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Trotz Abnahme des Handels versorgt China nach wie vor Russland mit kriegswichtigen Gütern. Ein Bericht zeigt die fortdauernde Unterstützung im Ukraine-Krieg.
Als EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident António Costa Ende Juli in Peking waren, ging es vor allem um den Handel zwischen der EU und China, der von einem riesigen Überschuss der chinesischen Seite geprägt ist. Aber auch der Ukraine-Krieg war Thema – beziehungsweise: Chinas Unterstützung für Russlands Angriffskrieg. Peking müsse seinen „Einfluss auf Russland nutzen“, damit es seinen Krieg gegen die Ukraine beendet, forderte Costa von Staatschef Xi Jinping. Und von der Leyen nannte Chinas Unterstützung für Russland einen „unmittelbaren und gefährlichen Einfluss auf die europäische Sicherheit“.
China hingegen behauptet stets, es verhalte sich in dem Konflikt neutral. „Es gibt keine grundlegenden Interessenkonflikte oder geopolitischen Widersprüche zwischen China und Europa“, erklärte Xi Jinping seinen europäischen Gästen. Thema vom Tisch? Mitnichten.
Chinas Staats- und Parteichef: So stieg Xi Jinping zum mächtigsten Mann der Welt aufFotostrecke ansehen „China bleibt auch 2025 von zentraler Bedeutung, wenn es darum geht, Russland zu stützen“
Ein neuer Bericht zeigt nun: Auch dreieinhalb Jahre nach Kriegsbeginn steht China eng an der Seite Russlands. „China bleibt auch 2025 von zentraler Bedeutung, wenn es darum geht, Russlands Wirtschaft und seine Kriegsanstrengungen zu stützen“, schreibt Maciej Kalwasiński vom Centre for Eastern Studies in dem Report für das China-Russia Dashboard, ein Projekt mehrerer europäischer Denkfabriken.
Kalwasiński hat Handelsdaten aus den ersten sechs Monaten dieses Jahres ausgewertet. Sein Fazit: Zwar ging der Handel zwischen den beiden Nachbarländern im Vergleich zum ersten Halbjahr 2024 deutlich zurück, auch würden wirtschaftliche Spannungen zwischen China und Russland zunehmen. An der Bedeutung, die China für Russlands Kriegsanstrengungen hat, habe sich aber nichts geändert.
Laut den Daten fielen die chinesischen Importe aus Russland im ersten Halbjahr um 9,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum; russische Importe aus China gingen um 8,4 Prozent zurück. Verantwortlich für den Rückgang sind laut Kalwasiński einige wenige Produktkategorien. So kaufte China in US-Dollar gerechnet deutlich weniger russisches Öl – was auf US-Sanktionen auf russische Exporte über den Seeweg zurückzuführen sei sowie auf einen generellen Rückgang beim weltweiten Ölpreis. China hat demnach elf Prozent weniger russisches Rohöl importiert, während der Wert dieser Lieferungen um 24 Prozent zurückgegangen ist. Gleichzeit führte China aber auch mehr Kupfer, Aluminium und Erdgas aus Russland ein.
Xi Jinping und Wladimir Putin: im Ukraine-Krieg Seite an Seite. © Kristina Kormilitsyna/Brics-Russ/dpaRückgang beim China-Handel hat „negativen Einfluss auf die russische Wirtschaft“
Dass auch Russland weniger aus China importiert, liegt laut den Daten vor allem an einem Rückgang bei den Ausfuhren chinesischer Fahrzeughersteller, die um 59 Prozent auf 171.000 Stück einbrachen. Grund dafür sei ein Exportboom in den vergangenen Jahren, der zu hohen Lagerbeständen in Russland geführt habe – verbunden mit einer nachlassenden Nachfrage in Russland sank also der Bedarf an weiteren Einfuhren. „Hinzu kamen die Bemühungen Moskaus, chinesische Hersteller durch protektionistische Maßnahmen zur Produktion vor Ort zu bewegen“, schreibt Kalwasiński. Modelle von Herstellern wie Chery und Great Wall würden jetzt in russischen Fabriken gebaut.
Der Rückgang beim bilateralen Handel habe einen „spürbaren negativen Einfluss auf die russische Wirtschaft“, die ohnehin seit Anfang des Jahres schwächle. Russlands Kriegskasse gerate unter Druck, so Kalwasiński. Und dennoch sei China für die russische Kriegsmaschinerie unverzichtbar. Der Grund: China hat auch im ersten Halbjahr 2025 Dual-Use-Güter, also Waren, die für zivile und militärische Zwecke gleichermaßen eingesetzt werden könne, in großem Stil nach Russland exportiert.
Ukraine-Krieg: China liefert weiter Dual-Use-Güter an Russland
Der Bericht identifiziert zwar einige Dual-Use-Güter, bei denen ein Ausfuhrrückgang zu verzeichnen ist, zum Beispiel Geräte zur Übertragung oder zum Empfang von Sprache, Bildern oder Daten. „Andererseits hat China die Ausfuhren in mehreren Kategorien erheblich gesteigert – darunter eine Vervierfachung der Ausfuhren von Teilen für Kameras, die in Überwachungssystemen und Drohnenoptiken verwendet werden“, heißt es in dem Report. Eine Vervierfachung gab es den Daten zufolge auch bei optischen Ziel- und Sichtgeräten für Waffen und Überwachungstechnik, wie Zielfernrohre, Periskope und militärische Beobachtungsteleskope. Der Export von Teilen für Antennen und Radarreflektoren habe sich sogar verfünffacht.
Auch Rohstoffe, die für die Rüstungsindustrie wichtig sind, werden weiterhin aus China nach Russland geliefert, zum Beispiel Manganerze. Diese werden zur Herstellung von gehärtetem Stahl verwendet, der für die Fertigung von Panzern, gepanzerten Fahrzeugen und Artillerie unerlässlich ist. Ohne chinesische Hilfe könnte Russland seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine also wahrscheinlich nicht in der Intensität führen, wie es das derzeit tut. Zu spüren bekommt das Land das derzeit vor allem in der Oblask Donezk, wo Russland zuletzt offenbar die strategisch wichtige Stadt Tschassiw Jar komplett erobern konnte.