Kai Feller ist auf dem Weg an die Front. Er fährt nach Cherson in der Ukraine, um zu helfen. Im Wagen hat er Verbandsmaterial und Feuerlöscher.
Ich habe diesmal zum ersten Mal Angst. Weil Russland versucht, die Bevölkerung dort zu vertreiben. Mit der menschlichen Safari. Sie jagen alles, was sich auf der Straße bewegt, mit Drohnen. Safari – so nennen die Menschen an der Front es, wenn russische Drohnenpiloten gezielt Jagd auf Personen machen.
Um ein halbwegs normales Leben zu führen, hat man in Cherson eine Schule in einen Bunker gebaut, auch mithilfe aus Norddeutschland. Ein Stück Alltag im Krieg. Es ist das erste Mal, dass die Kinder seit drei Jahren wieder Präsenzunterricht bekommen. Jetzt, mit dem neuen Schuljahr. Und wir wissen es aus der Pandemie, wie wichtig es ist, dass die Kinder zusammenkommen, dass sie gemeinsam spielen und lernen können. Dort können sie das, ohne Angst vor den Drohnen zu haben.
Kai Feller ist Pastor in der evangelischen Nordkirche. Er ist schon oft mit Hilfslieferungen und Spenden in die Ukraine gefahren. Bei der Reise vor wenigen Wochen explodierte eine Drohne nur 350 Meter von seinem Hotel entfernt. Trotzdem will er weitermachen.
Ich vertraue auf Gott, aber nicht in der Weise, dass ich jetzt sage, er wird mich vor Dingen beschützen, vor denen er andere Menschen auch nicht beschützt. Das glaube ich nicht. Meine Hoffnung ist, dass wir in Europa aufhören, uns immer auf Amerika zu verlassen oder auf Amerika zu hoffen. Meine Hoffnung ist, dass wir die Verteidigung der Ukraine als unsere eigene Selbstverteidigung begreifen.
So wie Kai Feller geht es auch vielen Menschen vor Ort in Cherson. Sie haben Hoffnung, weigern sich aufzugeben. Die Menschen, die ich an der Front selber getroffen habe, die sind sehr bereit, die Stellung zu halten und ihr Land zu verteidigen. Die haben auch eine sehr optimistische Grundeinstellung. Sie glauben, dass sie zum Beispiel 2026 die Krim zurückerobern können. Und sie sehen im Grunde: alles steht und fällt mit der Unterstützung aus Europa, aber sie selber sind bereit, dafür das Nötige zu tun.
Wann er wieder in die Ukraine fährt, kann Kai Feller noch nicht sagen – auch aus Sicherheitsgründen. Nur dass er wieder hinfährt, das steht fest. So lange wie nötig, bis der von Russland begonnene Krieg vorbei ist.