Die Wurzeln des Noise-Rock
3. August 2025
Kim Gordon (Sonic Youth) beim Rock en Seine 2007 (Quelle: Bertrand from Paris, France, CC BY 2.0 , via Wikimedia Commons)
Kim Gordon ist wieder eine Kandidatin, die technisch wohl nicht zu den besten Bassisten der Welt zählt, aber dennoch einen enormen Einfluss auf das Leben vieler Bassisten und die Musikszene im Allgemeinen hatte und nach wie vor hat.
Kim Gordon: Die Avantgardistin des Bassspiels
Kim Gordon hat definitiv eine recht unkonventionelle Art, Bass zu spielen. Mit der Band Sonic Youth gehört sie zu den Begründern des Noise-Rock- und hat Indie-Szene der 1980er- und 1990er-Jahre ihren Stempel aufgedrückt. Dabei ist sie mehr als einfach „nur“ eine Bassistin. Sie gehörte damals ganz sicher zu den Frauen, die das traditionelle Rollenbild in der Rockmusik auf den Kopf stellten neue Wege für Frauen in diesem Genre eröffneten.
Musikalische Entwicklung: Von der Kunstszene zum Noise-Rock
Aufgewachsen in Pasadena entwickelte Kim Gordon bereits früh ein Interesse an Architektur und dem sozialen Kontext von Gebäuden. In Los Angeles studierte die am 28. April 1958 geborene Tochter eines Professors für Soziologie dann am Otis College of Art and Design in Los Angeles bildende Kunst. Anfang der 1980er-Jahre zog sie nach New York, um dort in Galerien und als Kunstkritikerin zu arbeiten.
Hier entdeckte sie dann auch die experimentelle No-Wave- und Avantgarde-Szene für sich. Diese Einflüsse zeigen sich ganz klar auch in ihrer Herangehensweise an Musik. Rockmusik war für die Musikerin von Beginn an ein Medium für künstlerischen Ausdruck, Dekonstruktion und Widerstand gegen Konventionen.
1981 gründete die Amerikanerin gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann Thurston Moore und Lee Ranaldo die Band Sonic Youth. Abgesehen von diesen Dreien wechselten die übrigen Mitglieder der Noise-Rock-Band bis zu ihrem letzten Konzert 2011 mehrmals. Heute zu der legendären Band befragt, sagt die Künstlerin, dass sie Sonic Youth als ein langes Kunstprojekt betrachtet.
Es ging ihr vor allem darum, mit alten Traditionen zu brechen und neue Wege zu beschreiten und egal, ob man die Musik von Sonic Youth mag oder nicht – ihr Ziel hat sie definitiv erreicht. +-*
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Die Band wurde von Geffen Records unter Vertrage genommen und beeinflusste fortan die Musikwelt durch ungewöhnliche Tunings und eine Liebe zu Disharmonien. Seit der Trennung von Gordon und Moore ist es still um die Band geworden.
Weniger ist mehr: der Stil von Bassistin Kim Gordon
Wie bereits erwähnt, ist Kim Gordon jetzt nicht unbedingt die technisch virtuoseste Bassistin, aber ihre simplen Basslinien bildeten zusammen mit den oft verstimmten Gitarren einen Klangteppich, der es in sich hatte. Sie selbst bezeichnet sich im Übrigen nicht als Musikerin.
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Passend zum Noise-Rock ist die Spielweise von Kim Gordon gewollt „unperfekt“ und roh und bildet damit den Gegenentwurf zum klassischen Rock- und Funk-Bassspiel. Gleichzeitig spielte Gordon den Bass oft mit dem Plektron und nutzte ihn eher wie eine Rhythmusgitarre.
Eines ihrer Markenzeichen ist ihr roher, oft gesprochener Gesangsstil. Tatsächlich sagte sie selbst einmal, dass sie kein klassisches Interesse am Singen hatte, sondern ihre Stimme eher als erweitertes künstlerisches Ausdrucksmittel begreift.
Ein ideales Beispiel für ihren Stil ist der Song Kool Thing aus dem Jahr 1990:
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Einfluss: Ikone der alternativen Musik
Kim Gordon hat mit Sonic Youth nicht nur die Grunge- und Indie-Rock-Bewegung beeinflusst, sondern auch Künstler aus Noise, Shoegaze, Post-Punk und Art-Rock inspiriert. Kurt Cobain, PJ Harvey, Courtney Love oder St. Vincent nannten ihre eigenwillige, emanzipatorische Haltung zum Musikmachen als einen zentralen Einfluss im Hinblick auf ihr eigenes musikalisches Schaffen.
Darüber hinaus hatte sie einen enormen Einfluss auf die Riot-Grrrl-Bewegung und öffnete Frauen in der Rockmusik die Türen, um selbstbewusster und unabhängiger auftreten zu können. Sie brach mit alten Klischees und setzt ihren künstlerischen Weg bis heute konsequent fort. Heute ist sie als Solokünstlerin, Autorin und bildende Künstlerin aktiv und begeistert mit Ausstellungen im MoMa PS1 oder in der White Columns Gallery nach wie vor unzählige Menschen.
