Stille, Abschalten, Runterkommen. Viele Menschen wünschen sich solche Momente in ihrem Urlaub. Das Problem: Auf einem vollbesetzten Kreuzfahrtschiff, im engen Flieger Richtung Süden oder in überlaufenen Top-Destinationen will sich das erwünschte Gefühl nicht immer einstellen. Wie wäre es stattdessen mit einem Abstecher in eine der vielen Klosterruinen in Deutschland?

Die liegen meist etwas abseits der großen Touristenströme. Und bieten neben ruhigen Ecken jede Menge Geschichte und Geschichten – sowie schattige Plätzchen, falls der Sommer mal wieder zu viel Hitze schickt. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) hat zehn ungewöhnliche Ziele zusammengestellt – von Nord nach Süd.

Zisterzienserabtei Chorin (Brandenburg)

Status: Perle am Rande der Uckermark

Über Jahrhunderte diente die einstige Zisterzienserabtei Chorin als Scheune, Stall, gar als Steinbruch. Erst als 1816 ein preußischer Baubeamter namens Karl Friedrich Schinkel auf den Plan trat, wurde der Verfall gestoppt. Den Pächter forderte er amtlich auf, zumindest die Schweine aus der Kirche zu entfernen.

Am Rand der Uckermark, auf halbem Weg zwischen Berlin und Stettin, ist der Geist der Gründer noch mit Händen greifbar: Bete und arbeite! Und Arbeit gab es hier genug: Wälder roden, Landbau und Fischerei von der Pike auf. 1873 beschrieb Theodor Fontane die märchenhaft-gespenstische Stimmung zur Dämmerstunde.

Barfüßerkloster Osnabrück (Niedersachsen)

Status: Immobilienmaklers Traum

Hinter Osnabrücks höchstem Kirchturm finden sich die spärlichen Reste des einstigen Barfüßerklosters: eine etwa 30 Meter lange und 3 Meter hohe Bruchsteinmauer. Jahrzehntelang verbarg sich dahinter eine Brache; derzeit entsteht darüber nun ein Appartement-Wohnhaus. Das Denkmalamt machte es möglich, nachdem die einstigen Klostergrundmauern dokumentiert waren.

Errichtet wurde das Kloster Anfang des 13. Jahrhunderts von barfüßigen Bettelmönchen der Franziskaner. Die Reformation vertrieb sie – unter Zusicherung einer lebenslangen Rente – aus der Stadt. Ab 1543 nutzte der Stadtrat das Gebäude als evangelische Ratsschule, Vorgängerin des heutigen Ratsgymnasiums. 1681 wurde der Komplex abgerissen – bis auf die südliche Umfassungsmauer. Die verleiht der Front des neuen Wohnhauses „An der Katharinenkirche 10“ nun einen Hauch von Geschichte.

Benediktinerkloster Memleben (Sachsen-Anhalt)

Status: Folge der Fledermaus

Die Saale-Unstrut-Region in Sachsen-Anhalt gilt als Toskana des Nordens – mit malerischen Weinbergen und mediterranem Flair. Dort lohnt ein Besuch der imposanten Klosterruine Memleben. Im Mittelalter war es als „Reichskloster“ Teil der Kaiserpfalz, damals ein politisch bedeutsamer Hotspot. Kaiser Otto der Große liebte den Ort und starb hier 937. In der Reformation wurde das Kloster aufgelöst. 1722 zerstörte ein Blitz das Kirchendach und leitete den Teilabbruch der Kirche ein. Im 19. Jahrhundert ließ der preußische Star-Archiktekt Karl Friedrich Schinkel die Anlage sichern.

Vor Ort kann man heute mittels 3D-Technik und Tablets die Kirchenbauten des Klosters aus dem 10. und 13. Jahrhundert vor den eigenen Augen „auferstehen“ lassen. Für Kinder gibt es eine eigene Audioguide-Tour mit Mönch Ebbo und der Klosterfledermaus Wladimir.

