Boeing-Arbeiter am Streikposten [Photo: IAM-Boeing]
Mehr als 3.200 Boeing-Arbeiter in den US-Bundesstaaten Missouri und Illinois haben am Montagmorgen die Arbeit niedergelegt. Der mächtige Streik richtet sich gegen einen der größten US-Rüstungs- und Luftfahrtkonzerne und die jahrzehntelangen Kürzungen, die von der Gewerkschaft durchgedrückt wurden. Die Arbeiter haben die Produktion in drei Werken in der Region St. Louis lahmgelegt, die wichtige Komponenten für die globale Kriegsmaschinerie des amerikanischen Imperialismus herstellen, darunter F-15-Kampfflugzeuge und den Stealth-Jäger F-47 der nächsten Generation.
Die Arbeiter hatten am Sonntag mit einer Zweidrittelmehrheit gegen das „beste und letzte“ Angebot von Boeing gestimmt, das von der Gewerkschaft International Association of Machinists (IAM) Local 837 unterstützt worden war. Schon am 27. Juli hatten die Arbeiter eine vorherige Tarifvereinbarung abgelehnt, die ebenfalls von der IAM unterstützt wurde. Unter dem wachsenden Druck der Belegschaft sah sich die Gewerkschaft jetzt gezwungen, zum Streik aufzurufen – dem ersten Streik in diesen Boeing-Werken seit 1996.
Die Arbeiter wollen die jahrzehntelangen Einschnitte rückgängig machen, die mithilfe der IAM durchgesetzt wurden, darunter die Abschaffung der Betriebsrenten und die Einführung des verhassten zweistufigen Lohn- und Gehaltssystems. Nach dem von der Gewerkschaftsbürokratie vorgelegten Angebot würden neue Mitarbeiter immer noch mindestens 12 Jahre brauchen, um die höchste Gehaltsstufe zu erreichen. Die Arbeiter haben auch aufgedeckt, dass die versprochenen Lohnerhöhungen des Unternehmens leere Worte sind: Die 20-prozentige Erhöhung über vier Jahre würde nur einer kleinen Zahl von Arbeitern zugute kommen und kaum die Verluste durch die Inflation ausgleichen.
Ein Streikender erklärt: „Wir fordern, schneller in höhere Gehaltsstufen zu gelangen, damit wir schneller mehr Urlaub bekommen, mehr Zeit für unsere Familien haben und auch unsere 401(k)-Renten [private, vom Unternehmen mitfinanzierte Altersvorsorge in den USA] aufstocken können, da viele Konzerne keine Betriebsrenten mehr zahlen.“ Ein anderer fügte hinzu: „Hier geht es um mehr als um unsere Gewerkschaftsgruppe Local 837 und Boeing. Es geht darum, einen angemessenen Lebensstandard für die gesamte Arbeiterklasse zu erreichen.“
Der Streik dreht sich jedoch nicht nur um Löhne oder Sozialleistungen. Der Klassenkonflikt ist mitten im Herzen der US-Rüstungsindustrie aufgebrochen. Die Arbeiter bei Boeing fordern ein Ende des Niedergangs ihrer Reallöhne, unzumutbarer Arbeitszeiten und der Ausbeutung durch einen Konzern, der von Massenmorden auf der ganzen Welt profitiert.
Der Streik hat unmittelbare Auswirkungen auf den US-Militarismus. Die Werke in der Region St. Louis werden für die Produktion der F-47-Kampfflugzeuge umgerüstet, die Präsident Donald Trump als „Luftüberlegenheitsjäger der nächsten Generation“ der Luftwaffe bezeichnet hat. Die Air Force hat bereits 98 F-15EX-Kampfflugzeuge bestellt, und Boeing beschleunigt die Produktion für Trumps Kriegspolitik gegen China, Russland und andere Länder.
Diese Werke produzieren auch Waffen für Israel, das einen Völkermord an den Palästinensern in Gaza verübt und die Kriegsvorbereitungen gegen den Iran eskaliert. Im November 2024 kündigte das israelische Verteidigungsministerium einen 20-Milliarden-Dollar-Deal für 25 neue F-15-Kampfjets und Aufrüstkits für seine bestehende Flotte durch Boeing an.
Die Trump-Regierung und ihre Verbündeten in den Medien bereiten sich bereits darauf vor, gegen den Streik vorzugehen, indem sie ihn als Bedrohung für „nationale Verteidigungsprioritäten“ darstellen. Fox News warnte, dass ein längerer Streik die Produktionspläne für Waffen „von entscheidender Bedeutung für die zukünftigen Luftkampfkapazitäten“ stören könnte.
Aber die Arbeiter von Boeing müssen jeden Appell an die nationale Einheit, Sicherheit oder „Verteidigung“ mit Verachtung zurückweisen. Das sind Lügen, die dazu dienen, Kriegsprofite zu rechtfertigen und den Widerstand der Arbeiterklasse zu unterdrücken.
In Wirklichkeit lechzen die Boeing-Manager nach dem Geldsegen eines globalen Kriegs. In einer kürzlich veröffentlichten Gewinnmitteilung prahlte CEO Kelly Orford, dass die Verteidigungsausgaben bis 2029 um 150 Milliarden Dollar erhöht werden sollen. Das ergibt sich aus einem Haushaltsgesetz, das vor kurzem im Schnellverfahren verabschiedet wurde. Er verwies auch auf milliardenschwere Verträge für Boeing-Satelliten zur „nuklearen Kommando- und Kontrollführung“ und das geplante Raketenabwehrsystem „Golden Dome“ als lukrative zukünftige Einnahmequellen. „Unser Portfolio ist gut positioniert, um den Prioritäten unserer Kunden und der aktuellen globalen Bedrohungslage gerecht zu werden“, erklärte Orford gegenüber Investoren.
