Pauline Ferrand-Prévot ist die stärkste Fahrerin dieser Tour de France Femmes. Nach der Königinnenetappe am Vortag gewann die Französin wie erwartet die diesjährige Tour als Ausreißerin. Im Gesamtklassement hat sich bei der 9. Etappe noch viel verändert: Die Abfahrten kosteten Sarah Gigante den zweiten Platz, Cédrine Kerbaol verlor durch einen Sturz den fünften Platz.
Es ist der erste Gesamtsieg einer Französin seit der Einführung der Tour de France Femmes 2022, auf den die Franzosen hingefiebert haben. Die spätere Gewinnerin der Tour war laut der Rufe am Straßenrand und der Plakataufschriften offensichtlich der absolute Liebling dieser Tour bei den Fans.
Die letzten Kilometer zum Sieg
6,5 Kilometer vor Ziel attackierte Pauline Ferrand-Prévot in der Favoritinnen-Gruppe rund um Demi Vollering und Kasia Niewiadoma-Phineny am letzten Berg. Ihr Tempo konnten die Konkurrentinnen nicht mitgehen. Nach wenigen Metern sicherte sich die Französin einen sicheren Abstand – und gewann somit die neunte und letzte Etappe dieser Tour de France Femmes und gleichzeitig das Gesamtklassement.
Demi Vollering kam 20 Sekunden, Kasia Niewiadoma-Phinney 23 Sekunden hinter Ferrand-Prévot ins Ziel. Damit rückten Vollering und Niewiadoma-Phinney von Platz drei und vier am Vortag auf die Podiumsplätze zwei und drei vor.
Ferrand-Prévot eigentlich keine Straßenrennfahrerin mehr
Dabei war Pauline Ferrand-Prévot eigentlich gar keine Straßenrennfahrerin mehr, sondern hat sich auf Mountainbike-Rennen konzentriert. Doch ihr großer Traum war es, die Tour de France Femmes zu gewinnen. Deshalb kam die zwölffache Weltmeisterin zurück auf die Straße. Ihr Ziel, die Tour in den kommenden drei Jahren zu gewinnen, hat sie jetzt schon erreicht und war dabei die mit Abstand stärkste Fahrerin dieser Ausgabe.
Favoritinnen-Gruppe nach 30 Kilometern
Direkt nach Freigabe des Rennens gab es Attacken, unter anderem von der besten Sprinterin Lorena Wiebes, die das Grüne Trikot bei dieser Tour gewinnt. Auf den ersten Kilometern löste sich das Peloton während der ersten Abfahrt in verschiedene kleinere Gruppen auf, nach 26 Kilometern kamen aber alle Gruppen und Ausreißerinnen wieder zusammen.
30 Kilometer nach Rennstart zog sich das Peloton stark in die Länge. Ganz vorn in der Gruppe waren alle Favoritinnen um das Gelbe Trikot: Demi Vollering, Kasia Niewiadoma-Phinney, Sarah Gigante, Pauline Ferrand-Prévot, Cédrine Kerbaol, Anna van der Breggen, aber auch die deutsche Fahrerin Liane Lippert. Ricarda Bauernfeind aus dem Team Canyon-SRAM zondarcrypto schloss zu der Gruppe auf, um ihre Team-Kapitänin Kasia Niewiadoma-Phinney unterstützen zu können.
Schreckmoment 70 Kilometer vor Ziel
Am Fuße des anspruchsvollsten Bergs dieses Tages, dem Col de Joux-Plane, stürzten zwei Fahrerinnen von EF Education-Oatly, darunter Cédrine Kerbaol. Auch Kasia Niewiadoma-Phinney war in den Sturz verwickelt. Niewiadoma-Phinney stieg trotz Blessuren am Knie und Ellbogen sofort wieder aufs Rad, Ricarda Bauernfeind führte sie am Berg in wenigen Minuten zurück an ihre alte Position in der Favoritinnen-Gruppe.
Cédrine Kerbaol kam nicht mehr an die Gruppe heran. Der Sturz kostete der bis dahin Fünften im Gesamtklassement ihren Platz in den Top 5. Drei Kilometer vor Ziel der Favoritinnen hatte Kerbaol einen Rückstand von knapp acht Minuten. Damit rutschte die Französin rutschte auf Platz acht im Gesamtklassement ab.
Cédrine Kerbaol verlor den 5. Platz im Gesamtklassement durch einen Sturz
Gigantes große Schwäche kostet ihr das Podium
Die Zweitplatzierte vom Vortag, Sarah Gigante, zeigte am Col de la Madeleine, wie stark sie Berge klettern kann. Doch schon während der gesamten Ausgabe dieser Tour de France Femmes fiel auf, dass die Australierin keine gute Abfahrerin ist und an Abfahrten Zeit verlor.
Das bemerkten auch ihre Konkurentinnen. An der Bergwertung zum Col de Joux-Plane – ein Berg der Kategorie H.C. – positionierten sich die Favoritinnen aus ihrer Gruppe so, dass sie Gigante an der Abfahrt möglichst abhängen konnten.
Sarah Gigante (r.) ist zwar stark bei den Anstiegen, doch bei den Abfahrten verlor sie wichtige Zeit
Auf der Abfahrt kassierte die 24-Jährige schon nach wenigen Metern viel Rückstand und verlor den Anschluss schließlich komplett. Über 1,5 Kilometer fiel sie hinter den Favoritinnen zurück. Gigante hatte keine Helferinnen an ihrer Seite, die nächste Gruppe im Rennen war außerdem noch über zwei Minuten hinter ihr. Damit war Sarah Gigante, die nach der 8. Etappe Platz zwei im Gesamtklassement belegte, auf sich allein gestellt.
Anna van der Breggen 60 Kilometer im Solo
Anna van der Breggen galt bis zur achten Etappe als mögliche Anwärterin auf den Gesamtsieg der Tour de France Femmes. Doch am Col de la Madeleine wurde die 35-Jährige abgehängt – und kassierte dadurch einen Rückstand von über neun Minuten auf das Gelbe Trikot.
Die Niederländerin wollte am letzten Tag dieser Tour de France Femmes aber offensichtlich versuchen, etwas gutzumachen. Ab Kilometer vier attackierte van der Breggen im Rennen, anfangs fuhr sie mit zwei Kolleginnen aus ihrem Team SD-Worx-Protime in einer Spitzengruppe. Die Gruppe wurde zwar nach der ersten Abfahrt eingeholt, doch bei Kilometer 30 attackierte Anna van der Breggen erneut.
Anna van der Breggen fuhr als Ausreißerin 60 Kilometer im Solo
Dieses Mal konnte sie sich absetzen und führte das Rennen knapp 60 Kilometer lang an. 33,3 Kilometer vor Ziel überholte die sechsköpfige Favoritinnen-Gruppe um Pauline Ferrand-Prévot, Demi Vollering und Kasia Niewiadoma-Phinney die Niederländerin am Anstieg zum Col du Corbier. 12 Kilometer vor Ziel lag die ehemalige sportliche Leiterin von SD-Worx-Protime knapp fünf Minuten hinter der Spitzengruppe. Als Trost bleibt van der Breggen die Auszeichnung als kämpferischste Fahrerin an diesem Tag.