Seit Jahren gibt es Auseinandersetzungen um die theologische Hochschule des Erzbistums Köln. Was bekannte Rechtswissenschaftler dazu sagen.

Namhafte Juristen haben das Vorgehen des Erzbistums Köln bei der Errichtung der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) kritisiert. Der Schritt des Erzbistums sei „rechtlich fragwürdig, politisch unklug und institutionell schädlich“ heißt es in einem Aufsatz von Stefan Muckel und Markus Ogorek, der Kirche+Leben vorliegt. Der Artikel der beiden Professoren der Universität zu Köln soll im Oktoberheft der juristischen Fachzeitschrift „Die Öffentliche Verwaltung“ erscheinen. Zuerst berichtete darüber die FAZ.

Muckel und Ogorek heben bei ihrer Kritik vor allem auf die zunehmend absehbare Verlagerung der Priesterausbildung von der Universität Bonn an die KHKT ab. Das Erzbistum Köln habe diesbezüglich durch die Schließung des Bonner Collegium Albertinum und den damit verbundenen Umzug der Weihekandidaten nach Köln Fakten geschaffen.

Vertrag von 1929 gilt weiterhin

Zwar stehe der Kirche die Ausbildung ihrer Geistlichen grundsätzlich frei. Die Verantwortlichen seien aber trotzdem an Art. 12 Abs. 1 Satz 1 des weiterhin gültigen Preußenkonkordats von 1929 gebunden. Der Staatskirchenvertrag zwischen dem damaligen Freistaat Preußen und dem Heiligen Stuhl gebe eine Bestandsgarantie für bestimmte katholisch-theologische Fakultäten in staatlicher Trägerschaft, so die Wissenschaftler.

Er formuliere auf diese Weise nicht nur Pflichten des Staates, sondern auch ein „Loyalitäts- und Rücksichtnahmegebot“ auf kirchlicher Seite. Durch Ausbildungsstätten wie die KHKT entstehe allerdings ein „Konkurrenzverhältnis“, das Bedeutung und Funktion von Fakultäten in staatlicher Trägerschaft untergrabe. Die Errichtung der Hochschule könne daher als „treuwidrig und somit […] als vertragswidrig“ angesehen werden.

Konsequenzen eines Vertragsbruchs

Muckel und Ogorek verweisen darüber hinaus auf mögliche Konsequenzen dieses Vertragsbruchs: „Vielmehr wäre damit zugleich der Zusammenhang aufgekündigt, der zwischen der verpflichtenden Inanspruchnahme der staatlichen Hochschulbildung und der Einräumung von kirchlichen Mitwirkungsrechten bei den dortigen Lehrstuhlbesetzungen besteht.“ Wenn das Erzbistum Köln die wissenschaftliche Ausbildung seiner Geistlichen an Fakultäten in staatlicher Trägerschaft aufgebe, verzichte es auf seinen Einfluss bei der personellen Gestaltung dieser Einrichtungen.

Art. 20 Abs. 1 des Konkordats zwischen dem Deutschen Reich und dem Heiligen Stuhl von 1933 bestätige diese Deutung, so die Wissenschaftler. Dieser Staatskirchenvertrag räume der Kirche das Recht ein, eigene Einrichtungen zur Ausbildung von Geistlichen zu errichten. Allerdings stehe diese Erlaubnis unter dem „ausdrücklichen Vorbehalt ,soweit nicht andere Vereinbarungen vorliegen.‘“ Diese seien mit Art. 12 des Preußenkonkordats jedoch gegeben.

Zuletzt untersuchen Muckel und Ogorek Art. 16 Abs. 2 der seit 1950 gültigen Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen. Diese hält das Recht der Kirchen fest, „eigene Anstalten mit Hochschulcharakter zu errichten und zu unterhalten“. Allerdings habe der Landesverfassungsgeber die Fortgeltung der vorhergehenden Staatskirchenverträge in Art. 23 Abs. 1 der Landesverfassung ausdrücklich angeordnet. Obendrein sei eine Veränderung des Ist-Zustands an ein Landesgesetz gebunden und nicht lediglich von der Zustimmung der Vertragspartner abhängig.

Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass die „eigenmächtige“ Überführung der Priesterausbildung durch das Erzbistum Köln mit dem Preußenkonkordat unvereinbar sei und einen „völkerrechtlichen Vertragsbruch“ darstelle. Die Verantwortlichen hätten sich dagegen frühzeitig um eine Vertragsänderung bemühen müssen. Das Erzbistum Köln untergrabe auf diese Weise das „Prinzip partnerschaftlicher Verständigung zwischen Kirche und Staat als tragendes Fundament der staatskirchenrechtlichen Ordnung in Deutschland“. Des Weiteren sei die Errichtung der KHKT angesichts der zurückgehenden Anzahl an Weihekandidaten und der angespannten finanziellen Lage der Erzdiözese „kaum zu rechtfertigen“.

Juristen: KHKT als Flucht in kirchliche Binnenwelt

Nicht zuletzt stehe das Modell der KHKT im Gegensatz zur Bonner Fakultät für eine „stärker abgeschottete Ausbildung, in der intellektuelle Reibungspunkte und der Kontakt zu anderen Wissenschaftskulturen weitgehend fehlen“, so Muckel und Ogorek. Eine solche Engführung sei im Hinblick auf die gesellschaftliche Anschlussfähigkeit künftiger Geistlicher „hochproblematisch“.

Den Wissenschaftlern dränge sich daher der Eindruck auf, dass es bei der Errichtung der KHKT „weniger um die Verbesserung der Priesterausbildung als um die strategische Rezentrierung innerkirchlicher Kontrolle“ gehe. Das Vorhaben wirke wie eine „Flucht in die kirchliche Binnenwelt“, die von einem „Wunsch nach Deutungsautonomie“ getragen sei.

Finanzprobleme und dennoch Zuschüsse

Die KHKT ging aus der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Augustin der Steyler Missionare hervor und verlegte 2021 ihren Sitz nach Köln. Das Erzbistum Köln weist in seinem diesjährigen Wirtschaftsplan für die Hochschule einen Zuschussbetrag von 2,2 Millionen Euro aus. Davon stammen etwa 340.000 Euro aus dem unselbstständigen Sondervermögen „Nachlass Geschwister Flatten“ und etwa 1,86 Millionen Euro aus Kirchensteuermitteln

Ursprünglich hieß es, dass die Finanzierung der KHKT für das Erzbistum Köln „ergebnisneutral“ sei. Für 2025 weist die Erzdiözese in ihrem Wirtschaftsplan ein negatives Jahresergebnis in Höhe von etwa 10,4 Millionen Euro aus. Alle Kostenstellenverantwortlichen seien deshalb dazu angehalten, mit den ihnen anvertrauten Mitteln „sparsam, verantwortungsvoll sowie nachhaltig zu wirtschaften“, so der zuständige Finanzdirektor und Ökonom Gordon Sobbeck im Vorwort.