Der große Wurf sollte kommen, die Befreiung der Stadt von den Sorgen mit ihrer Kinderbetreuung. Das Land Bayern würde endlich mehr Geld zahlen, so die Hoffnung in der Münchner Politik. Doch was bisher bei der geplanten Gesetzesänderung für die Förderung der Kinderbetreuung aus dem bayerischen Sozialministerium herausgeflogen kam, das löst im Rathaus nur Enttäuschung, Ratlosigkeit und Entsetzen aus. Die Finanzierung der Kinderbetreuung in der Stadt könnte auf Dauer gefährdet sein.

Für die Eltern soll sich zumindest vorerst aber nichts ändern. Der Besuch des Kindergartens in städtischen und allen anderen Einrichtungen, die am kommunalen Zuschusssystem teilnehmen, bleibt gratis. Für entsprechende Krippen und Horte gelten weiter die bisher günstigen Preise. Die Mehrheitsfraktionen im Rathaus kündigten in ihren Reaktionen auf die Entscheidung der Landesregierung keine Anhebung der Gebühren an. SPD und Grüne wollen beim jetzigen Gebühren-System bleiben, doch wie und ob sie das künftig bezahlen können, bleibt vorerst offen.

Allein in diesem Jahr gibt München 220 Millionen Euro für die Kinderbetreuung aus

Denn München gibt für die Kinderbetreuungs-Zuschüsse allein in diesem Jahr etwa 220 Millionen Euro aus. Damit gleicht die Stadt die Defizite in den Kitas privater Träger aus, die nach den Zuschüssen des Freistaats und der Beiträge der Eltern bleiben. Im kommenden Jahr sind sogar 226 Millionen Euro dafür eingeplant. Davon werden aktuell 592 Einrichtungen bezuschusst. Diese müssen sich im Gegenzug an die Qualitätskriterien und die Gebühren kommunaler Kitas binden.

Die Stadt hatte vergeblich gehofft, dass der Freistaat mit der angekündigten Reform des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes (Baykibig) seine Zuschüsse für die Kitas erhöht. Seit das Gesetz 2005 in Kraft getreten ist, kommen vom Land etwa 60 Prozent der Kosten. Vertreter bayerischer Kommunen hatten auf eine Anhebung auf 90 Prozent gedrängt. Diese Zahl wurde auch in München genannt. Doch als Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) in der vergangenen Woche die Eckpunkte der Reform des Gesetzes vorstellte, wurde schnell klar, dass dafür kein Cent mehr vorgesehen ist.

Stattdessen kündigte Scharf an, bis 2029 in ganz Bayern 15 000 Teamkräfte anzustellen, darunter fallen Hilfskräfte in den Gruppen, Büroangestellte oder Köche und Köchinnen. Dazu soll die Bürokratie für die Kitas weniger werden. Eine Milliarde Euro will der Freistaat bis 2030 investieren. Dafür wird das sogenannte Kinderstartgeld für Familien von 6000 auf 3000 Euro reduziert.

„Dramatisch“ sei das Ausbleiben einer höheren Förderung

Der Freistaat habe mit seiner Reform „zentrale Herausforderungen“ nicht gelöst, kritisierte der Münchner Bildungsreferent Florian Kraus (Grüne). Dass der Freistaat die Zuschüsse nicht erhöhe, sei „angesichts der angespannten Haushaltslage dauerhaft nicht tragbar. Wir brauchen eine verlässliche, auskömmliche Finanzierung durch den Freistaat.“

Die Enttäuschung sei deshalb so groß, weil man Signale des Freistaats wahrgenommen habe, dass er genau das umsetzen wollte, sagte Anne Hübner, Fraktionsvorsitzende der SPD im Stadtrat. „Dramatisch“ sei das Ausbleiben einer höheren Förderung. Ein Rückzug der Stadt aus dem Defizitausgleich für die Kitas sei aber keine Option, weil dann die Eltern enorm hohe Beiträge zahlen müssten. Die hohen Lebenskosten in München würden dann dazu führen, dass viele Eltern auf andere Weise unterstützt werden müssten, etwa durch die wirtschaftliche Jugendhilfe. Ein Nullsummengeschäft für die Stadt.

Wie der freie Markt die Preise in die Höhe treiben kann, erleben Eltern, die für ihre Kinder keine Plätze im geförderten System der Stadt gefunden haben. Das dürften etwa zehn Prozent sein. Sie müssen Gebühren von bis zu 1000 Euro im Monat oder manchmal sogar noch mehr aufbringen.

Es brauche eine Reform der im Moment geplanten Reform des Baykibig durch den Freistaat, fordert der Fraktionschef der Grünen, Sebastian Weisenburger. Für München stelle sich wie für viele Kommunen die Frage, woher das Geld für den Ausgleich der Verluste der Kitas kommen soll, auch weil sich immer mehr Einrichtungen wegen Finanzlöchern in ihrem Etat dem kommunalen System anschlössen. Im Moment sind bei der Stadt sogar für dieses Jahr noch 38,5 Millionen Euro offen, da die genehmigten 180 Millionen Euro nicht ausreichen.  Dieser Rest muss nun im Nachtragshaushalt genehmigt werden. „Der große Wurf der Staatsregierung ist in Wahrheit keiner“, sagt Weisenburger.