Die Kanzlei von Marco Klock ist besonders – allein wegen des Wachstums seit der Gründung vor zehn Jahren. Für Rightmart arbeiten heute 600 Menschen. Seit Anfang an ist der Grundgedanke dabei gleich: Rechtsberatung soll hier kein Luxusgut sein. Das funktioniert über die Vielzahl an Fällen. Und Technologie spielt eine entscheidende Rolle, um Tausende Mandanten überhaupt vertreten zu können – selbst wie gerade gegen mächtige Sportwettanbieter.

Die Bremer kennen das Szenario „David gegen Goliath“ schon. Rightmart will in solchen Fällen ein Gegengewicht schaffen. „Wir sind die erste Großkanzlei auf Verbraucherseite“, sagt Klock. Auf der „bösen Seite“ gebe es derweil schon viele. Die Größe sei wichtig, um eine Schlagkraft zu erzielen. So ist es auch in diesem Fall. 40.000 Mandanten werden gegen die Sportwettanbieter vertreten. Es geht um Milliardensummen.

Orchestriert wird all das aus einem modernen, neuen Bürokomplex im Spurwerk in der Bremer Neustadt. Dort sitzt Rightmart. Der Firmenname steht in Riesenlettern oben am Gebäude – auch nicht typisch für eine Kanzlei. Klock selbst ist auch kein gewöhnlicher Kanzleichef mit Vorzimmer und Krawatte und Einstecktuch. Ganz entspannt begrüßt der Bremer – weißes Shirt, Sommersakko, Sandalen – den Besuch im Unternehmen. Auf dem Regal neben seinem Schreibtisch ist eine Lego-Achterbahn aufgebaut.

Als Pokerspieler hat Klock ein Gespür fürs Risiko

Schon als Kind habe er Lego geliebt. Überhaupt das Spielen: Der Weg von Klock ist nicht direkt mit dem Jurastudium losgegangen. Nach dem Abitur in Ostfriesland legte er eine Karriere als Pokerspieler hin. Damals habe es einen Boom gegeben. Im Fernsehen liefen plötzlich Pokerpartien. „Ich bin um die Welt gereist“, erzählt Klock. Diese Zeit präge sein Leben bis heute. Wann gehe ich ein Risiko ein? Wann lasse ich es sein? Das Gespür dafür sei auch als Unternehmer nötig.

Aus der Heimat Holterfehn ging es unter anderem nach Las Vegas an den Pokertisch. Damals habe er einfach nur Geld verdienen wollen. Das habe auch geklappt und sei mit Anfang 20 „total cool“ gewesen, die Zeit als Profispieler später aber auch belastend: die Reisen und Arbeit in der Nacht. „Gespielt wird vor allem zu den Zeiten, in denen auch die Spieler in Asien und den USA aktiv sind“, sagt Klock. Nach ein paar Jahren fehlte ihm der Antrieb. „Es hat mich nicht mehr erfüllt.“

Klock suchte nach Sinn und fand ihn im Jurastudium. „Ich wollte als Kind schon Richter werden“, erinnert er sich. Warum wisse er nicht genau. Vielleicht wegen Barbara Salesch? In seiner Familie gebe es keine Juristen. Klock studierte Rechtswissenschaften in Bremen. Schon als Student gründete der Ostfriese mit drei Kollegen Rightmart. Das Studium brach Klock vor dem Ersten Staatsexamen ab, um sich ganz auf das Start-up zu konzentrieren.

Start als Kanzlei für Hartz-IV-Empfänger

Die Kanzlei begann damals mit einer Lösung, mit der Hartz-IV-Empfänger gegen Bescheide des Jobcenters vorgehen konnten – kostenlos für die Mandanten. Die Menschen hätten schließlich kein Geld. Gerade da sei der Ansatz von Rightmart wichtig gewesen, einen leichteren Zugang zur Rechtsberatung zu schaffen. „Unsere These war: Wir machen Anwälte und Anwältinnen durch Technologie effizienter und damit günstiger“, sagt Klock. Das sei bis heute der Treiber. Einige im Gründungsteam hätten damals ihre Jobs aufgegeben, um diese Mission mit Rightmart zu verfolgen.

Einige Jahre war die Kanzlei nur im Hartz-IV-Bereich tätig. Die Bremer verdienen dabei trotzdem – bekommen im Erfolgsfall das Geld vom Jobcenter. Wenn Rightmart nicht recht behält, gibt es die sogenannte Beratungshilfe für Menschen mit geringem Einkommen vom Amtsgericht, was jedoch nicht viel sei – etwa 80 Euro: „Wir konnten nur profitabel sein, indem wir gewinnen.“ Viele weitere Felder der Rechtsberatung gehören mittlerweile dazu. Die Hilfe bei Bescheiden – heute beim Bürgergeld – gibt es weiterhin.

Hilfe bei der Einbürgerung

Ein wichtiges Feld der Kanzlei ist außerdem das Ausländerrecht. Rightmart hilft Menschen etwa bei der Einbürgerung oder dem Familiennachzug. Es gehe um Menschen, die schon lange hier seien, Deutsch sprächen und einen Job hätten. Jeder nehme wahrscheinlich an: Da gibt es gar keine Probleme. „Aber die Probleme sind riesig. Diese Menschen schaffen es nicht, deutsche Staatsbürger zu werden oder einen anderen Aufenthaltstitel zu bekommen – geschweige denn ihre Familie herzuholen“, sagt Klock. Die Prozesse liefen nicht gut – so schaue er als Bürger darauf. Das System sei komplex. „Da stellt man sich schon die Sinnfrage: Warum ist das so? Wir können nur helfen und versuchen, das Beste daraus zu machen.“ In einer perfekten Welt brauche es eigentlich keinen Anwalt dafür.

Vom Blitzerbescheid bis zum Bürgergeld – die Bremer sind vielfältig aufgestellt. Die Auseinandersetzung mit den Sportwettanbietern ist längst nicht vorbei. Worum es im Kern geht? Aus Sicht von Rightmart haben Unternehmen wie etwa Tipico illegalerweise ihre Glücksspiele angeboten, weil die Lizenz nach dem Glücksspielstaatsvertrag dafür fehlte. Die Werbung sei auch problematisch gewesen. „Der BGH hat da ganz klar entschieden“, sagt Klock. Das Urteil habe der Exklusivpartner Gamesright herbeigeführt. Selbst heute verhielten sich viele Sportwettenanbieter nicht gesetzeskonform. Es werde zahlreich gegen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages verstoßen, der die Spieler vor stark suchtgefährdenden Angeboten schützen soll.

Der Europäische Gerichtshof ist die nächste Instanz. Generell sei bei solchen Geschichten ein langer Atem nötig. „Es ist ein hochkompliziertes Verfahren. Die Gegenseite ist natürlich finanziell gut ausgestattet. Es können sich kaum Kanzleien erlauben, dagegen vorzugehen, weil der Streitwert und somit die Kosten hoch sind“, sagt Klock. Das Geld muss vorgestreckt werden.

In seiner Kanzlei geht der Fortschritt durch Technologie derweil weiter. Der Bruder von Marco Klock kümmert sich seit Kurzem als „Head of AI“ von Rightmart darum. „Das ist für uns natürlich das Zukunftsthema“, sagt Klock. Auf den Rechtsmarkt werde KI viel Einfluss nehmen.

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