Erstmals seit fünf Jahren ist der viele Milliarden hohe Schuldenstand des Landes NRW gesunken. Die Landesrechnungsprüfer sehen trotzdem eine große Verlockung für den Finanzminister.

Der Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen hat die schwarz-grüne Landesregierung davor gewarnt, infolge der Lockerung der Schuldenbremse beim Sparwillen nachzulassen. Der Schuldenstand sei zwar Ende 2024 erstmals seit 2019 wieder gesunken, sagte die Präsidentin des Landesrechnungshofs, Brigitte Mandt, bei der Vorlage des Jahresberichts in Düsseldorf. Er liege aber mit fast 163 Milliarden Euro immer noch auf einem sehr hohen Niveau.

Süßes Gift der Schulden

«Wenn jetzt noch weitere Schulden aufgenommen werden, folgen daraus zusätzliche Haushaltsbelastungen durch Zinsausgaben, die auch künftige Generationen zahlen müssen», sagte Mandt. Die neue Verschuldungsmöglichkeit infolge der gelockerten Schuldenbremse kommt nach ihren Worten einer «giftigen Versuchung» gleich.

Zum Vergleich: 2020 lag die Schuldenlast des Landes bei gut 155 Milliarden Euro und stieg bis 2023 auf 164,6 Milliarden Euro. 2024 sanken die Schulden um etwa 1,7 Milliarden Euro. Dies sei aber im Wesentlichen auf eine aus dem Restbestand des NRW-Rettungsschirms finanzierte Tilgung von drei Milliarden Euro zurückzuführen, so Mandt. In diesem Jahr sei außerdem eine erneute Aufnahme konjunkturbedingter Kredite von rund 2,1 Milliarden Euro geplant.

Ausgaben steigen

Grund für Entspannung sieht Mandt nicht. Künftig werde es noch deutlich schwieriger als bisher, den Haushalt auszugleichen. Nach der aktuellen Mai-Steuerschätzung müsse das Land für 2026 bis 2028 mit 6,2 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen als geplant rechnen. Zugleich sei absehbar, dass die Ausgaben besonders im Bereich Personal sowie für den Schuldendienst und durch die anteilige Übernahme kommunaler Altschulden durch das Land weiter steigen würden.

Deckungslücke zwischen Einnahmen und Ausgaben

Nach Einschätzung des Rechnungshofs steht zudem die Finanzplanung von Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) bis 2028 «auf tönernen Füßen». So habe das Ministerium ab 2026 sogenannte globale Mehreinnahmen von jährlich mehr als 5,5 Milliarden Euro veranschlagt. Das sei eine Summe, wie sie der Landeshaushalt bisher nicht kenne und bei der sogar das Ministerium selbst noch Klärungsbedarf sehe. «Wir befürchten hier eine erhebliche Deckungslücke zwischen Einnahmen und Ausgaben», so Mandt. Bei globalen Mehreinnahmen sei im Haushaltsplan nämlich nicht festgelegt, wo und wie sie erwirtschaftet werden sollen.

Erst Sparplan, dann neue Schulden

Der Rechnungshof empfiehlt der Landesregierung, erst einmal einen Sparplan aufzustellen. Das Land solle darin transparent darlegen, welche Aufgaben und Ausgaben es aufgeben oder zumindest nicht mehr im bisherigen Umfang bedienen wolle.

Erst danach solle die Möglichkeit der strukturellen Neuverschuldung genutzt werden – und das auch im unbedingt erforderlichen Umfang. «Keinesfalls darf sie als „gesetzter“ Einnahmeposten zum Haushaltsausgleich angesehen werden», sagte Mandt.

Wie der Bund haben jetzt auch die Länder das Recht, jährlich zusammen Schulden in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufzunehmen – das wären dieses Jahr rund 15 Milliarden Euro. Davon stünde NRW eine Verschuldungsmöglichkeit von rund 3,2 Milliarden Euro für 2025 zu, so der Rechnungshof.

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