Immer mehr internationale Grosskonzerne kehren der EU den Rücken. Grund sind laut eigenen Angaben unklare politische Rahmenbedingungen, wachsender regulatorischer Druck und Energieunsicherheit. Wie Tichys Einblick berichtet, investieren Unternehmen wie Iberdrola, RWE, Siemens, BMW oder Astra Zeneca ihre Milliarden künftig lieber in den USA oder Grossbritannien – nicht aber in der Europäischen Union.
Besonders deutlich wird dies beim spanischen Energiekonzern Iberdrola: Das Unternehmen kündigte eine Kapitalerhöhung von 5 Milliarden Euro an, die vollständig ausserhalb der EU eingesetzt werden soll. 75 Prozent des künftigen Netzvermögens will man in den USA und Grossbritannien konzentrieren. Als Grund nennt Iberdrola «stabile, vorhersehbare und anreizreiche Rahmenbedingungen» – eine Beschreibung, die die EU nach eigenen Angaben offenbar nicht mehr erfüllt.
Auch andere Konzerne investieren gezielt jenseits des Atlantiks: Der deutsche Energieversorger RWE sieht die USA als «Schwerpunktmarkt». Astra Zeneca plant 50 Milliarden Dollar für Forschung und Produktion in Amerika. Siemens investiert über 15 Milliarden in US-Digitaltechnik, Novartis 23 Milliarden in neue Werke, BMW will in South Carolina zusätzliches Schichten einführen, Mercedes-Benz verlagert die SUV-Produktion dorthin. Hinzu kommen Milliardenprojekte von Roche, Infineon und Daimler Truck.
Hintergrund: Der EU-Standort leidet laut Branchenbeobachtern unter dem Mix aus überzogener Bürokratie, Blackout-Risiken durch den schnellen Atomausstieg und ideologischer Energiepolitik. Unternehmen klagen über steigende Kosten, Planungsunsicherheit und fehlende Innovationsanreize. Die strukturellen Schwächen Europas scheinen für viele Investoren schwerer zu wiegen als geopolitische Risiken in den USA.