Der prominenteste Pendler der Prignitz stand am Dienstag im Regen von Wustermark (Havelland): CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann hatte einen Selbstversuch unternommen. Mit dem während der Sanierung der Hamburger Bahn eingerichteten Ersatzverkehr fuhr der Landtagsabgeordnete aus Wittenberge am Dienstag um 7.20 Uhr zur Parteizentrale nach Potsdam.
Nach vier Stunden Fahrt war er um 11.22 Uhr an seinem Ziel. Und Hoffmanns Erlebnisse dürften typisch für das sein, was die wenigen Nutzer der Busse in diesen Tagen durchmachen müssen. „Von Wittenberge bis Nauen war ich allein im Bus“, sagt Hoffmann. Erst dann seien weitere Fahrgäste zugestiegen. Am Prignitzer Bus-Knotenpunkt in Quitzow hätten diverse Busse gestanden, nur in einem weiteren saß eine einzige Frau. „Die Busse fahren meist nur heiße Luft durch die Gegend“, sagt Hoffmann.
Vier Stunden von der Prignitz bis Potsdam
Die Schaffnerin, die jetzt als Busbegleiterin arbeitet, sei überrascht gewesen, dass überhaupt jemand mitfuhr. Und: Der Busfahrer habe den Bus verspätet übernommen. In Kyritz musste man deswegen zehn Minuten Pause machen. Mit dem Ergebnis, dass Hoffmann den Anschluss zur Regionalbahn in Wustermark verpasste – und dort wiederum 50 Minuten Zwangspause einlegen musste.
Fahrzeit nicht zumutbar: Gordon Hoffmann, CDU-Generalsekretär in Brandenburg.
© CDU Brandenburg/CDU BRANDENBURG
Und wer den Bahnhof in Wustermark kennt, weiß, was das heißt: Dort gibt es einen einzigen Bahnsteig, gelegen im Nirgendwo, kein Café, keine Toiletten, keine Infrastruktur weit und breit. Ein Aufzug, eine Treppe, ein paar Unterstände. Ein Ort, an dem niemand gern 50 Minuten wartet.
Ob der Prignitzer CDU-Generalsekretär noch einmal mit dem Ersatzverkehr nach Potsdam fahren wird? „Auf keinen Fall“, sagt Hoffmann. Wer einen Termin habe, oder zur Arbeit müsse, für den seien solche Fahrzeiten schlicht nicht zumutbar.
Wenig begeistert ist auch der Havelländer Bundestagsabgeordnete Christian Görke: „Der Start des Ersatzverkehrs läuft ähnlich schlecht, wie das gesamte Projekt Generalsanierung“, sagt der Linken-Politiker. Bei 2,2 Milliarden Gesamtkosten der Generalsanierung habe die DB nicht einmal das Geld für ein Dixi-Klo am Bahnhof Wustermark zusammenkratzen können. „Mit dem Ende der Ferien wird der Parkplatz dort garantiert nicht ausreichen“, sagt Görke.
Auf keinen Fall.
CDU-Politiker Gordon Hoffmann zur Frage, ob er wieder den Ersatzverkehr benutzen würde
Görke weiter: „Es gibt weder elektronische Anzeigen noch gedruckte Fahrpläne an den provisorischen Bushaltestellen, und die eingesetzten Busfahrer können oft aufgrund von Sprachbarrieren nicht weiterhelfen.“
Am Montag hatte der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) bereits Verbesserungen im Ersatzverkehr angekündigt. „Deutliches Verbesserungspotenzial besteht bei den Fahrgastinformationsmedien und der Beschilderung der Busse, um den Fahrgästen – besonders beim Umstieg – klare Orientierung zu verschaffen“, hieß es selbstkritisch in einer Pressemitteilung. „So fehlen an den Haltestellen teilweise die Fahrplanaushänge und mitunter sind Busse unvollständig oder missverständlich beschildert.“
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Echtzeitdaten lägen bislang nur für einen Teil der Flotte zuverlässig vor. Zudem beklagte der Verbund Verspätungen auf der umgeleiteten Linie RE 6 (Perleberg–Berlin) und RE85 (Schwerin–Güstrow–Berlin). Diese seien aber bereits reduziert worden.