Der Streit zwischen dem Plagiatssucher Stefan Weber und der von Teilen der Union als Verfassungsrichterin abgelehnten Juristin Frauke Brosius-Gersdorf erlebt eine weitere Episode.

Nachdem der österreichische Wissenschaftler bereits im Juli mit Täuschungsvorwürfen gegen die Hamburgerin einen Eklat im Deutschen Bundestag befeuert hatte, geht er nun einen Schritt weiter: Mittlerweile geht Weber von Ghostwriting in der Doktorarbeit von Brosius-Gersdorf aus – ein Vorwurf, den die Anwälte der 54-Jährigen entschieden zurückweisen und bald juristisch kontern wollen.

„Rechtliche Schritte gegen Herrn Dr. Weber sind bereits in Vorbereitung“, heißt in einer Stellungnahme der Bonner Anwaltskanzlei, die Brosius-Gersdorf mittlerweile eingeschaltet hat. Die vier Seiten umfassende Erklärung liegt dem Tagesspiegel vor.

Brosius-Gersdorf, die beschädigte Kandidatin Alles Hetze – oder etwa nicht?

Weber reagierte am Dienstagmittag im Sender Welt TV gelassen auf die Ankündigung juristischer Schritte. Am Ende könne ein für Brosius-Gersdorf unvorteilhaftes Gerichtsurteil stehen, das sie des wissenschaftlichen Fehlverhaltens überführe.

Anlass für die juristische Zuspitzung sind neuerliche Vorwürfe in Webers Abschlussbericht zur Causa Brosius-Gersdorf. Darin behauptet dieser, die Doktorarbeit von Brosius-Gersdorf sei teilweise von ihrem Ehemann Hubertus Gersdorf heimlich – also als sogenannter Ghostwriter – verfasst worden.

Es gebe einen „empirisch an zahlreichen Stellen plausibilisierten Ghostwriting-Verdacht“, heißt es. Zur Begründung führt Weber abermals „Textübereinstimmungen“ an – bereits im Juli hatte er solche Vorwürfe mit Blick auf die 1997 an der Universität Hamburg eingereichte Dissertation von Brosius-Gersdorf und der später veröffentlichten Habilitationsschrift ihres Ehemanns Gersdorf erhoben.

Anwälte weisen Betrugsvorwürfe jeglicher Art zurück.

All jenen Anschuldigungen tritt die von Brosius-Gersdorf beauftragte Kanzlei nun entgegen. In der vierseitigen Erklärung greifen die Rechtsbeistände die von Weber erhobenen Vorwürfe auf und widersprechen diesen, wobei sie mitunter wissenschaftliche Methoden erläutern.

„Soweit Brosius-Gersdorf Arbeiten ihres Mannes zitiert hat, erfolgte dies unter einer vollumfänglichen Kenntlichmachung der Zitate“, heißt es in der Stellungnahme.

Daraus einen Ghostwriter-Vorwurf abzuleiten, ist lächerlich und absurd.

Anwälte von Frauke Brosius-Gersdorf, Statement zu Vorwürfen von Stefan Weber

Zudem betonen die Anwälte, das Zitieren „von früher publizierten wissenschaftlichen Arbeiten Dritter ebenso wie des Ehemanns“ sei Teil des wissenschaftlichen Arbeitens.

Die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf am 15. Juli in der TV-Sendung Markus Lanz.

© Imago/teutopress/Archiv

Auch versuchen sie Webers Argumentation zu entkräften, von Brosius-Gersdorf und Gersdorf gemeinsam herangezogene juristische Sprachwendungen wie „mit anderen Worten“, „petitio principii“ oder „Die bisherigen Ausführungen haben deutlich werden lassen, daß …“ erhärteten den Betrugsverdacht.

„Aus der Verwendung solcher allgemein gebräuchlichen Formulierungen einen Ghostwriter-Vorwurf abzuleiten, ist lächerlich und absurd“, schreiben die Anwälte dazu und sprechen Weber die Kenntnis von „Mindestgrundlagen rechtswissenschaftlichen Arbeitens“ ab. Brosius-Gersdorf „schrieb ihre Dissertation allein“, wird in der Stellungnahme betont.

Mitarbeiter von Weber untersuchte Doktorarbeit

Webers Arbeit ist mitunter hochumstritten. Der Österreicher prüft seit Jahren wissenschaftliche Arbeiten sowie Bücher auf Plagiate. Auf X bezeichnet er sich als „Plagiatsjäger“.

Der als „Plagiatsjäger“ bekannte Österreicher Stefan Weber will neue Hinweise auf wissenschaftliches Fehlverhalten in der Doktorarbeit von Frauke Brosius-Gersdorf gefunden haben.

© PR/Joachim Bergauer

Unter anderem mit letztlich haltlosen Vorwürfen gegen die Grünen-Politiker Annalena Baerbock und Robert Habeck machte er sich bereits verdächtig, politisch motiviert zu arbeiten – diesen Vorwurf streitet er ab.

Die „Bild“-Zeitung zitiert Weber nun mit Blick auf den Fall Brosius-Gersdorf, dass nicht er selbst, sondern einer seiner Mitarbeiter „hauptsächlich mit der Sache betraut war“. Details zu dieser Person sind bislang nicht bekannt.

Reihe der Vorwürfe reißt nicht ab

Die ersten Vorwürfe gegen Brosius-Gersdorf hatte Weber unmittelbar vor der Verfassungsrichterwahl im Bundestag erhoben. Nachdem diese aufsehenerregend geplatzt war, beauftragten Brosius-Gersdorf und ihr Mann eine Stuttgarter Anwaltskanzlei mit einem Kurzgutachten.

Anwältin über Täuschungsverdacht „Dieses Kurzgutachten entlastet Frau Brosius-Gersdorf nicht“

Darin kommen die Anwälte zu dem vorläufigen Ergebnis, dass der Vorwurf wissenschaftlichen Fehlverhaltens gegen Brosius-Gersdorf unbegründet sei. Demnach soll „eine ausführliche rechtliche Bewertung ggf. zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen“.

Im Fokus steht die Doktorarbeit der Juristin aber weiterhin: Erst Ende Juli hatte die Universität Hamburg dem Tagesspiegel bestätigt, Hinweisen auf mögliches wissenschaftliches Fehlverhalten von Brosius-Gersdorf nachzugehen. Demnach seien die Meldungen bei der Ombudsstelle im Zuge der medialen Berichterstattung eingegangen.

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Den Angaben der Hamburger Hochschule zufolge liegen auch zur wissenschaftlichen Arbeit von Brosius-Gersdorfs Ehemann Hubertus Gersdorf entsprechende Hinweise vor. Der 63-Jährige ist als Professor an der Universität Leipzig tätig. Verheiratet sind die beiden seit 1995.

Die Wahl von drei neuen Verfassungsrichtern war Mitte Juli vom Bundestag wegen Vorbehalten in Teilen der Unionsfraktion gegen Brosius-Gersdorf kurzfristig vertagt worden. Seither belastet der Streit die Regierungskoalition von SPD, CDU und CSU. (cst)