Es gibt Erfolge, die sind kaschierte Niederlagen. Eine solche von historischer Dimension ist der Zolldeal von Ursula von der Leyen mit Donald Trump. Sie könnte die Europäische Union auf mittlere Sicht in Stücke reißen.

Es gibt eine Szene in einem James-Bond-Film, an die ich immer denken muss, wenn ich das Foto anschaue: Ursula von der Leyen, die EU-Kommissionspräsidentin, in der Kaminstube eines Golfresorts in Schottland, US-Präsident Donald Trump, der ihr – die Hand über die Armlehnen ihrer beider Sessel hinweg – die Hand schüttelt. Dabei reicht ihr irgendwie devotes Lachen von einem Ohr zum anderen, während Trump seinen immerwährenden Blick im Gesicht trägt, der mehr an die Bulldogge aus „Tom und Jerry“ erinnert.

In besagter Szene aus einem der zahllosen Streifen mit James Bond sieht sich der britische Geheimagent von einer katzenartigen, bösen Frau in Schwarz gestellt und erwartet seinen Fangschuss. Irgendwie schafft er es (letzte Zigarette oder so) eines seiner Spielzeuge aus der Zauberabteilung von Q aus dem Sakko zu nesteln, ich meine, es sei ein Füllfederhalter, und schießt mit dem Ding auf die schwarze Katzenfrau. Die blickt an sich nieder, nichts passiert, sie lacht höhnisch und triumphal, will Bond ins Jenseits befördern, als es sie mit Verzögerung in tausend Stücke reißt. Bond blickt auf das schießwütige Utensil und murmelt etwas von „noch nicht ganz ausgereift“.

Das Lachen von Turnberry könnte von der Leyen auch noch in Stücke reißen. Oder besser: der Deal, den sie mit diesem Lachen und Daumen hoch hinterher quittiert. Zwischen zwei Golfpartien auf eigenem Grün hat der US-Präsident den vereinigten Europäern einen Pauschalzoll von 15 Prozent aufgedrückt, nebst der Verpflichtung, für 750 Milliarden Dollar fossile Energie in den USA zu kaufen sowie fast noch mal so viel in den USA zu investieren. Das Ergebnis wurde im ersten Moment bis hin zum deutschen Bundeskanzler erleichtert beklatscht, weil es sich besser ausnahm als das, was schon in Rede stand. Trotzdem, problematischer Kerl hin oder her, hatte der ungarische Regierungschef Viktor Orbán die Realität auf seiner Seite, als er befand, Trump habe von der Leyen mal eben zum Frühstück vernascht.

Es sagt keiner laut, aber die Sache ist ein Desaster. Dieser Handschlag hat das Potenzial, die EU in Stücke zu reißen wie die Katzenfrau bei James Bond. Denn weder die EU-Kommissionspräsidentin die Prokura, Gas- und Ölkäufe über die Köpfe von Staaten und Firmen hinweg zuzusagen, noch ist beruhigend, wenn alles, was aus Deutschland und der EU kommt, demnächst 15 Prozent teurer ist. Manches, wie Stahl, hat obendrein noch mehr an Zoll auf dem Buckel.

Diese Parallele jetzt bitte nicht bis in letzte Konsequenz ziehen, aber dieses Foto von der Leyens erinnert, was die Verzerrung der Wirklichkeit und der Machtverhältnisse anlangt, an das Sektglas-Foto des Blauhelm-Kommandeurs in der Nähe von Srebrenica. Am Abend des 12. Juli 1995 toasten sich der niederländische Bataillonskommandeur Oberstleutnant Thomas (Thom) Karremans und der serbisch‑bosnische Generalfeldmarschall und Schlächter Ratko Mladić beim gemeinsamen Trinkspruch zu – während draußen eines der schlimmsten Massaker Europas seit dem Zweiten Weltkrieg stattfand.