Am Niedersachsendamm in der Bremer Neustadt herrscht am Montagvormittag reges Treiben von Menschen mit Gießkannen, Eimern und Leergutflaschen. Zehn Zentimeter neben der Fahrbahn befindet sich auf einem Grünstreifen das Ziel der Vonovia-Mieter: ein Wasserhydrant. Immer wieder bildet sich davor eine Warteschlange. Der Grund: Am Freitagmittag war es bei der Wohnanlage mit 220 Wohneinheiten zu einem Wasserrohrbruch gekommen. Seitdem ist die gesamte Wasserzufuhr in den Häuserblocks abgestellt. Eine Reparatur des Schadens durch die Vonovia wurde für Montag angesetzt. Wesernetz richtete daraufhin für das Wochenende einen Hydranten als Notversorgung ein, bei dem sich die Anwohner ihr Wasser nun selbst holen müssen.
Mehrmals täglich Wasser am Hydranten holen
„Es ist eine Frechheit, wie die Vonovia mit uns umgeht“, sagt der 79-jährige Bernd Sode, der mit seinem Sohn Christian (48) am Hydranten wartet, um zwei Eimer zu befüllen. „Wir haben keine Informationen darüber bekommen, was hier los ist“, sagt Sode. „Als meine Tochter am Freitag bei der Vonovia anrief, wurde ihr pampig gesagt, die Reparatur würde erst nach dem Wochenende stattfinden und man solle sich als Nachbarn doch gegenseitig helfen oder Verwandte fragen.“ Sein Sohn Christian Sode komme seitdem einmal täglich an den Niedersachsendamm, um seinen Vater mit Wasser zu versorgen. „Da man das Wasser vom Straßenrand, nach dem, was wir wissen, nicht trinken kann, habe ich natürlich auch große Mengen an Mineralwasser für meinen Vater gekauft, damit er versorgt ist und überhaupt kochen und sich die Zähne putzen kann“, so der 48-Jährige. „Und wer weiß, wie lange dieser Zustand noch andauert“
Caroline Sorgenicht, Sprecherin der Vonovia Nord, dazu: „Da es sich um einen komplexen Sachverhalt handelt, mussten wir eine Fachfirma für die Reparatur beauftragen. Diese hat am Montagmorgen mit der Instandsetzung begonnen. Zur Dauer der Reparatur können wir im Moment nichts sagen.“
Christian Sode (rechts) trägt für seinen Vater täglich Wasser vom Hydranten in dessen Wohnung. ”Ich könnte das nicht tragen”, sagt Bernd Sode (79, links).
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Christina Kuhaupt
Bedenkliche Sicherheitslage am Hydranten
Tina Ullmann (41) ist ebenfalls von der Situation betroffen und wartet in der Menschenschlange. Die vierfache, alleinerziehende Mutter ist im achten Monat schwanger. In der Hand hält sie eine Gießkanne, vor ihr der Kinderwagen. „Sie können sich nicht vorstellen, was das für eine Anstrengung ist, die ich hier seit Tagen durchlebe“, sagt sie. „Wenn ich kein Wasser hole, stinken die Toiletten“, so die 41-Jährige. „Zudem kann ich zu Hause keine Wäsche mehr waschen und muss für eine Ladung im Waschcenter 16 Euro bezahlen.“ Sie habe bereits am Freitag für die Kinder und sich Mineralwasser eingekauft, als sie vom Wasserrohrbruch gehört habe. „Zwölf Pakete mit je sechs Eineinhalb-Liter-Flaschen“, sagt sie. „Gott sei Dank habe ich ein Auto, sonst hätte ich gar nicht weitergewusst.“
Mangelnde Kommunikation durch Vonovia
Es sei traurig, so Ullmann, dass die Vonovia die Mieter der Wohnanlage nicht über die Situation informiert hätte. Vonovia-Sprecherin Caroline Sorgenicht sagt auf Nachfrage des WESER-KURIER: „Wir entschuldigen uns für die mangelnde Kommunikation am Wochenende.“ Bei dem Wasser aus dem Hydranten würde es sich um Leitungswasser handeln, so Sorgenicht. Mieter erklärten gegenüber dem WESER-KURIER, darüber hätten sie keine Informationen erhalten.
Als der Hydrant frei wird, ist Tina Ullmann an der Reihe. Dazu muss sie direkt auf der befahrenen Straße stehen. Eine Sicherheitszone um die Wasserstelle gibt es nicht.
Auch die vierfache Mutter Tina Ullmann (41), die im achten Monat schwanger ist, muss ihr Wasser seit Tagen am Hydranten holen, der ungesichert direkt an der Straße liegt.
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Christina Kuhaupt
„Das ist eine Katastrophe“, sagt Hatema Mustafic (55), die sich mit Einwegflaschen und Plastikbehältern vor den Hydranten hockt. „Mehrmals am Tag muss ich für meine kranke Mutter und mich Wasser in den dritten Stock schleppen. Ich habe starke Rückenschmerzen.“ Einen Aufzug, so die 55-Jährige, gebe es in den Häusern nicht.
Zweiter Wasserschaden und Stromausfall
Am Nachmittag erreicht die Redaktion die Nachricht, dass es erneut einen Wasserschaden am Niedersachsendamm gegeben habe. Jean-Paul Berndt, Sprecher der SWB, sagt dazu: „Nach der Wiederinbetriebnahme der Wasserzufuhr ist es in der Wasserinstallation eines Gebäudes zu einem Schaden gekommen. Wesernetz und die Feuerwehr Bremen wurden hinzugezogen, um den Wasserfluss zu stoppen und diverse Keller trocken zu legen.“ Weiter heißt es, dass zur Sicherheit der Anwohner nun auch die Stromversorgung zweier Häuser unterbrochen worden sei. „Da wir noch keine genauen Informationen zum zweiten Vorfall haben, können wir uns dazu nicht äußern“, sagt Caroline Sorgenicht. Unklar bleibt auch, ob die Wasserzufuhr für alle Wohneinheiten wieder abgestellt worden ist.