Kim Gordon and Thurston Moore of Sonic Youth 2009 (Quelle: kcarpenter_, CC BY 2.0 , via Wikimedia Commons)
Bereits während ihrer Zeit bei Sonic Youth war Gordon auch in Filmprojekten aktiv. So war sie in Independent-Filmen wie „Boarding Gate“ (2007) von Olivier Assayas oder „The Future“ (2011) von Miranda July zu sehen und hat sich auch als Regisseurin und Produzentin in der Kunst- und Musikvideowelt eingebracht.
Mit ihrem 2015 erschienen Buch „Girl in a Band“ liefert Kim Gordon dann als Autorin ein Buch, das definitiv zu ihrem bisherigen Stil passt. So ist es keine klassische Musiker-Biografie, sondern viel mehr ein sehr persönlicher, bisweilen schonungslos kritischer Blick auf die Indie-Szene, die Geschlechterrollen und persönliche Beziehungen.
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Auch in ihren Solo-Projekten bleibt sie ihrem provokanten, kantigen Sound treu. Songs wie „Bye Bye“ leben von einer repetitiven Rohheit, die bisweilen an die Nerven gehen kann und genau das eben auch soll.
Den 2024 erschienen Song Psychedelic Orgasm feierten ihre Fans und Kritiker sehen in dem Album „The Collective“ einen weiteren Beweis für die klangliche Bandbreite der Solo-Künstlerin.
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Bässe für den gewollt unperfekten Sound von Sonic Youth
Kim Gordon ist passend zu ihrem gesamten Stil nicht gerade ein Gear-Nerd. Trotzdem sind ihre Bässe und ihr Sound definitiv markant. Wie viele Musiker in der Noise-Rock-, Punk- und Grunge-Szene benutzte sie oft günstige, robuste Instrumente und setzte auf intuitive Klangforschung statt technische Raffinesse.
Begonnen hat die Karriere der Bassistin mit einem Ovation Magnum, der heute in der Rock & Roll Hall of Fame in Cleveland hängt.
In den frühen 80er-Jahren war sie in der Regel mit einem schwarzen Fender Precision Bass zu sehen. In der Mitte der 1980er-Jahre kam dann ein Gibson Thunderbird zum Einsatz. Sowohl seine Optik, als auch sein tiefer und wuchtiger Sound passten perfekt zu den Songs der Band. Es folgten dann Short-Scale-Bässe wie der Mustang und der Musicmaster von Fender.
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Ab den 1990er-Jahren sah man Kim Gordon dann auch gelegentlich mit einem Rickenbacker 4003, der mit seinem aggressiven und definierten Klang natürlich perfekt für ihre rohen Bass-Lines geeignet war.
Ab den 2010er-Jahren setzte sie dann wieder vor allem auf diverse Fender-Bässe und einige Vintage-Modelle.
Und auch mit einem B.C. Rich Mockingbird Bass, einem EB-3, EB-0 und einem Ripper-Bass aus dem Hause Gibson war die US-Amerikanerin unterwegs.
Verstärker – für Bass und Gitarre
Vor allem in der sehr rauen Anfangszeit von Sonic Youth nutzte die Bassistin vor allem Peavey Bass-Verstärker. Dann kam der Fender Bassman AB165 aus dem Jahr 1967 hinzu, auf den auch Kurt Cobain setzte, der Sonic Youth sehr schätzte. 1991 begleitete Sonic Youth Nirvana, denen sie damals zu ihrem ersten Plattenvertrag verholfen hatten, auf deren erste Europa-Tour.
Und auch Ampeg-Amps wie den SVT-4PRO und den SVT-3PRO Bass Head sah man mit der Bassistin auf der Bühne stehen. Doch auch Gitarren-Amps wie der Fender Hot Rod DeVille 212 III, der Fender ’65 Twin Reverb kamen für einen verzerrten Sound zum Einsatz, der eher untypisch für den Bass ist.
Effekte – weniger ist mehr
Effekte müssen für Kim vor allem einen Zweck erfüllen: Sie sollen Lärm und Klangflächen erzeugen. Gerne kommt hier auch ein ZVEX Hand-Painted Lo-Fi Loop Junky Looper zum Einsatz.
Allen voran setzt sie daher auf Verzerrer wie die Proco Rat, das Boss DS-1 oder den Electro Harmonix Big Muff. Gerne setzte sie zudem auf Rückkopplungen zwischen Bass und Amp.
Wenn es ganz psychedelisch werden soll, kommt auch mal ein Delay in Form des Electro Harmonix Memory Man zum Einsatz.
Und obwohl es bei dem Sound der Noise-Rock-Ikone fast ironisch klingt, ging sie eigentlich nie ohne einen Tuner auf die Bühne, denn für den gewollt unperfekten Sound war das „falsche“ Tuning eben elementar.