Am ehemaligen Heizkraftwerk Steglitz ist es am späten Mittwochabend zu einem Großeinsatz der Polizei gekommen. Dabei wurden nach Polizeiangaben mehrere Cannabispflanzen und Waffen entdeckt. Ein 45-Jähriger wurde festgenommen.

Wie die Behörde am Donnerstag mitteilte, soll sich der Mann unberechtigt auf dem Betriebsgelände in der Teltowkanalstraße aufgehalten und so den Bewegungsmelder ausgelöst haben.

Auf dem Gelände befindet sich das ehemalige Kraftwerk Steglitz, das 1994 stillgelegt und im vergangenen Jahr zwangsversteigert wurde. Auf einem Stück am Rand des Areals gibt es zudem einen eingezäunten Standort der Stromnetz Berlin GmbH – dieser gilt als Teil der kritischen Infrastruktur, weshalb er rund um die Uhr bewacht wird.

Durch einen Bewegungsmelder fiel dem Wachschutz gegen 20 Uhr ein Mann auf, der sich nahe diesem Stromnetzstandort aufhielt, heißt es aus Sicherheitskreisen. Der Wachschutz rief die Polizei. Der 45-Jährige soll die Securitys im Alter von 32 und 53 Jahren mit einem Spaten und einem Messer bedroht haben, teilte die Polizei mit.

Im Bereich einer Grünfläche auf dem Gelände soll es zu einem Streit zwischen dem Mann und dem 53-Jährigen gekommen sein, wobei der Sicherheitsmann durch den Spaten am Kopf verletzt wurde. Ihm gelang es jedoch, den Spaten und ein Taschenmesser des Tatverdächtigen an sich zu nehmen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Externen Inhalt anzeigen

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Offenbar handelt es bei dem Mann um einen Wohnungslosen, die Polizei schreibt dazu: „Der Tatverdächtige flüchtete in eine selbstgeschaffene Behausung auf dem Gelände.“ Alarmierte Polizisten folgten dem Mann und hielten ihn fest. Er griff nach Polizeiangaben nach einer Eisenstange und holte damit zum Schlag in Richtung der Polizisten aus. Daraufhin flüchtete er in ein umzäuntes Areal auf dem Gelände.

Die Polizei setzte nach eigenen Angaben Pfefferspray gegen den Mann ein. Der 45-Jährige habe dann den Polizisten gedroht, sie zu erschießen, hieß es von der Behörde. Kurz darauf soll ein Knallgeräusch aus Richtung des Tatverdächtigen zu hören gewesen sein – unklar blieb, ob es sich um einen Schuss handelte. Zusätzlich alarmierte Spezialkräfte setzten einen Taser ein und nahmen den Mann fest.

Bewaffnete Polizisten sicherten weiträumig den Bereich ab.

© privat

Auch ein Hubschrauber der Berliner Polizei war im Einsatz.

© privat

Auf dem Gelände wurde im Rahmen der weiteren Ermittlungen eine selbstgeschaffene Unterkunft des Tatverdächtigen entdeckt. Dort wurden nach Polizeiangaben Cannabispflanzen „im unteren zweistelligen Bereich“ sowie mehrere Waffen gefunden. Darunter eine Platzpatronenhülse, eine Federdruck-Langwaffe, eine Gasdruck-Handfeuerwaffe und ein Teil einer Langwaffe, die von der Polizei beschlagnahmt wurden. Nach Tagesspiegel-Informationen handelte es sich dabei um eine Schrotflinte.

Der Tatverdächtige kam in ein Polizeigewahrsam und sollte zur Prüfung eines Haftbefehls einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. Der verletzte Sicherheitsmitarbeiter begab sich nach Polizeiangaben selbstständig in ein Krankenhaus zur ambulanten Behandlung.

„Selbstverständlich wird auch dieser Vorfall entsprechend ausgewertet“

Ein Sprecher der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe teilte auf Tagesspiegel-Anfrage mit: Angesichts sich stets verändernder Bedrohungen optimierten die Landesunternehmen bestehende Schutzmaßnahmen ständig: „Selbstverständlich wird auch dieser Vorfall entsprechend ausgewertet.“

Das alte Kraftwerk gehört einem Mann, dem Ermittler vorwerfen, er stehe einem polizeibekannten Clan nahe. Das denkmalgeschützte Ensemble am Berliner Teltowkanal war von ihm ersteigert worden. Unklar ist, über wie viel Geld der Käufer tatsächlich verfügt. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Industrie-Denkmal und Filmkulisse

Der Ort des Geschehens ist ein Industrie-Denkmal. Das ehemalige Elektrizitätswerk Steglitz in der Birkbuschstraße 40-42 liegt direkt am Teltowkanal und lieferte ab 1911 Strom an die Gemeinde Steglitz. Nach der Schaffung von Groß-Berlin ging das Kraftwerk 1920 in den Besitz der städtischen Bewag über.

Das Kraftwerk schrieb Geschichte: Von der Birkbuschstraße aus wurde in den 1930er-Jahren zum ersten Mal ein ganzes Quartier vollständig mit Fernwärme und Warmwasser versorgt, die sogenannte Rauchlose Siedlung. Später kamen ein Umspannwerk und eine Batteriespeicheranlage hinzu. 1994 wurde das Kraftwerk stillgelegt.

In einen Teil des Kraftwerks, den ehemaligen Batteriespeicher, zog das ehrenamtlich betriebene Energie-Museum ein. Dieser Teil des Geländes gehört heute der Stromnetz. Jahrelang lag es brach, die eine oder andere Filmproduktion fand auf dem Gelände statt, unter anderem wurden Szenen eines „Matrix“-Filmes im Kraftwerk gedreht.

Mehr aktuelle Nachrichten aus Berlin: Mit Blaulicht und Sirene unterwegs Polizeiwagen stößt in Berlin-Charlottenburg mit Auto zusammen – drei Verletzte „Teilweise ist Wahrheit dabei“ Berliner Freizeit-Ritter gesteht Säbelattacke auf Ukrainer Junge wollte mit Fahrrad über die Straße 13-Jähriger in Berlin-Köpenick von Lkw überrollt

Bis 2020 gehörte das denkmalgeschützte Kraftwerk einem Unternehmen rund um den Investor Charles Smethurst, das Insolvenzverfahren gegen die Smethurst-Firma wurde 2020 vom Amtsgericht Bremen eröffnet.

Im Juni 2024 wurde das Industrie-Gelände dann zwangsversteigert – für 141 Millionen Euro. Der Grundstückswert hatte laut Gutachter bei minus 448.000 Euro gelegen. Durch die Rekordversteigerung ging das Kraftwerk Steglitz in den Besitz SF Grambin Beteiligung UG über. Welche Summe tatsächlich für das Kraftwerk bezahlt wurde, ist ungeklärt; klar ist, dass der neue Besitzer über eine sogenannte Befriedungserklärung um die Zahlung der vollen Summe herumkam.

Was die SF Grambin Beteiligung GmbH, im Oktober 2024 wurde die UG in eine GmbH mit einem Stammkapital von fünf Millionen Euro umgewandelt, vorhat, ist nicht bekannt. Gegenüber dem Tagesspiegel sprach Grambin-Geschäftsführer Steffen Fräbel im Dezember davon, ein Mischkonzept aus Gewerbe und gewerblichen Wohnen anzustreben.