Die aktuellen britischen RAJAR-Hörerzahlen zeigen ein deutliches Altersgefälle in der Radionutzung: Während das Seniorensender Boom Radio neue Rekorde feiert, ist bei den 10- bis 18-Jährigen die durchschnittliche Hördauer in den letzten zwanzig Jahren um fast die Hälfte eingebrochen.

KI-generiertes Symbolbild (Tool: Stable Diffusion)KI-generiertes Symbolbild (Tool: Stable Diffusion)

Zwar schalten laut den Daten immer noch rund 75 % der Jugendlichen wöchentlich das Radio ein, doch die Verweildauer schrumpft stetig. Zum Vergleich: Im Jahr 2005 lag die Hördauer in dieser Altersgruppe noch bei durchschnittlich 14,7 Stunden – heute sind es nur noch gut acht. Diese Entwicklung wirft Fragen für die Zukunft der Branche auf, denn Studien zeigen, dass die individuellen Hörgewohnheiten relativ konstant bleiben – wer heute als Jugendlicher wenig Radio hört, wird dies auch als Erwachsener kaum ändern.

Privatradios stärker bei Hördauer – BBC verliert Reichweite

Insgesamt bleibt die wöchentliche Gesamtreichweite des Radios im Vereinigten Königreich stabil bei 50 Millionen Hörern, was rund 86 % der erwachsenen Bevölkerung entspricht. Die durchschnittliche Hördauer liegt unverändert bei 20,5 Stunden pro Woche. Während sich die Gesamtzahlen auf hohem Niveau halten, zeigen sich jedoch deutliche Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Anbietern.

Die BBC verzeichnet sowohl bei Reichweite als auch Hördauer deutliche Rückgänge. Die gesamte Reichweite der BBC-Radios sank im Jahresvergleich um 2,9 % auf 31,1 Millionen, die Hördauer sogar um 3,3 % auf 432 Millionen Stunden pro Woche. Besonders betroffen ist BBC Radio 2, das mit 12,6 Millionen Hörerinnen und Hörern den niedrigsten Wert seit über 20 Jahren erreicht hat. Radio 1 verlor ebenfalls an Boden – sowohl in Reichweite (–7,9 %) als auch bei den Hörstunden (–10 %).

Demgegenüber stehen die kommerziellen Radiogruppen vergleichsweise stabil da. Zwar verlor auch Bauer Media Audio im Jahresvergleich 5,2 % an Reichweite, konnte jedoch durch neue Spartensender wie Greatest Hits 70s und 80s zusätzliche Hörstunden generieren. Insgesamt erreicht der kommerzielle Radiobereich mit 572 Millionen Hörstunden pro Woche rund ein Drittel mehr als die BBC.

Boom Radio als Ausnahmeerscheinung

Ein regelrechter Senkrechtstarter bleibt Boom Radio, das sich gezielt an Hörerinnen und Hörer über 60 richtet. Mit 11,2 Millionen Hörstunden pro Woche (+49 % im Jahresvergleich) ist der Sender mittlerweile auf Augenhöhe mit etablierten Marken wie Magic oder Gold – und deutlich erfolgreicher als das gesamte Virgin Radio Network.

Boom Radio

Besonders bemerkenswert: Die durchschnittliche Hördauer eines Boom-Fans liegt mit 15,7 Stunden pro Woche rund 50 % über der von Radio 2.

Junge Zielgruppen rücken weiter aus dem Fokus

Parallel zur demografischen Entwicklung verlagert sich auch der inhaltliche Fokus vieler Programme zunehmend auf ältere Hörergruppen. Bei Capital FM in London etwa stammt ein Großteil der gespielten Musik inzwischen aus den 2000ern und 2010ern – neue Titel machen nur noch ein Drittel des Programms aus. Inhalte speziell für Teenager oder junge Erwachsene sind sowohl im öffentlich-rechtlichen als auch im privaten Bereich Mangelware. Podcasts, YouTube und TikTok gewinnen weiter an Bedeutung – eine Herausforderung, der sich traditionelle Radiosender bislang nur zögerlich stellen.

Trend: UK-Radiobranche droht Überalterung

Die RAJAR-Zahlen bestätigen einen langfristigen Trend: Radio bleibt bei älteren Zielgruppen beliebt und stabil, verliert aber kontinuierlich den Anschluss an die nächste Generation. Ohne mutige Investitionen in junge Formate und Plattformen droht der britischen Radiobranche mittelfristig eine Überalterung – und langfristig ein relevanter Bedeutungsverlust im Audiomarkt.

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