Die Berichte über die Verbreitung der Asiatischen Tigermücke in Baden-Württemberg häufen sich. Das Gebiet um Korntal-Münchingen (Kreis Ludwigsburg) hat bereits seit vergangenem Jahr mit einer Mückenplage zu kämpfen. Vor wenigen Wochen gab die Stadt Kehl (Ortenaukreis) bekannt, dass sie die Flügel streckt – und die Bekämpfung der schwarz-weiß-gemusterten Stechmücken einstellt. Dennoch ist es für die Bevölkerung wichtig zu wissen, wie man mit den aus Südostasien eingeschleppten Mücken umgeht. Immerhin können sie gefährliche Krankheiten wie Dengue-Fieber, Chikungunya-Fieber, das West-Nil-Virus und das Zika-Virus übertragen.
Da die Insekten nun auch in Stuttgart-Weilimdorf vorkommen, hat das Gesundheitsamt Stuttgart kürzlich in Kooperation mit der Firma Icybac, einer Unternehmenstochter der KABS (Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage), einen Info-Abend für Anwohner veranstaltet. Bewohnerinnen und Bewohner aus Weilimdorf erschienen zahlreich im Garten der Siedlergemeinschaft Reisach, um sich Tipps zu holen. Das Ziel der Aktion: „Praxisnah über die Tigermücke aufklären. Damit jeder weiß, was man gegen sie tun kann“, sagt Artin Tokatlian von Icybac, der die Veranstaltung als stellvertretender wissenschaftlicher Direktor organisiert hat. Die Anwohnenden hatten viele Fragen mitgebracht. Wir beantworten die wichtigsten.
Wie erkennt man Tigermücken?
Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von einheimischen Fliegen. „Ihr Aussehen ist speziell. Sie hat mindestens fünf Streifen an ihren Hinterbeinen, und ihr letzter Streifen ist immer weiß. Zudem hat sie weiße Streifen am Kopf und Vorderkörper“, erklärt Selina Stöferle, Mitarbeiterin von Icybac. Doch es gibt noch ein anderes Unterscheidungsmerkmal: In der Infobroschüre, die das Gesundheitsamt an die Besucher verteilt, lässt sich nachlesen, dass die eingewanderten Mücken „etwa sechs Millimeter groß“ sind. Damit sind sie deutlich kleiner als etwa die weitverbreiteten gemeinen Stechmücken, die auf bis zu 15 Millimeter anwachsen. Zudem haben Tigermücken einen schwarz-weiß-gefärbten Körper.
Artin Tokatlian, Projektleiter bei der Firma Icybac, beantwortet in Weilimdorf Fragen von Anwohnern zur Tigermücke. Foto: Savidis
Aber welche Unterschiede gibt es noch? Arne Uhlig, ein Icybac-Mitarbeiter: Tigermücken seien zwar flink, „aber sie sind im Vergleich schlechte Flieger. Ihr Flug gleicht der Fahrt eines Betrunkenen“. Und sie sind im Gegensatz zu anderen Stechmücken tagsüber aktiv.
Wie schütze ich mich?
Wie bei einheimischen Stechmücken, die besonders im Sommer aktiv sind, gilt auch bei der Tigermücke: Lange Kleidung ist sinnvoll. Dadurch haben die Mücken weniger Angriffsfläche. Da die tropischen Mücken allerdings tagaktiv sind und bei hohen Temperaturen eher T-Shirts und kurze Hosen getragen werden, braucht es weitere Abhilfe. Mückenschutzmittel wie Autan, Nobite oder Anti-Brumm sind für mehrere Stunden effektiv bei der Abwehr.
Uhlig hat noch einen anderen Tipp: „Viele dieser Mittel stinken. Ich empfehle daher ätherische Öle wie Lavendel. In Thailand ist das beliebt und Mittel Nummer eins.“ Der Nachteil: Die Öle sind teuer und ihre Wirkung nicht so nachhaltig wie bei chemischen Mitteln, so Uhlig. Wie bei allen Stechmücken lautet die Erkenntnis: „Es gibt keinen hundertprozentige Sicherheit vor Stichen“, so Uhlig.
Wie übertragen sich Krankheiten?
