Speedweek in und um Stuttgart: Rasen tötet – Kontrolle rettet Leben Raser im Visier: Die „Speedweek“ soll auf Tempolimits aufmerksam machen. Foto: picture alliance/dpa

Wer bei der Blitzer-Aktion erwischt wird, ärgert sich. Aber: Kontrollen retten Leben, wie ein Blick nach Helsinki zeigt, meint unsere Polizeireporterin Christine Bilger.

Zack – nicht aufgepasst und schon geblitzt: Die Chancen, dieser Tage bei Geschwindigkeitsübertretungen erwischt zu werden, sind recht hoch. Denn die Polizei macht einen sogenannten Blitzermarathon, der dieses Mal „Speedweek“ heißt – eine Schwerpunktaktion zur Verkehrsüberwachung. Muss das sein? Offenbar ja. Ein Blick nach Finnland verrät, warum man nie zu wenig kontrollieren kann.

Helsinki ist weit weg von Stuttgart – 1616 Kilometer Luftlinie. Ein Blick in die finnische Hauptstadt lohnt sich jedoch. Denn: Sie hat dieser Tage eine Unfallstatistik veröffentlicht, die Grund zur Freude ist – ungewöhnlich für solche eine Übersicht. Die gute Nachricht: In den zurückliegenden zwölf Monaten ist auf Helsinkis Straßen niemand bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Die vielbeschworene „Vision zero“: Dort ist sie Realität. Und nein, nicht aufgrund hyygeliger skandinavischer Beschaulichkeit: Helsinki ist mit 690.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sogar noch etwas größer als Stuttgart (Aktuell: 612600).

Helsinki setzt auf Tempo 30 – und wird mit einer guten Statistik belohnt

Was also macht Helsinki richtig – und was hat das mit dem Blitzermarathon zu tun? Die Geschwindigkeitsbeschränkungen sind eine Maßnahme, um die Straßen sicherer zu machen. Helsinki hat Rad- und Fußwege ausgebaut, mehr Zebrastreifen eingerichtet, und auf mehr als der Hälfte der Straßen darf man nicht schneller als 30 Stundenkilometer fahren. Damit nicht genug. Als ein weiterer wesentlicher Faktor wird die intensivierte Verkehrsüberwachung genannt. Ein Verbot allein reicht meist nicht, die Einhaltung muss kontrolliert, Verstöße müssen sanktioniert werden.

Fuß vom Gas: Weil es billiger ist – und vor allem sicherer. Foto: Uwe Anspach/dpa

Und da sind wir wieder beim Blitzermarathon. Wer weiß, dass es hinter jeder Ecke teuer werden kann, nimmt den Fuß vom Gas. Schade, dass es der Strafandrohung bedarf, die Einsicht wäre viel mehr wert als die Einnahmen.

Wie gefährlich Raserei auch innerorts sein kann, das hat in der Region nicht zuletzt der schlimme Raserunfall in Ludwigsburg im Frühjahr gezeigt. Auf einer Ausfallstraße, die zur Autobahn führt, sollen sich zwei junge Männer ein Rennen geliefert haben, mit extrem hohen Geschwindigkeiten. Ein Auto rauschte in einen Wagen, der auf die Straße einfuhr. Zwei junge Frauen starben – ein unnötiger, sinnloser Tod. Nach dem schweren Unfall hat die Stadt einen Blitzer nachgerüstet. Hier gilt mal wieder der Satz: Es muss erst was passieren, damit was passiert. Ähnlich das Beispiel der Friedrich-/Theodor-Heuss-Straße in Stuttgart: Erst nachdem ein Auto dort beim nächtlichen Protzen und Posen in die Zuschauer fuhr und ein Junge verletzt wurde, kam Tempo 30 nachts dort und die Blitzer.

Die Lehre aus Helsinki, Ludwigsburg und von der Stuttgarter Partymeile über die Zeit der intensiven Kontrollen des Blitzmarathons hinaus: Fuß vom Gas. Weil die Nachricht aus Helsinki zum Nachmachen anregt.