Maximilian Glückstein ist inzwischen stellvertretender Rettungsdienstleiter des Bayerischen Roten Kreuzes in Augsburg. Ursprünglich hatte Glückstein nach dem Abitur studieren wollen. Doch dann absolvierte er einen Bundesfreiwilligendienst beim Rettungsdienst – und blieb. Er machte die Ausbildung zum Notfallsanitäter und ist seit mittlerweile zwölf Jahren dabei. Vielen Abiturienten geht es ähnlich: Freiwilligendienste wie das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) oder der Bundesfreiwilligendienst (BFD) dienen oft als Orientierung für den späteren Berufsweg. Gerade für Hilfsorganisationen sind die Dienste wichtig, um an Nachwuchs zu kommen. Dieses Jahr gibt es wegen der Umstellung aufs neunjährige Gymnasium allerdings eine große Lücke. Es haben nur wenige Schüler das Abitur gemacht. Wie wirkt sich das aus?

Ein Verlust für den Rettungsdienst auch in Augsburg

Die geringe Anzahl an Abiturienten stellt ein Problem für die Freiwilligendienste dar. Beim Rettungsdienst in Augsburg fehlen laut Maximilian Glückstein 50 Prozent der Freiwilligen. FSJ-Stellen in anderen Bereichen hätten bislang gar keine Bewerbungen erhalten. Auch Michael Richter, der die Freiwilligendienste des Bayerischen Roten Kreuzes leitet, spricht besonders beim Rettungsdienst von hohen Verlusten. Der Grund: Dort würden sich normalerweise viele volljährige Abiturienten oder zukünftige Medizinstudenten engagieren.

In Zukunft würde sich die geringe Zahl an Abiturienten ebenfalls bemerkbar machen. Nach dem FSJ würden viele noch nebenbei weiterarbeiten oder sich für den Beruf entscheiden und damit auch einen Teil des späteren Nachwuchses ausmachen, so Richter. Auch der stellvertretende Rettungsdienstleiter in Augsburg erklärt, dass rund die Hälfte des Personals ursprünglich aus den Freiwilligendiensten stamme. „Das System bricht nicht zusammen, aber es fehlt ein signifikanter Teil“, betont Richter und erklärt aber gleichzeitig, dass auch andere Faktoren bei der Zahl der Freiwilligendienste eine Rolle spielen würden. Mehr Ausbildungs- und Studienplätze würden für weniger Freiwillige sorgen, da das FSJ vor allem als Orientierung diene oder beispielsweise bei fehlenden Ausbildungsplätzen und Wartesemestern genutzt werde. „Der Akademisierungstrend wird langfristig zum Problem“, bestätigt Glückstein.

Wäere ein soziales Pflichtjahr für alle eine Lösung?

Werbemaßnahmen, um mehr junge Menschen für die Freiwilligendienste zu rekrutieren, seien laut Richter allein keine Lösung. Das Ansehen von sozialen Berufen sei leider nicht so hoch – ein freiwilliges soziales Jahr sei dementsprechend „eine biografische Entscheidung“ und würde nicht ausschließlich aufgrund einer Werbung getroffen werden. Viele Politiker, darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, fordern zudem eine soziale Pflichtzeit, bei der alle Bürger für eine bestimmte Zeit in Bereichen wie Pflege, Gesundheit oder Bildung arbeiten müssten. Diese Forderung sei laut Freiwilligendienstleiter Michael Richter aber ebenfalls keine Lösung. Solch eine Dienstpflicht würde nämlich völkerrechtliche sowie finanzielle Fragen aufwerfen. Es sei stattdessen langfristig wichtig, den Wert der sozialen Arbeit anzuerkennen und bestehende Strukturen, wie den Freiwilligendienst, zu stärken. Verpflichtende Maßnahmen seien dafür aus seiner Sicht nicht geeignet.

  • Diona Arapi

    Icon Haken im Kreis gesetzt

    Icon Plus im Kreis

  • Augsburg

    Icon Haken im Kreis gesetzt

    Icon Plus im Kreis

  • FSJ

    Icon Haken im Kreis gesetzt

    Icon Plus im Kreis