Das Wetter stellt die Landwirte im Kreis Esslingen vor große Herausforderungen. Wie die Ernte ausfallen wird, muss sich noch zeigen. Fest steht nur: Geduld ist gefragt.

Landwirte im Kreis Esslingen, die beispielsweise Gemüsekulturen anbauen, freuen sich über das derzeitige Regenwetter, aber für die Getreidebauern ist das Wetter ein Geduldsspiel. Wenn es zu nass und zu kalt ist, landet Brotgetreide und Braugerste bestenfalls noch im Futtertrog. Zeit für eine Zwischenbilanz.

Da die Getreideernte wegen der anhaltend feuchten Witterung noch im Gange ist, ist es für eine abschließende Bewertung noch zu früh, heißt es aus dem Landwirtschaftsamt im Kreis Esslingen. Doch gerade für das Getreide bedeute der reichliche Niederschlag und das unbeständige Wetter der vergangenen Wochen die größte Herausforderung. Langanhaltender Regen gepaart mit relativ hohen Temperaturen zum Zeitpunkt der Getreideernte sei für noch nicht abgeerntete Bestände von Qualitätsweizen, Roggen und Sommerbraugerste eine große Herausforderung.

Kreis Esslingen: Die Ernte bleibt ein Geduldspiel

Die Getreidekörner könnten noch in der Ähre in Keimstimmung kommen, sie wachsen aus und erfüllen somit nicht mehr die benötigten Qualitätsanforderungen, erklären die Fachleute im Landwirtschaftsamt. Das bedeute für Brotgetreide und Braugerste unter Umständen mangelhafte Back- und Brauqualitäten und so lande manches bestenfalls noch im Futtertrog. Insgesamt bleibe die Ernte weiterhin ein Geduldsspiel. Viele Kulturpflanzen kämen mit Trockenheit, hohen Temperaturen und viel Regen klar, wenn sie gut entwickelt sind und die jeweilige Wetterphase nicht zu lange, zu intensiv oder zu ausgeprägt ist.

Ginge es nach der Familie Rapp, dürfte es noch mehr regnen. Foto: Roberto Bulgrin

Das erlebt auch Petra Rapp so vom Weilerhof in Esslingen. „Die letzten Tage waren für uns schön, denn wir mussten nicht bewässern und die Natur atmet auf“, beschreibt sie das aktuelle Wettergeschehen.

In Böden im Kreis Esslingen gibt es immer noch Risse

Wenn es nach ihr ginge, dürfte es gerne noch mehr regnen, denn die Feuchtigkeit sei noch nicht tief genug in den Boden eingedrungen, das zeigten die enormen Risse im Boden. Und die Landwirtin stellt fest: „Wir haben viel zu wenig Regen.“ Das zeige auch der Vergleich mit dem gar nicht weit entfernten Bad Cannstatt, wo es in den vergangenen Tagen rund 115 Liter Regen waren, während auf den Feldern von Familie Rapp mit 31 Liter eher wenig vom kostbaren Nass angekommen sei, wie auch Ehemann Andreas Rapp bestätigt.

In Esslingen kommt seit Jahren weniger Regen an als anderswo

Oft zögen die Regenwolken eher Richtung Remstal und Fildern weiter und im Neckartal kämen dann weniger Niederschläge an, haben die Rapps beobachtet. Bereits seit zehn Jahren sei zu bemerken wie die Sommer immer trockener und heißer werden und die Winde zusätzlich den Boden austrockneten. Für die Weinreben sei der Regen gerade noch rechtzeitig gekommen: „Es war höchste Zeit, es gab schon die ersten gelben Blätter am Stockansatz.“ „Wir sind großen Herausforderungen ausgesetzt und müssen flexibel reagieren“ sagt Andreas Rapp, denn jede Woche und jedes Jahr seien anders. „Im Gemüsebau müssen wir sofort beregnen, damit sich die Pflanzen entwickeln können.“ Sogar die Kartoffeln hätten sie in diesem heißen und trockenen Frühjahr bewässern müssen.

Schulklassen aus dem Kreis Esslingen zu Besuch: Plötzlich essen Kinder Spinat und Kohlrabi

Radieschen habe der Weilerhof in diesem Jahr wegen der Trockenheit gar nicht erst angebaut, und auch der Spinat sei sehr heikel. Am besten wachse er noch im Winter im Gewächshaus, während er im Frühjahr und Sommer im Freiland bei Hitze und Trockenheit zu schießen drohe und gelbe Blätter bilde. Dabei seien gerade diese Sorten gut geeignet, beispielsweise Kinder für Gemüse zu interessieren. Bei den zahlreichen Besuchen von Schulklassen hätten die Kinder nach Worten von Petra Rapp viel Freude daran, gemeinsam mit ihnen auf dem Feld Frühgemüse zu ernten und als Rohkost gemeinsam zu verspeisen. Und immer wieder bekomme sie erfreute Anrufe von Eltern, die sich bedankten und erklärten, plötzlich würden ihre Kinder sogar Spinat und Kohlrabi essen.

Mitten in der Haupterntesaison befindet sich auch der Eglisenhof in Esslingen-Sulzgries, wo Rettich, Zwiebeln und Rote Beete Saison haben. Dort ist Marius Clauss ebenfalls nicht unglücklich über den Regen: „Kohl- und Wurzelgemüse sowie Sellerie profitieren davon“, erklärt der Betriebsleiter, beim Salat dürfe es aber wegen den Pilzkrankheiten nicht zu viel Nässe sein.

Der Esslinger Eglisenhof ist bekannt für sein Wurzelgemüse

Bei den Möhren hat Familie Clauss schon mehrere Sätze geerntet und für die nächsten Durchgänge sei das neue Saatgut auf dem Feld auch schon ausgebracht. Auch bei Regen gehe die Ernte natürlich weiter, die im Hofladen und auf dem Wochenmarkt verkauft wird und gegen zu viel Schnecken helfe wie im Hausgarten Schneckenkorn. Immerhin müsse der Betrieb nur entlang der Feldränder der Gemüsekulturen damit dagegen halten, weil die Schnecken von den benachbarten Wiesen einwanderten.

Stress durch Hitze und Trockenheit

Kartoffeln
Den Kartoffelbeständen haben die hohen Temperaturen und der anhaltende Trockenstress zugesetzt. Sie stellen bei anhaltend mehr als 30 Grad das Knollenwachstum schnell ein. Zudem kann es zum frühzeitigen Absterben der Blattmasse kommen, was in manchen Beständen laut Landwirtschaftsamt dieses Jahr passiert ist.

Mais
Bei einer bestimmten Bodenfeuchte profitieren Silo- und Körnermais besonders von hohen Temperaturen und hoher Lichtintensität. Durch die kühltrockene Witterung im Frühjahr wurde die Entwicklung vieler Maisbestände nach Aussage von Fachleuten stark ausgebremst und die Hitzewelle mit anhaltender Trockenheit Ende Juni/Anfang Juli setzte den geschwächten Beständen weiter zu.