Mit zwei späten Fortsetzungen seiner einstigen Kino-Erfolge feierte der in den 1980er-Jahren für flippige Charaktere mit großer Klappe berühmt gewordene Hollywood-Star Eddie Murphy zuletzt große Erfolge. Auch wenn keine konkreten Zahlen vorgelegt wurden, avancierte „Der Prinz aus Zamunda 2“ (2021) in einem Zeitraum von zwölf Monaten nach seinem Start zum meistgesehenen Film auf Amazon Prime Video, während Netflix mit der Actionkomödie „Beverly Hills Cop: Axel F“ (2024) stolze 63 Millionen Views in den ersten zwei Wochen verzeichnen konnte. Da ist es für den inzwischen 64-jährigen Kult-Komiker wohl zu verschmerzen, dass sein letzter Auftritt auf der großen Leinwand im Drama „Mr. Church“ (2016) doch schon etwas her ist…
Die von Murphy coproduzierte Prime-Video-Eigenproduktion „The Pickup“ kokettiert nun ordentlich mit seinem Fast-Rentenalter: Schwarzen sei optisch ohnehin nicht anzusehen, ob sie 40 oder 90 Jahre alt seien, bekommt Eddie Murphy von seinem überdrehten Co-Star Pete Davidson („The Suicide Squad“) bereits im Trailer zu hören. Tatsächlich ist der vom Niveau her etwas tiefer gelegte Humor die entscheidende, nicht immer wohlschmeckende Zutat, mit der sich die Heist-Komödie von ähnlichen Genre-Beiträgen abhebt.
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In „Nur 48 Stunden“ hat Eddie Murphy noch Nick Nolte ein Ohr abgekaut – diesmal ist er es, der sich von Pete Davidson nerven lassen muss!
Schon seit etlichen Jahren arbeitet Russell Pierce (Eddie Murphy) als Sicherheitsmann und Fahrer von Geldtransportern. An seinem 25. Hochzeitstag freut er sich auf eine entspannte – und vor allem früh endende – Schicht, um mit seiner temperamentvollen Ehefrau Natalie (Eva Longoria) feiern zu können. Doch sein Vorgesetzter Clark (Andrew Dice Clay) teilt ihn nicht nur für eine besonders lange Route ein, sondern auch zusammen mit dem Proll-Kollegen Travis (Pete Davidson) ein. Während sich das Duo wider Willen miteinander arrangiert, wird ihr Geldtransporter auf dem Highway in einer Funkloch-Zone von Räubern um die toughe Zoe (Keke Palmer) attackiert. Doch bald stellt sich heraus, dass es die Kriminellen nicht auf die Ladung des Geldtransporters abgesehen haben, sondern einen ganz anderen, ungleich raffinierteren Plan verfolgen…
Eddie Murphy in einem Buddy-Movie – da werden Erinnerungen an den Genre-Klassiker „Nur 48 Stunden“ (1982) wach, in dem er Nick Nolte als raubeinig-wortkargen Cop an seiner Seite regelrecht totquatschte. In „The Pickup“ sind die Rollen nun genau andersherum verteilt: Während Murphy einen sachlich-nüchternen Humor-Sparringspartner gibt, lässt der extrovertiert agierende Pete Davidson dem vulgären Wahnwitz um Fürze und mangelnde Hygiene freien Lauf. Unter der (flachen) Fassade einer triebgesteuerten Ulknudel erweist sich Travis als Nervenbündel, das regelrecht losflennt, wenn es auf seine missglückte Bewerbung bei der Polizei angesprochen wird.
Die Action zündet mehr als der Humor
Das daraus resultierende Humor-Pulver ist – inklusive eines wiederkehrenden Gags um einen seltenen Affen mit Riesenklöten in der Fracht – recht schnell aufgebraucht. Eine handwerklich solide und auch explosiv inszenierte Verfolgungsjagd nach etwa 20 Minuten sorgt da gerade rechtzeitig für ein erstes in Sachen Stunts durchaus gelungenes Action-Highlight, bei der auch Geldscheine mit Farbpatronen ihre explosive Wirkung entfalten. (Am Set ging es übrigens heftig zur Sache: Beim Dreh einer Actionszene ohne Schauspieler kam es zu einem Unfall, bei dem mehrere Crew-Mitglieder verletzt wurden.)
Bei einer Actionkomödie sind nun wahrlich keine tiefgründigen Charaktere zu erwarten. Doch um den zurückhaltenden Murphy und den exaltierten Davidson herum wird „The Pickup“ weitgehend von Knallchargen mit reichlich Machismo bevölkert. So liefern sich Travis und Russell immer wieder vor Beleidigungen und Flüchen strotzende Wortgefechte mit ihrem fiesen Schichtleiter Clark, der vom für seinen Sexismus und seine unflätigen Gags berüchtigten Skandal-Komiker Andrew Dice Clay („Ford Fairlane – Rock ’n’ Roll Detective“) hinter Porno-Brille verkörpert wird.
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Der heimliche Star des Films: Keke Palmer als durchtriebene Anführerin einer Räuberbande.
Auch Jack Kesy („Operation: 12 Strong“) und Ismael Cruz Cordova („Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“) als auf Krawall gebürstetes Gangster-Duo sowie WWE-Wrestler Joe Anoa’i („Fast & Furious: Hobbs & Shaw“) in einem kurzen Auftritt als – nun ja – Wrestler mit enorm kurzer Zündschnur bleiben enorm tumbe Witzfiguren. Keke Palmer („Nope“) als durchtriebene Räuberin fällt es nicht zuletzt aufgrund der tatsächlich berührenden Backstory ihrer Figur daher leicht, die meisten Sympathiepunkte zu sammeln.
Immerhin drückt Regisseur Tim Story („Shaft“) dann gerade im letzten Drittel bei einem gewagten und spannungsgeladenen Coup und einer anschließenden Verfolgungsjagd noch einmal ordentlich auf die Tube, sodass „The Pickup“ bis zu einem mit arg schlecht getrickstem CGI-Feuer angereicherten Finale auf einer Flugzeuglandebahn kaum Zeit zum Nachdenken lässt. Das ist aber bei diesem flachen Szenario auch besser so.
Fazit: „The Pickup“ ist eine leidlich spannende Heist-Komödie mit weitgehend flachen Charakteren und einer gehörigen Portion zweifelhaftem Vulgärhumor. Ein enttäuschender Eddie Murphy lässt zudem jene Dominanz vermissen, mit denen er in den beiden späten Fortsetzungen „Der Prinz aus Zamunda 2“ und „Beverly Hills Cop: Axel F“ an seine früheren (Kino-)Erfolge anknüpfen konnte.