Nach der tödlichen Messerattacke in einer Berliner U-Bahn ist der mutmaßliche Angreifer von vier Kugeln eines Polizisten getroffen worden. Das hat nach Angaben der Staatsanwaltschaft die Obduktion des 43-jährigen Syrers ergeben, der infolge der Verletzungen starb. Zwei Schüsse trafen den Mann in Kniehöhe, jeweils einer am Oberkörper und Hals, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte. Bislang hieß es, mindestens drei Schüsse hätten den 43-Jährigen getroffen.

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Der Mann wurde nach einer Messerattacke am Samstag von der Polizei angeschossen und am Sonntagmorgen für tot erklärt, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Er soll einen 29-jährigen Deutschen in einer U-Bahn mit einem Küchenmesser niedergestochen und tödlich verletzt haben.

Die Männer sollen am Samstagnachmittag in einer U-Bahn der Linie 12 im Berliner Westen „binnen Sekunden“ aneinandergeraten sein, wie es von Polizei und Staatsanwaltschaft hieß. Die Gründe hierfür sind bislang unklar. Die Ermittler gehen nicht davon aus, dass sich die Männer vorher gekannt haben. Laut Behörden liegen bislang keine Hinweise auf eine islamistisch-terroristische Motivlage vor.

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Der Täter war den Behörden zufolge 43 Jahre alt und syrischer Staatsbürger, das Opfer 29 Jahre alt und Deutscher. Beide seien polizeibekannt und mehrfach bei Polizei und Justiz in Erscheinung getreten, teilte die Staatsanwaltschaft mit – wegen Körperverletzungs- und Drogendelikten, aber auch tätlichen Angriffen auf Vollstreckungsbeamte. Der 29-jährige Niedergestochene wurde nach Tagesspiegel-Informationen zuletzt 2023 wegen einer Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt.

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Der Syrer besaß nach Angaben der Staatsanwaltschaft einen Aufenthaltstitel mit Aufenthaltserlaubnis bis zum 12. Oktober 2025. Laut Innenverwaltung erkannte ihm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2016 den Flüchtlingsstatus zu und gewährte ihm Aufenthalt aus humanitären Gründen. Dieser Status werde regelmäßig überprüft. Zuletzt war er offenbar wohnungslos, bei den Behörden ist kein fester Wohnsitz bekannt.

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft richten sich einzig und allein routinemäßig gegen den Polizisten, der mit mehreren Schüssen aus seiner Dienstwaffe den Angreifer niederstreckte. Im Fokus steht hier ausschließlich die Frage, ob der Einsatz der Waffe gerechtfertigt war. Entgegen den ersten Darstellungen ereignete sich die Messerattacke bereits in der fahrenden U-Bahn und nicht erst auf dem Bahnsteig der Station Sophie-Charlotte-Platz in Charlottenburg.

Die U-Bahn war höchstens zwei Minuten unterwegs

Beide Männer sollen gegen 16.15 Uhr zunächst unabhängig voneinander am U-Bahnhof Kaiserdamm, nur eine Haltestelle vorher, in den Zug in Richtung Warschauer Straße eingestiegen sein. Dort soll es zu einem Streit gekommen sein, der zu „wechselseitigen Stößen“ führte, die vom Syrer ausgingen, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Was der Auslöser für die Auseinandersetzung war, ist noch unklar. Tagesspiegel-Informationen zufolge könnte ein zunächst banaler Streit zu der später für beide Männer tödlichen Eskalation geführt haben. Demnach deuten die bis dato ausgewerteten Videoaufzeichnungen aus dem U-Bahn-Waggon darauf hin, dass die beiden wegen des Gedränges in der vollen Bahn aneinandergeraten seien. Audioaufnahmen von dem Vorfall existieren nicht.

Noch im Zug habe der 43-Jährige ein Küchenmesser aus seinem Hosenbund gezogen und dem 29-Jährigen drei tödliche Stiche versetzt, von denen einer sein Herz traf, teilte die Staatsanwaltschaft weiter mit. Das ergab eine Sofortobduktion, die noch am Samstagabend durchgeführt wurde.

