Der Aufnahmestopp für Beweisstücke in der Asservatenkammer der Staatsanwaltschaft am Berliner Kriminalgericht Moabit mit schweren Folgen für die Polizei bis hin zur Verschiebung von Razzien ist wieder aufgehoben worden. Das sagte eine Sprecherin der Justizverwaltung dem Tagesspiegel.
Demnach haben die neue Staatssekretärin Susanne Hoffmann (CDU) von der Senatsjustizverwaltung und Generalstaatsanwältin Margarete Koppers eine Lösung für die sanierungsbedürftigen Räume und die schrittweise Wiederaufnahme gefunden. „Der Aufnahmestopp konnte noch im Juli sukzessive aufgehoben werden“, sagte die Sprecherin.
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Jetzt werden Beweisstücke zeitweise in Brandenburg untergebracht. Seit Ende Juli könne die Staatsanwaltschaft Kleinasservate bei einem externen Logistik- und Archivdienstleister in Großbeeren einlagern, sagte die Sprecherin. Auch Kleinasservate, die nach dem Aufnahmestopp bei der Polizei blieben, könnten dorthin. „Die Polizei kann bis zu 400 Standardkartons pro Woche im externen Asservatenlager anliefern“, sagte die Sprecherin.
Lagerhalle in Brandenburg videoüberwacht
Die Beweisstücke seien in der Lagerhalle in Teltow-Fläming sicher. „Das Lager ist mit einer Einbruch- und Brandmeldeanlage ausgestattet und wird videoüberwacht“, sagte die Sprecherin. Zu den Kosten wollte die Justizverwaltung keine konkreten Angaben machen. Es entstünden Mietkosten, die von den „verbrauchten Regalmetern und der festgelegten Einlagerungsdauer“ abhingen. Die Anzahl der Asservate und die Dauer der Einlagerung sollen so gering wie möglich gehalten werden.
Großasservate werden in einem Gebäude der Haftanstalt Tegel eingelagert. „Erste Transporte erfolgten bereits im Juli“, sagte die Sprecherin. Die Staatsanwaltschaft könne seit Anfang August auch wieder Großasservate der Polizei entgegennehmen.
Der Aufnahmestopp in Deutschlands größter Asservatenkammer wegen Überfüllung sowie Mängeln beim Arbeits- und Brandschutz hatte bei der Polizei erheblichen Unmut ausgelöst. In einer polizeiinternen Rundmail hatte das LKA alle Dienststellen zur Prüfung aufgefordert, „ob die Durchführung von Durchsuchungen – soweit rechtlich und taktisch vertretbar – aufschiebbar ist“.
Probleme seit den Neunzigern
Die Gewerkschaften hatten den Aufnahmestopp der Staatsanwaltschaft scharf kritisiert und vor einem organisatorischen Chaos gewarnt. Für den Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) war der „Kollaps der Asservatenstelle“ nicht überraschend, sondern „der vorläufige Höhepunkt einer lang andauernden Entwicklung“.
Es sei in der Vergangenheit ein „Krampf“ gewesen, Beweisstücke in der Asservatenkammer abzugeben. Es habe Dienstbereiche gegeben, die „einen nennenswerten Teil ihrer Dienstzeit mit der Handhabung von Asservaten verbringen“. Diese Zeit fehle für Ermittlungen.
Asservatenkammer
Tatwerkzeug, Diebesgut, Drogen, Hehlerware, Waffen – im Keller des Kriminalgerichts in Moabit werden auf 2500 Quadratmetern in 30 Räumen rund 35.000 Asservate verwahrt. Das älteste Stück ist eine Herrenhose aus den 1960er Jahren aus einem Mordverfahren.
Bis zu 25.000 Beweisstücke kommen pro Jahr dazu. Diese müssen für Straf- und Gerichtsverfahren aufbewahrt werden. Wenn sich ein Verfahren erledigt hat, können sie vernichtet, an Besitzer zurückgegeben oder versteigert werden.
Die Staatsanwaltschaft hatte den Aufnahmestopp damit begründet, dass die Beschäftigten durch bauliche Mängel „erheblichen Gefährdungen“ ausgesetzt seien, es bestehe eine erhöhte Brandgefahr.
Seit 1992 seien die Probleme bekannt. 2006 sei ein Projekt eingeschlafen, eine 2015 eingerichtete ressortübergreifende Arbeitsgruppe habe keine Resultate, ein erneuter Anlauf 2021 keinen Erfolg gebracht. Auch Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) sagte Anfang Juli, der Zustand sei „unbefriedigend“, es bestehe „dringender Handlungsbedarf“.
Die Asservatenkammer in Moabit wird nun schrittweise saniert. „Erste Räume stehen kurz vor der Fertigstellung“, sagte die Sprecherin. Mittels moderner Lagertechnik solle die Lagerkapazität vergrößert werden und eine funktionierende, belastbare Asservatenstruktur bereitstehen. Damit solle die Zeit überbrückt werden, bis eine neue gemeinsame Asservatenstelle von Justiz und Polizei fertig ist. Diese „wird eingerichtet“, heißt es im Koalitionsvertrag von CDU und SPD.
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Doch bis zur Wahl 2026 wird es eng. Derzeit suchen Justiz- und Innenressort nach einer geeigneten Immobilie. Die Umsetzung werde „einige Zeit in Anspruch nehmen“, hatte Badenberg im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses gesagt. Der Druck ist jedenfalls groß. Eine Sprecherin sagte: „Eine funktionierende Asservatenstruktur ist für eine effektive Strafverfolgung von zentraler Bedeutung.“