Energiewende
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Warum Batteriespeicher in Brandenburg bald boomen könnten
So 03.08.25 | 08:05 Uhr | Von Stephanie Teistler
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Der Ausbau erneuerbarer Energien schreitet voran. Doch das windarme erste Halbjahr zeigt Schwankungen. Batteriespeicher, die Strom speichern können, haben sich weiter entwickelt – wie steht es um Großspeicher in Brandenburg? Von Stephanie Teistler
Vor den imposanten Kühltürmen von Schwarze Pumpe wirkt der Batterie-Großspeicher der Leag fast unscheinbar. Am Fuß des Kühlturms stehen 26 weiße Container, die Hälfte von ihnen mit Batterien bestückt. Mit einer Speicherkapazität von nutzbaren 53 Megawattsunden ist die Anlage eine der wenigen Großspeicher in Brandenburg.
Bald könnten es jedoch mehr Batteriegroßspeicher werden, prophezeit auch Hinrich Glahr vom Landesverband Erneuerbare Energien: „Momentan gibt es unglaublich viele Unternehmen, die sich mit Energiespeichern beschäftigen.“ In Brandenburg kämen immer mehr Projekte hinzu.
Grund dafür ist zum einen, dass die Kosten für Großbatterien in den vergangenen Jahren gesunken sind. Sie hätten sich innerhalb weniger Jahre halbiert, sagt Felix Müsgens, Professor für Energiewirtschaft an der Brandenburgisch Technischen Universität (BTU). Zum anderen ist die Speicherkapazität der Batterien gestiegen.
Betreiber können so zu günstigen Zeiten Strom aus Wind- und Solarenergie einspeichern und anschließend weiterverkaufen, wenn der Strom teurer geworden ist. Die Großspeicher versprechen dabei eine lohnende Investition, da durch den zunehmenden Anteil an erneuerbaren Energien die Stromproduktion volatiler wird, die Preise also stärker schwanken.
Nutzen und Grenzen der Speicher
Das gesteigerte Interesse an den Speichern lässt sich bereits beobachten: So hat sich die installierte Kapazität innerhalb von nur anderthalb Jahren bis Juli 2025 auf drei Gigawattstunden verdoppelt.
Um mehrwöchige Wind- und Sonnen-Flauten auszugleichen, sind die Großspeicher trotzdem nicht geeignet. Das wird deutlich, wenn man die installierte Kapazität der Großspeicher von drei Gigawattstunden dem deutschen Stromverbrauch von rund 464.000 Gigawattstunden im Jahr 2024 gegenüberstellt.
Ein Baustein für die Energiewende seien die Speicher trotzdem, sagt BTU-Forscher Müsgens. Die Batterien würden dem Stromsystem mehr Flexibilität ermöglichen, da sie Schwankungen im Netz ausgleichen. Fällt die Strommenge im Netz ab, können sie gespeicherten Strom nachliefern. Die Batterien würden sich dabei vor allem für die kurzfristige Speicherung eignen.
Dieser kurzfristige Ausgleich, quasi als Dienstleistung für die Netzbetreiber, sei auch ein Geschäftsmodell für die Branche, sagt Hinrich Glahr vom Landesverband Erneuerbare Energien: „Das ist momentan das Hauptgeschäft.“ Das Speichern und Weiterverkaufen des Stroms sei hingegen das Zukunftsgeschäft für die Großspeicher.
Dass die Batteriespeicher ein Zukunftsgeschäft sind, bestätigt auch Edis, Netzbetreiber für Teile Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns. Er habe allein in den vergangenen zwei Jahren Anträge im Volumen von 70 Gigawatt Leistung für Batteriespeicher erhalten, so der Edis- Vorstandsvorsitzende Patrick Wittenberg. Zum Vergleich: Ein Gigawatt seien ein Großkraftwerk.
Nicht alle beantragten Speicher werden auch realisiert. Einige Investoren fragen mögliche Speicherstandorte auf Vorrat ab, um zu erfahren, wo Projekte möglich sind. Dennoch sieht Wittenberg die Netzbetreiber mit einer Speicherflut konfrontiert, die nicht nur positive Seiten hat: „Das ist zu viel. So viele Speicher brauchen wir nicht.“
Wittenberg fordert deshalb, Großspeicher müssten in erster Linie „netzdienlich“ sein. Das heißt, sie müssen dem Stromnetz nützen, es stabil halten und bei Bedarf entlasten. Wittenberg wünscht sich, dass solche netzdienlichen Speicher politisch bevorzugt würden – etwa über die Verteilung von Netzentgelten. So könnten diese vollständig von Netzentgelten befreit werden.
Muss Batterie-Wildwuchs verhindert werden?
Auch aus der der Brandenburger Landespolitik kommt ein Plädoyer dafür, den Bau stärker zu lenken. „Wir haben derzeitig keine Möglichkeiten zu sagen, dass dort Großspeicher entstehen, wo sie notwendig und sinnvoll sind“, sagt Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD). Er fordert deshalb zügig eine Gesetzänderung der Bundesregierung.
Ein Problem bisher ist, dass die Netzbetreiber die beantragten Großspeicher in der Reihenfolge abarbeiten müssen, in der sie eingegangen sind. Aussichtsreiche und „netzdienliche“ Projekt können sie nicht nach vorn schieben. Sinnvoll, so Energiewirtschafts-Experte Müsgens, seien Batteriegroßspeicher zum Beispiel an bereits existierende Wind- oder Solar-Parks, wo der vorhandene Netzanschluss geteilt werden könne.
Auch der Landesverband Erneuerbare Energien betont die Chancen dieser Kombination: Der in der Region erzeugte Strom könne so besser vor Ort auch genutzt werden. Über die Art und Weise, wie die Politik in den Batteriespeicher-Markt eingreifen solle, zeigt Glahr sich hingegen nicht so sicher. Er wünscht sich, wie er sagt, vor allem Anreize für Investitionen und die Anerkennung des Speicherstroms als „grünen Strom“.
Noch gibt es in Brandenburg nur wenige Batterie-Großspeicher. Aber die Branche steht in den Startlöchern und neben Windparks und Solarfeldern könnten bald auch die Container-Ansammlungen zum verbreiteten Anblick werden.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 29.07.2025, 19:30 Uhr
Beitrag von Stephanie Teistler