Die Fahrt vom Kaiserdamm zum Sophie-Charlotte-Platz dauert nicht mehr als zwei Minuten. Das Opfer schleppte sich noch auf den dortigen Bahnsteig, brach dort aber zusammen. Wiederbelebungsversuche durch Rettungskräfte hatten keinen Erfolg.

Zwei Polizisten stellen den Täter auf der Schloßstraße

Nach dem Angriff floh der mutmaßliche Täter aus dem U-Bahnhof gen Norden über die Schloßstraße in Richtung Schloss Charlottenburg. Zwei Polizisten stellten den Mann einige hundert Meter weiter zwischen Knobelsdorffstraße und Seelingstraße.

Auf dem Gehweg der Schloßstraße kam es zur Konfrontation zwischen Angreifer und Polizei.

© dpa/Fabian Sommer

Als der Täter dort mit einem Küchenmesser auf die Beamten zuging, gab einer von ihnen mehrere Schüsse auf ihn ab. Der Täter wurde vor Ort reanimiert und anschließend mit schweren Verletzungen in das Virchow-Klinikum gebracht, wo er notoperiert wurde. Dort verstarb er laut Staatsanwaltschaft am Sonntag um 6.30 Uhr.

Gegen den Polizisten wird wegen Verdachts des Totschlags ermittelt. Dies ist üblich, wenn Polizisten im Einsatz auf Menschen schießen. Unter anderem durch die Vernehmung von Zeugen soll laut Staatsanwaltschaft geklärt werden, ob die Schüsse in einer Notwehrsituation abgegeben wurden.

Mordkommission befragt Zeugen aus der U-Bahn

Am späten Samstagnachmittag traf eine Mordkommission am Tatort ein. Fahrgäste, die Zeugen der Tat geworden waren, wurden im Bahnhof betreut und befragt. Der gesamte U-Bahnhof Sophie-Charlotte-Platz wurde gesperrt, ebenso der Bereich der Schloßstraße, an dem die Polizei den Täter stoppte.

Der Verkehr der U-Bahn-Linie 12 wurde wegen des Polizeieinsatzes für mehrere Stunden unterbrochen. Kurz vor 22 Uhr wurde der Bahnhof wieder freigegeben und der Verkehr durchgängig aufgenommen.

Der U-Bahnhof Sophie-Charlotte-Platz liegt normalerweise an der U-Bahnlinie 2, die vom Westen Berlins unter anderem über Potsdamer Platz und Alexanderplatz bis nach Pankow im Osten der Stadt führt. Baustellenbedingt fährt am U-Bahnhof Sophie-Charlotte-Platz derzeit die U12.

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Die Schloßstraße in Charlottenburg ist nicht zu verwechseln mit der bekannten Einkaufsstraße gleichen Namens im Stadtteil Steglitz. Die Gegend rund um den Sophie-Charlotte-Platz ist eine bürgerliche Altbaugegend. Direkt neben dem Platz, am Kaiserdamm, befindet sich der massive neubarocke Bau des Polizeiabschnitts 24 aus dem Jahr 1910.

Senat prüft Ausweitung von Messerverboten auf Nahverkehr

Der Berliner Senat prüft derweil, ob auch für den Berliner Nahverkehr ein Messer- und Waffenverbot eingeführt werden soll. Das sagte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Sonntag dem Tagesspiegel. Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) unterstützt den Vorstoß.

Die Überlegungen gab es schon vor der Attacke. Unmittelbar vor der Tat vom Samstag hatte eine Sprecherin der Innenverwaltung bereits erklärt, die Festlegung weiterer Verbotszonen werde erwogen. In den nächsten Tagen soll es dazu ein Treffen aller Beteiligten geben. Die Bundespolizei hatte im März bereits das Mitführen von Messern und Waffen an diversen Berliner Bahnhöfen verboten.

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Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Berlin, erklärte am Sonntag, man werde „derartige Taten leider nie komplett verhindern können“. Er lobte die „hochprofessionelle“ Arbeit der Polizei und erklärte, der am Ende tödliche Schusswaffengebrauch durch die Beamten werde „im Rechtsstaat vollumfänglich untersucht“. (mit dpa)