Man sieht selten einen Film, in dem die Dinge genauso lange dauern, wie sie normalerweise dauern. Und in denen die Kamera ihnen dabei mit übermenschlicher Geduld aus ein und derselben Perspektive folgt, ohne durch Zoom, Perspektivwechsel und andere Kunstgriffe die Illusion zu erzeugen, man könne die Dinge abkürzen und auf den Punkt bringen. Eine Geburt in der Austreibungsphase zum Beispiel, eine Abtreibung auf einem Küchentisch, ein Gespräch mit einem Mann, den man einmal geliebt und dann verlassen hat.

Es wäre übertrieben zu sagen, dass April, der mit dem Preis der Jury auf dem Filmfestival von Venedig ausgezeichnete Film der georgischen Regisseurin Kulumbegaschwili, durch eine weibliche Kameraeinstellung auf die Welt blickt. Zumal der Sog der Bilder, die ihr Film wie überwältigende Gemälde aneinanderreiht, auch auf das Konto ihres belarussischen Kameramanns Arseni Khachaturan geht. Doch ist hier alles wie in Kulumbegaschwili erstem Film Beginning präzise auf den Weltwinkel einer georgischen Frau zugeschnitten, die irgendwo im Osten des Landes vor der grandiosen Kulisse der kaukasischen Berge lebt. Männliche Gewalt ist hier der alltägliche Lebenshintergrund.