Die Tigermücke wurde eingeschleppt. „Sie hat sich über den internationalen Reifenhandel und den Reiseverkehr global verbreitet“, erklärt Uhlig. Die Verbreitung der Population geht dann relativ schnell. Ein Stich bedeutet, dass die Mücke 300-400 Eier ablegen kann. Deshalb steht für Uhlig fest: „Es geht um eine Eindämmung der Population.“ Das Ziel sei nicht, alle Mücken zu eliminieren. „Das geht nicht.“
Damit das gelingt, gibt Uhlig mit Blick auf die Sommerferien einen wichtigen Hinweis: „Wenn man im Urlaub in Risikogebieten erkrankt ist und dann hier erneut von einer Tigermücke gestochen wird, kann das Insekt andere Personen mit dem Erreger infizieren.“ Die Kommunikation in der Nachbarschaft und in der Region ist deshalb von zentraler Bedeutung, um die Ausbreitung zu verhindern.
Was kann ich im Garten tun, um Mücken fernzuhalten?
Das Gesundheitsamt und Icybac zeigten in Weilimdorf: Offene Regentonnen, Gießkannen und andere Behälter, in denen sich Wasser sammeln kann, sind keine gute Idee. Der Grund: „Stehendes Gewässer ist die perfekte Brutstätte für die Mücken“, so Uhlig. Deshalb rät der Icybac-Mitarbeiter unter anderem, Regentonnen mit doppelmaschigem Mückennetz zu bedecken. Zusätzlich sollte das Wasser mit Bti-Tabletten behandelt werden. Diese enthalten Wirkstoffe gegen die Verbreitung der Larven. Alle 14 Tagen sollten Tabletten hinzugegeben werden, um die Wirkung zu erneuern. Bei viel Regen sogar alle sieben Tage.
Und was ist mit Gartenteichen? Uhlig gibt Entwarnung: „Teiche, in denen etwa Fische schwimmen, sind nicht das Problem. Die kleinen Larven sind eine leichte Beute für Fische oder andere Tiere.“ Das Gebot lautet: Zusammenarbeit und Hilfe in der Nachbarschaft, Brutstätten müssen gezielt eingedämmt werden. Denn die Mücken machen nicht vor den Grenzen des eigenen Gartens halt. Wenn der Nachbar keine Vorsorge betreibt, wirkt sich das auf die gesamte Umgebung aus.
An wen wende ich mich, wenn ich Tigermücken sichte?
Am besten ist es, wenn man bei Verdacht sofort aktiv wird. „Fotos der Mücke aus mehreren Richtungen sind am hilfreichsten. Dann kann die Spezies eindeutig bestimmt werden“, meint Florian Hölzl, Abteilungsleiter beim Gesundheitsamt Stuttgart. Die Fotos sollten direkt an das städtische Amt oder die Firma Icybac gemeldet werden. Das geht auch online.
Das Landesgesundheitsamt und die Tiger-Plattform nehmen ebenfalls Meldungen entgegen, so Hölzl. Wichtig sei nur, dass es ein Bürgermonitoring gebe. „Falschmeldungen kommen vor – aber das ist nicht schlimm“, sagt Hölzl. Entscheidend ist das Engagement der Anwohner. Nur so lässt sich eine unkontrollierte Verbreitung vermeiden. „Wir brauchen alle Bürger vor Ort. Denn unsere Arbeitskräfte in Weilimdorf reichen nicht aus. Nur auf diese Art kann die Population niedrig gehalten werden“, sagt Uhlig von Icybac.
Wie groß ist die Gefahr von Virusübertragungen?
In den vergangenen Jahren sind immer wieder Todesfälle im Zusammenhang mit Stichen der Tigermücke bekannt geworden. Allerdings kommt das sehr selten vor, betroffen waren hauptsächlich Ältere und chronisch Kranke, da bei ihnen Erkrankungen wie Dengue-Fieber oder West-Nil-Virus zu schweren Krankheitsverläufen führen können.
Besteht auch in der Region Stuttgart Gefahr? „Nein. Wir haben zwar die Mücken hier, aber sie übertragen keine Viren“, sagt Uhlig. Der Stich einer Tigermücke muss deshalb keine Panikattacke auslösen. Projektleiter Tokatlian von Icybac macht es vor: Zur Demonstration lässt er sich von einer Tigermücke ins Bein stechen. Ein kleiner Piks, mehr nicht. „Ich spüre, wie sich die Mücke vollsaugt. Gleich ist sie voll und lässt von mir ab“, zeigt Tokatlian auf das Insekt und lacht. Praxisnäher geht es nicht.