Benediktinerinnenkloster Schaaken (Hessen)

Status: So lonely

Inmitten einer Mittelgebirgslandschaft, einsam von Wiese umgeben, steht die Ruine des früheren Benediktinerinnenklosters Schaaken. Sie stammt aus dem 13. Jahrhundert und liegt auf dem Gebiet des heutigen nordhessischen Landkreises Waldeck-Frankenberg. Das Kloster wurde nach der Reformation zunächst in ein evangelisches Damenstift umgewandelt und später landwirtschaftlich genutzt.

Als 1913 der Blitz in die ehemalige Kirche einschlug, wurde ihr Dach zerstört. „Erhalten haben sich die Außenmauern der ungewöhnlich zweischiffigen hochgotischen Kirche bis in Traufhöhe“, sagt Lokalhistoriker Jürgen Römer. Daneben steht das mutmaßliche Wohnhaus der Äbtissin, das heute als Scheune dient. Gelegentlich feiern Christen aus den benachbarten Gemeinden Gottesdienste in der Kirchenruine, die 2023 aufwendig saniert wurde. „Vor allem am Nachmittag und Abend verströmt der Ort eine wunderbare Stimmung“, so Römer.

Zisterzienser-Abtei Heisterbach (Nordrhein-Westfalen)

Status: Wie heißt der Bach von Heisterbach?

Freunde von albernen Wortspielen kommen bei der Antwort auf die Frage nach dem Heisterbach auf ihre Kosten: „Heisterbach – so heißt der Bach von Heisterbach.“ Blickfang auf dem weiträumigen Gelände im rheinischen Wanderparadies Siebengebirge sind die Reste des Chores der im 13. Jahrhundert errichteten Klosterkirche. Sie übertraf damals mit 88 Metern Länge alle romanischen Kirchen am Niederrhein und in Köln – mit Ausnahme des dortigen Doms.

Zu den bekannten Gestalten, die an dem 1803 aufgelösten Kloster wirkten, gehörte Caesarius von Heisterbach (um 1180 – um 1240). Sein „Dialogus miraculorum“ ist bis heute eine Fundgrube für Mittelalter-Maniacs. Darin berichtet der Mönch – eine Statue befindet sich im nahe gelegenen Ort Oberdollendorf – unter anderem über die Plünderung Konstantinopels 1204 oder seinerzeit berühmte Promis wie den englischen König Richard Löwenherz.

Augustinerinnenkloster Marienthal (Rheinland-Pfalz)

Status: Wein-Tempel mit Aussicht

Das einstige Augustinerinnenkloster Marienthal bei Dernau gehört zu den wenigen historischen Plätzen, die 2021 von der verheerenden Flutkatastrophe im Ahrtal weitgehend verschont wurden. Längst ist der Biergarten im Schatten der Kirchenruine wieder eine feste Adresse für Ausflügler aus der näheren und fernen Umgebung. Gourmets profitieren von dem Umstand, dass die Anlage seit 1925 als Weingut genutzt wird. Im Winter lohnt übrigens ein Besuch des „Wein-Nachts-Markts“. Dann allerdings wird es richtig voll…

Benediktiner-Propstei Buchholz (Rheinland-Pfalz)

Status: Musik liegt in der Luft

Die wenige Kilometer entfernt liegende Abtei Maria Laach ist ein „Must see“ in der Eifel. In die Propstei Buchholz bei Burgbrohl verirrt sich dagegen in der Regel kaum ein Tourist. Dabei brauchte die im 12. Jahrhundert errichtete Gewölbebasilika, die zu einer Zweigstelle der Benediktinerabtei in Mönchengladbach gehörte, den Vergleich mit Maria Laach keineswegs zu scheuen. Noch heute lassen das Kreuzrippengewölbe und die reichen Verzierungen der vor dem Abriss geretteten Kirchenreste staunen, die zeitweilig als Scheune genutzt wurde.

Neben Gottesdiensten finden auf dem malerischen Gelände immer wieder Konzerte statt. Interessierte können sich schon mal den 14. September vormerken: Am Tag des offenen Denkmals empfängt der Förderverein bei Kaffee und Kuchen.

