschen empfangen. Viele von ihnen hatte Fotos von Verschleppten dabei, die noch immer im Gazastreifen festgehalten werden. Das Forum der Geisel-Familien erklärte nach dem Treffen, Witkoff habe „persönlich“ zugesagt, sich zusammen mit dem US-Präsidenten für die Freilassung der verbleibenden Geiseln einzusetzen.
Mehrere Geisel-Videos haben in Israel für Entsetzen gesorgt. Am Donnerstag veröffentlichten die Hamas und die mit ihr verbündete militante Gruppe Islamischer Dschihad zwei Propagandavideos von israelischen Geiseln, darunter ein Video von David. Am Samstag veröffentlichte die Hamas noch eine längere Version dieses Videos. Die Aufnahmen des abgemagerten und geschwächten Israelis waren mit Bildern abgemagerter Palästinenser im Gazastreifen zusammengeschnitten.
Herzog: „Gesichter der Geiseln sagen alles“
Der israelische Präsident Herzog reagierte mit scharfer Kritik. Die Gesichter der Geiseln (…) sagen alles. Sie werden gezwungen, ihre eigenen Gräber zu schaufeln. Sie werden mit Hinrichtungen gequält“, erklärte er bei X. Die Hamas hungere neben den Geiseln auch die Menschen im Gazastreifen aus, indem sie Hilfslieferungen plündere und humanitäre Lieferungen blockiere, die Israel gemeinsam mit seinen internationalen Partnern aufgestockt habe.
Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot verurteilte die „abscheulichen, unerträglichen Bilder“ der israelischen Geiseln. Die Geiseln müssten bedingungslos freigelassen werden und die Hamas entwaffnet und von einer Regierung in dem Küstenstreifen ausgeschlossen werden.
Die islamistische Hamas lehnt eine Niederlegung ihrer Waffen entschieden ab, solange kein unabhängiger palästinensischer Staat gegründet wird. Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas unter Vermittlung der USA, Ägyptens und Katars waren im vergangenen Monat vorerst gescheitert.
Israels Armeechef Eyal Zamir warnte derweil vor einer Fortsetzung der Kämpfe im Gazastreifen, falls die verbliebenen israelischen Geiseln nicht bald befreit werden. Er gehe davon aus, „dass wir in den nächsten Tagen erfahren werden, ob wir eine Einigung über die Freilassung unserer Geiseln erzielen können“, erklärte er. Andernfalls werde „der Kampf ohne Unterbrechung weitergehen“.
Helfer warnen vor „massenhaftem Verhungern“ im Gazastreifen
Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist verheerend. Mehr als hundert Hilfsorganisationen warnten kürzlich vor einem „massenhaften Verhungern“ in dem Palästinensergebiet. Die Bundesregierung forderte Israel am Samstag auf, die umfassende Versorgung der Bevölkerung im Gazastreifen sicherzustellen.
Der Krieg im Gazastreifen war durch den Großangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Dabei wurden nach israelischen Angaben mehr als 1210 Menschen getötet, 251 wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Als Reaktion auf den Angriff geht Israel seither massiv militärisch in dem Küstenstreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der Hamas-Behörden, die sich nicht unabhängig bestätigen lassen, bislang mehr als 60.300 Menschen getötet.