Berlin – Agrarminister Alois Rainer (CSU) spricht im BILD-Interview über Veganer, Lebensmittelpreise und den ersten Erlass von Vorgänger Cem Özdemir (59, Grüne), den er zurücknehmen wird.
BILD am SONNTAG: Herr Rainer, zuerst hatten wir eine Hitzewelle, jetzt ist Dauerregen. Was bedeutet das für die Ernte?
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Alois Rainer: Eigentlich brauchen wir den Regen, aber jetzt, gerade in der Getreideerntezeit, ist das natürlich schwierig. (…) Grundsätzlich wissen unsere Landwirte aber, sie müssen mit dem Wetter umgehen.
Sie haben gesagt, besonders für die Getreideernte wird es schwierig. Müssen wir uns auf spezielle Produkte einstellen, die teurer werden?
Der Bauernverbandspräsident geht von einer durchschnittlichen Ernte dieses Jahr aus (…). Ich bin sicher: Wir werden alle Produkte haben, dafür sorgen unsere Landwirte. Ob sie teurer werden, das vermute ich jetzt nicht.
Für die Getreideernte ist heftiger Regen eher schwierig
Foto: Patrick Pleul/dpa
Wie wird der Klimawandel die Landwirtschaft verändern?
Der Klimawandel ist angekommen. Wir sehen es im Winter: Wenn weniger Schnee liegt, geht weniger Wasser ins Grundwasser. Wir sehen es auch im Sommer, gerade dieses Jahr: eine lange Trockenperiode mit zum Teil Starkregenfällen. (…) Aber die Landwirtschaft hat sich immer verändert, Landwirte sind anpassungsfähig.
Rainer: Keine Preisbremse auf Lebensmittel
Viele Menschen haben den Eindruck, dass die Lebensmittelpreise enorm gestiegen sind. Sollte es eine Preisbremse geben?
Es stimmt, die Lebensmittelpreise sind in den letzten Jahren gestiegen – auch überproportional zur Inflation. Ein Großteil der Kosten im Lebensmittelbereich ist natürlich durch die gestiegenen Energiekosten entstanden. (…) Wir sollten dennoch nicht in den Markt eingreifen. Es wäre falsch, wenn wir hier eine Preisbremse machen würden. (…)
Man könnte die Mehrwertsteuer auf einzelne Produkte senken …
Ich denke nicht, dass der Finanzminister glücklich ist, wenn die Einnahmen hier wieder geschmälert werden. Man muss auch wissen: Bund, Länder und Kommunen sind an der Umsatzsteuer beteiligt.
Die BILD-Reporter Burkhard Uhlenbroich und Lena Glöckner im Gespräch mit Minister Rainer
Foto: Christian Spreitz/BILD
Es gibt in Deutschland rund 8 Millionen Vegetarier. Verstehen Sie deren Ernährungsansatz als gelernter Metzger?
Natürlich verstehe ich deren Ansatz. Wenn man sich vegetarisch ernähren will, ist es okay. Genauso ist vegan okay. (…) Ich will keinen Kulturkampf auf den Tellern oder in den Kühlschränken.
Da ist Ihr CSU-Vorsitzender und Food-Blogger Markus Söder allerdings anderer Meinung. Der isst in seinen Videos vor allem Burger, Döner und Nürnberger Würstchen …
Er mag das halt gerne. Mir liegt das fern, irgendjemandem vorzuschreiben, was er zu essen hat. Es muss gut schmecken und frisch sein, dann ist alles okay.
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Haben Sie schon Einfluss auf die Speisekarte Ihres Ministeriums genommen?
Nein, auf die Ministeriumskantine habe ich keinen Einfluss. Das Einzige, was ich machen werde, ist die Änderung einer Leitungsanordnung noch aus der vorhergehenden Legislatur, dass bei öffentlichen Veranstaltungen im Haus nur vegetarische und biologische Produkte verwendet werden dürfen (Vorgänger Cem Özdemir von den Grünen hatte Fleisch gestrichen, Anm. d. Red.). Neben vegetarischen wird es konventionelle Produkte geben, bevorzugt aus biologischem Anbau, am besten regional.
Während der Ampel-Zeit gab es wochenlang Bauernproteste. Traktor-Kolonnen legten bundesweit den Verkehr lahm. Wo sind die ganzen Wutbauern geblieben?
Ich hoffe, dass ich diese Proteste nicht miterleben muss.
Die Bauernproteste gegen höhere Steuern auf Agrardiesel beschäftigten die Bundesrepublik Anfang 2024 über Wochen
Foto: Christoph Soeder/dpa
Indem Sie den Agrardiesel weiter subventionieren?
Der Agrardiesel ist im Koalitionsvertrag vereinbart. Ich stehe dazu, bin in gutem Kontakt mit dem Finanzminister. (…) Aber wir bauen auch Bürokratie ab. Wenn du mit Landwirten sprichst, ist das immer der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Sie sagen: Uns nervt diese überbordende Bürokratie.
Viele Bauern fühlen sich vor allem durch die ganzen EU-Vorgaben gegängelt. Wer haut denn da auf den Tisch?
Auch die EU-Agrarminister sagen klar und deutlich: Es ist genug, was die Regelungen anbelangt. Ich bin nicht unbedingt der, der da auf den Tisch hauen muss. Wir haben ein gutes Miteinander.
„Ich war schon gerne Metzger“
Vor kurzem haben Sie Ihre Metzgerei aus Personalgründen geschlossen. Lag das auch an Vorwürfen von Foodwatch und dem eingeschalteten Landratsamt?
Die Betriebsschließung hängt nicht mit einer Kontrolle zusammen. (…) Der Personalmangel war für uns ein großes Thema. Zudem konnten mein Sohn und ich es aus Gründen der Arbeitsüberlastung nicht weiter machen (…). Und bei mir ist ein Hauptgrund: Ein Minister darf laut Bundesministergesetz keinen Betrieb führen.
Alois Rainer musste seine Metzgerei in Haibach bei Straubing zum 31. Mai schließen
Foto: Daniel Löb
Hintergrund: Vor der offiziellen Schließung des Betriebs am 27. Mai hatte die Verbraucherorganisation Foodwatch beim zuständigen Landratsamt Straubing-Bogen in Bayern einen Antrag auf die Herausgabe von Kontrollberichten zur Metzgerei des Landwirtschaftsministers gestellt. Der wurde abgelehnt – weil die Metzgerei geschlossen ist, bestehe kein Auskunftsanspruch mehr, so das Landratsamt.
Was macht mehr Spaß, Metzger oder Minister?
Ich war gerne Metzger. Die Herstellung von guten, schmackhaften Lebensmitteln ist etwas Besonderes. Aber ich bin jetzt Minister und es macht mir große Freude, diese wirklich sehr anstrengende, aber unglaublich ehrenvolle Arbeit ausfüllen zu dürfen. Und deshalb sage ich jetzt: Minister sein ist eine besondere Ehre.