Wer sind diese Kunden? Das Pentagon, die israelischen Streitkräfte und andere Regime, die mit öffentlichen Geldern Waffen von Boeing kaufen.
Um die Kriegsmaschinerie zu finanzieren, hat die Trump-Regierung – unterstützt von den Demokraten – eine soziale Konterrevolution von historischem Ausmaß begonnen. Billionen sollen bei der Gesundheitsversorgung Medicaid, Lebensmittelmarken, öffentlicher Bildung und letztlich auch der Rentenversicherung gekürzt werden.
Das größte Hindernis für die Entwicklung des Streiks ist aber nicht das Boeing-Management, sondern die Gewerkschaftsbürokratie der IAM, die nicht die Arbeiter verteidigt, sondern als verlängerter Arm des Staats und der Vorstände agiert. Als Joe Biden noch Präsident war, prahlte er damit, dass die AFL-CIO-Gewerkschaften „Amerikas Nato im Inland“ sind. Er betrachtete sie als entscheidendes Werkzeug, um den Widerstand der Arbeiterklasse gegen Kriege im Ausland ebenso wie gegen den Krieg im Innern zu unterdrücken.
Dieselbe IAM-Bürokratie hat im vergangenen Jahr den Streik von 30.000 Flugzeugmechanikern im Pazifischen Nordwesten sabotiert und damit den Weg für Tausende Entlassungen geebnet. Jetzt arbeitet sie hinter den Kulissen daran, den aktuellen Streik zu isolieren und auszuhungern.
Boeings Management setzt darauf. „Ich würde mir keine allzu großen Sorgen über die Auswirkungen des Streiks machen“, sagte Orford letzte Woche gegenüber der Wall Street. „Wir werden das schon irgendwie hinbekommen.“
David North
30 Jahre Krieg: Amerikas Griff nach der Weltherrschaft 1990–2020
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Um einen echten Kampf zu führen, müssen sich die Arbeiter bei Boeing aus dem Würgegriff des Gewerkschaftsapparats befreien und unabhängige, demokratisch kontrollierte Streikkomitees bilden. Diese Komitees müssen in der gesamten Arbeiterklasse Unterstützung mobilisieren und Forderungen der Arbeiter aufstellen: Abschaffung der unterschiedlichen Lohnstufen, sofortige Zahlung des höchsten Gehalts, Anpassungen an die Lebenshaltungskosten, mehr bezahlten Urlaub, volle Renten.
Der Boeing-Streik ist Teil einer wachsenden Welle des Widerstands in der amerikanischen und internationalen Arbeiterklasse. Tausende Arbeiter bei GE Aerospace, dem bedeutendsten Hersteller von Flugzeug-Triebwerken, stehen Ende dieses Monats vor auslaufenden Verträgen. Postangestellte sind von Privatisierung und Stellenabbau bedroht. Lehrer von Philadelphia bis Los Angeles sind mit Schulschließungen und Entlassungen und Autoarbeiter mit Massenentlassungen und unsicheren Arbeitsbedingungen konfrontiert.
In allen Branchen werden Arbeiter aufgefordert, sich für die Profite der Wall Street und den Militarismus zu opfern. Die Antwort muss eine koordinierte betriebliche und politische Gegenoffensive sein, die Arbeiter über Branchen und Grenzen hinweg vereint, um Arbeitsplätze, Lebensstandards und demokratische Rechte zu verteidigen.
Das erfordert, dass sich Arbeiter außerhalb und in Opposition zu den korrupten Gewerkschaftsbürokratien organisieren und Aktionskomitees aufbauen, die in der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) verbunden sind. Diese Aktionskomitees müssen den Kampf nicht nur gegen einzelne Arbeitgeber, sondern gegen das gesamte kapitalistische System aufnehmen.
Massendemonstrationen gegen den Völkermord und die Ausweitung der Kriege sind absolut notwendig, aber sie allein können die Kriegstreiber nicht aufhalten. Der Boeing-Streik zeigt, welche gesellschaftliche Kraft in der Lage ist, die Kriegsmaschine stillzulegen und eine atomare Katastrophe zu verhindern: die internationale Arbeiterklasse. Dazu gehören auch die 300.000 Arbeiter, die direkt an der Produktion von Waffen und anderen Rüstungsgütern in den USA beteiligt sind.
Anstatt die Ressourcen der Gesellschaft für Zerstörung zu verschwenden, muss die Arbeiterklasse dafür kämpfen, die Industrie, die heute der Aufrüstung dient, so umzuwandeln, dass sie der Gesellschaft nützt. Statt Waffen müssen Wohnraum, öffentliche Verkehrsmittel, medizinische Geräte und Infrastruktur für erneuerbare Energien geschaffen werden.
Doch dazu müssen Boeing und alle großen Rüstungskonzerne enteignet und unter die Kontrolle der Arbeiter gestellt werden – als Teil der sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft auf internationaler Ebene.
Der Streik bei Boeing ist eine wichtige Front im sozialistischen Kampf gegen Krieg, im Kampf für menschlichen Fortschritt gegen die kapitalistische Barbarei. Die internationale Einheit der Arbeiterklasse und ihre politische Unabhängigkeit von allen bürgerlichen Organisationen weisen den Weg vorwärts zur sozialistischen Revolution.
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