Zisterzienserabtei Arnsburg (Hessen)

Status: Füllhorn für Geschichtsinteressierte

Die frühere Zisterzienserabtei Arnsburg – das ist Geschichte satt. Auch der Zweite Weltkrieg hat hier Spuren hinterlassen. Sie wurden geboren in Ponarien/Ostpreußen oder in Czernowitz. Sie starben im Exil in Locarno, Nizza oder Bellinzona. Und wurden bestattet in der hessischen Wetterau. Der romantische Mönchsfriedhof im Schatten der über 750 Jahre alten Ruinen ist heute ein Stelldichein des europäischen Adels.

Das Geschlecht der Solms-Laubach, das die Klosteranwesen 1803 übernahm und bis heute bewohnt, gewährte nicht nur exilierten Mit-Adligen Obdach im Tode. Seit 1960 beherbergt der Kreuzgang einen eindrücklichen Kriegsopferfriedhof. Hier liegt „ein unbekannter Russe“ neben Deutschen und Polen; nicht weit entfernt NS-Zwangsarbeiter sowie eine Gruppe von Zivilisten, erschossen noch 1945 von abziehenden Soldaten.

Birgittenkloster Gnadenberg (Bayern)

Status: Alter Schwede!

Wer auf der A3 von Nürnberg nach Regensburg unterwegs ist, fährt direkt dran vorbei, ohne es hinter den Bäumen sehen zu können: Nur einen Kilometer von der Ausfahrt Oberölsbach entfernt, versteckt sich in Gnadenberg im Tal der Schwarzach eine gewaltige gotische Ruine: das älteste von drei Birgittenklöstern in Süddeutschland.

Von der Klosterkirche aus dem 15. Jahrhundert stehen noch die Umfassungsmauern des imposanten Langhauses. Das Konventgebäude wurde mit einem Millionenbetrag instandgesetzt und beherbergt heute ein kleines Museum. Jeden Sonntagnachmittag ist es von Mitte April bis Mitte Oktober drei Stunden geöffnet. Der Kulturhistorische Verein Gnadenberg bietet aber auch außerhalb Führungen an.

Die schwedische Heilige Birgitta wird heute als Schutzpatronin Europas verehrt. Ironie der Geschichte: Das Kloster ihrer Anhänger in Nordbayern wurde 1635 zerstört – von schwedischen Truppen.

Zisterzienserabtei Tennenbach (Baden-Württemberg)

Status: Die Kapelle bleibt

Plötzlich taucht sie am Ende des sanften Tals auf. Zwischen Wiesen, Bach und Waldrand: Die Tennenbacher Klosterkapelle aus dem 13. Jahrhundert. Viele vorbeikommende Radausflügler dürften sich wundern, was ein einsamer, gotischer Kirchenbau hier verloren hat. Mitten im Nirgendwo einer kurvigen, kleinen Landstraße nördlich von Freiburg.

Die kleine Kapelle ist das einzige erhaltene Gebäude einer jahrhundertelang blühenden Klosteranlage. Zu Hochzeiten beteten und arbeiteten in Tennenbach 70 Mönche und eine große Zahl von rund um das Kloster siedelnden Handwerker. 1723 vernichtete eine verheerende Brandkatastrophe die Anlage. Die Abtei Tennenbach wurde zwar nach den Entwürfen von Barockarchitekt Peter Thumb neu errichtet – ging dann aber schon wenige Jahrzehnte später endgültig unter. Tennenbacher Sandsteine sind bis heute in zahlreichen Baudenkmälern der Region zu finden – auch am Freiburger Münster.

„Pilgern Live“ – Himmlische Hotspots – 12 Klöster in 12 Tagen

Die multimediale „DOMRADIO.DE-Rad-Pilger-Tour“ in Zusammenarbeit mit dem Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken geht in diesem Jahr vom Kölner Dom bis nach Südtirol.

 DOMRADIO.DE-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen läutet mit der schon traditionellen Rad-Pilger-Tour wieder den Sommer ein. Für seine diesjährige Tour hat er sich eine Route entlang von Klöstern zusammengestellt. Eine mehr als 1.100 Kilometer lange Strecke führt ihn in zwölf Tagen zu zwölf Klöstern in Deutschland, Österreich und Norditalien.