In den USA kehrt die Todesstrafe durch Erschießen zurück. Zwei Häftlinge entscheiden sich für diese Methode, die Anwälte und Experten als grausam und barbarisch kritisieren. Menschenrechtsaktivisten hoffen, dass der Kugelhagel trotzdem etwas anstößt.

Innerhalb weniger Wochen wurden in den USA zwei Menschen durch Erschießen hingerichtet. Nach Angaben ihrer Anwälte entschieden sich sowohl Brad Sigmon als auch Mikal Mahdi für diese Methode gegenüber den Alternativen elektrischer Stuhl oder Giftspritze.

Sigmon hatte gestanden, im Jahr 2001 die Eltern seiner Ex-Freundin in deren Haus mit einem Baseballschlager getötet zu haben. Mahdi wurde für die Ermordung eines Polizisten und eines Supermarktmitarbeiters im Jahr 2004 hingerichtet.

Die letzte Hinrichtung durch ein Erschießungskommando in den USA vor der Reaktivierung dieser Tötungsmethode hatte es im Jahr 2010 im Bundesstaat Utah gegeben. Seit der Wiedereinführung der Todesstrafe durch den Supreme Court im Jahr 1976 wurde die überwiegende Mehrheit der Hinrichtungen in den USA jedoch durch die Giftspritze vollstreckt, die damit den zuvor überwiegend eingesetzten elektrischen Stuhl abgelöst hatte.

Töten, aber wie?

Neben South Carolina und Utah erlauben auch Idaho, Mississippi und Oklahoma das Erschießen zur Vollstreckung der Todesstrafe. Dem US-Sender CNN zufolge prüfen jedoch auch andere Bundesstaaten, ob sie Erschießungen wieder zulassen wollen. Der republikanische Gouverneur von Idaho, Brad Little, unterzeichnete Anfang März ein Gesetz, das das Erschießungskommando zur primären Hinrichtungsmethode des Bundesstaates macht. Idaho ist damit bisher der einzige Staat des Landes, könnte aber womöglich zu einer Art Vorreiter werden.

Denn die Rückkehr zum Erschießen ist eine unmittelbare Folge der Probleme, die die Bundesstaaten bei der Beschaffung der Chemikalien für die Todesspritze haben. Seit die Pharmafirmen sich zunehmend weigern, ihre Produkte für Hinrichtungen zur Verfügung zu stellen, müssen Alternativen gefunden werden.

Der Entscheidung waren immer wieder Klagen von Häftlingen vorausgegangen, die argumentierten, die Verwendung der Giftspritze sei Folter oder drohe, den achten Verfassungszusatz zu verletzen, der auch Todeskandidaten gegen grausame und ungewöhnliche Bestrafung schützt. Die Befürworter der Erschießungskommandos sehen in der Methode eine praktikable Alternative, um sicherzustellen, dass Todesurteile weiterhin vollstreckt werden können.

Minuten der Vollstreckung

Im Vergleich zu anderen Tötungsmethoden erscheint es zudem einfach, schnell und effektiv. Die Tatsache, dass sowohl Sigmon als auch Mahdi das Erschießen wählten, scheint ihnen recht zu geben. Bei Sigmon eröffneten laut Protokoll um 18.05 Uhr (Ortszeit) drei Freiwillige das Feuer. Um 18.08 Uhr erklärte ein Arzt den 67-Jährigen aus Greenville im Bundesstaat South Carolina für tot.

Mahdi wurde Augenzeugen zufolge um 18:01 Uhr die Kapuze für die Hinrichtung über den Kopf gestülpt. Dann fielen drei Schüsse aus drei Gewehren gleichzeitig, um 18:05 Uhr stellte ein Arzt Mahdis Tod fest. Trotzdem bezeichnete sein Anwalt, der der Hinrichtung beiwohnte, den Vorgang als „barbarisch“. Es handele sich um „eine entsetzliche Tat, die in die dunkelsten Kapitel der Geschichte gehört, nicht in eine zivilisierte Gesellschaft“, so der Anwalt.

Ebenso wie Sigmons Anwälten war es auch ihm nicht gelungen, mit einem Gnadengesuch die Vollstreckung der Todesstrafe zu verhindern. So sei Sigmon in die „unmögliche“ Lage gebracht worden, eine „abgrundtief grausame“ Entscheidung darüber treffen zu müssen, wie er sterben würde, sagte Gerald King US-Medien. Der elektrische Stuhl hätte seinen Mandanten „bei lebendigem Leib“ verbrannt, die tödliche Giftspritze sei eine „monströse“ Alternative dazu. Alle drei seit September 2024 in South Carolina auf diese Weise hingerichteten Todeskandidaten hätten einen qualvollen Tod erlitten. Daraufhin habe sich sein Mandant das Erschießungskommando ausgesucht.

„Bei jeder Entwicklung einer neuen Hinrichtungstechnologie werden dieselben Versprechungen gemacht“, sagte Austin Sarat, Professor für Recht und Politik am Amherst College CNN. Immer heiße es, diese Methode sei „sicher, zuverlässig und humaner als die Alternative.“ Im vergangenen Jahr war das auch das Argument für die Stickstoffhypoxie, die den Tod durch Ersticken herbeiführt.

Zuverlässig, aber legitim?

Sarat untersuchte für sein 2014 erschienenes Buch „Gruesome Spectacles: Botched Executions and America’s Death Penalty“ fast 9000 Hinrichtungen, die zwischen 1900 und 2010 in den USA vollstreckt wurden, unter anderem auf die Zuverlässigkeit der Tötung. Darunter waren zwar nur 34 Erschießungen, doch sie erwiesen sich in diesem Zeitraum zu 100 Prozent als schnell und „todsicher“. Unter den anderen Methoden – darunter Elektroschocks, Giftgas und Erhängen – hatte die Todesspritze mit mehr als 7 Prozent die höchste Fehlerquote.

Beim Erschießen sehen Fachleute aber eine weitere Entwicklung. Die Methode mache den Akt des Tötens sichtbar. Menschenrechtsaktivisten versprechen sich davon neue Impulse für die Diskussion um die grundsätzliche Legitimität der Todesstrafe. In Meinungsumfragen sank die Zustimmung für die Todesstrafe in den USA zuletzt auf den tiefsten Stand seit 50 Jahren. In einer Gallup-Umfrage lehnten sie 53 Prozent der Befragten zwischen 18 und 43 Jahren ab.

Sigmons Anwältin Bo King verlas kurz vor der Erschießung ihres Mandanten eine Erklärung von ihm. „Mein Schlusswort soll ein Aufruf der Liebe und ein Aufruf an meine Mitchristen sein, mitzuhelfen, die Todesstrafe abzuschaffen“, waren die ersten Sätze. Am 23. und 24. sind die nächsten Exekutionen angesetzt, in Texas und Alabama. Sowohl Moises Sandoval Mendoza als auch James Osgood sollen dann durch die Giftspritze sterben.