Stand: 06.08.2025 10:42 Uhr

Berlins Antisemitismus-Beauftragter Samuel Salzborn sieht die Hauptstadt weiterhin nicht als sicheren Ort für jüdische Menschen. „Wir haben nach wie vor eine hoch angespannte
Sicherheitslage“, sagte er am Mittwoch. Einerseits gebe es immer wieder israelfeindliche antisemitische Aktionen, etwa bei Demonstrationen oder an Hochschulen. „Zudem haben wir die Situation, dass Jüdinnen und Juden in ihrem Alltag massiv eingeschränkt sind.“

Salzborn spricht von einem „bedrohlichen Alltag“, der eher unter der Oberfläche stattfinde. „Er ist gar nicht so sichtbar, sondern veralltäglicht. Das, was wir eigentlich wollten in Deutschland, das alltägliche Umgehen mit jüdischem Alltag, ist mittlerweile völlig gekippt“, sagte er. „Heute ist es eine Alltagssituation, bei der Jüdinnen und Juden in allen nur erdenklichen Konstellationen eben gucken: Wer nimmt sie wahr? Wie gefährlich ist es jetzt gerade?“

Andreas Büttner, Antisemitismusbeauftragter des Landes Brandenburg (Quelle: dpa/Michael Bahlo)

Brandenburger Linke-Chef stellt sich hinter Antisemitismus-Beauftragten

Mehrere Linke-Mitglieder fordern, dass der Brandenburger Antisemitismus-Beauftragte aus der Partei ausgeschlossen wird. Sie kritisieren seine israelfreundliche Haltung. Unterstützung bekommt Büttner aus der Landesparteispitze.mehr

Nicht direkt zur Synagoge

Salzborn sagte, die allermeisten jüdischen Menschen würden sich gar nicht mehr mit einer Kippa vor die Haustür trauen. Jüdische Schulen, jüdische Einrichtungen, jüdische Kitas seien
bekannte Orte. „Ich höre immer wieder auch Berichte, dass Menschen, die sich zur Synagoge mit einem Taxi fahren lassen, dem Fahrer nicht sagen, wo sie hinfahren wollen, sondern sich drei Straßen weiter raussetzen lassen, und dass man sich nicht direkt zu Hause abholen lässt.“ Andere fürchteten, von Essens-Lieferdiensten durch ihre Namen oder Symbole an der Haustür als Juden identifiziert zu werden.

Archivbild:Andreas Büttner am 26.01.2023.(Quelle:picture alliance/dpa/S.Stache)

Erhöhte Sicherheit nach Angriff auf Auto von Antisemitismus-Beauftragtem

mehr

Salzborn lobt privates Engagement, spricht aber auch von „unterausgeprägter“ Hilfekultur

Salzborn wünscht sich von allen Bürgern eine Reaktion, wenn Jüdinnen und Juden antisemitisch beleidigt oder körperlich angegriffen werden. „Ich glaube, dass es viele Menschen gibt, die in dem Moment zum Hörer greifen, die Polizei rufen.“ In anderen Fällen nähmen indes nicht alle Umstehenden solche Attacken als Problem wahr und reagierten. „Insgesamt ist die Lage einfach immer noch, ich sage es mal diplomatisch, unterausgeprägt, was Hilfestellung in solchen Situationen angeht.“

Sendung:

Rundfunk Berlin-Brandenburg